Heike & Stefan Leistner: Asia Street Bowls
Preis: 29,95 €
Back to the roots – oder abschreiben gilt nicht!
Trendsettern und Bowl-Liebhaber sei gesagt, dass sie nicht das Rad neu erfunden haben, Koreaner und Asiaten haben hier schon Jahrtausende lang die Nase vorn und machen uns vor wie es richtig geht, denn die Wiege der Bowl-Kultur liegt in Asien und ist auch nicht irgendein neumodischer Kram, wie die aus dem angelsächsischen Raum importierte Broth-Kultur. In Asien sind Suppen eine hochkomplexe Sache, die in Verbindung mit Reis und oder Nudeln eine komplette Mahlzeit ergeben. Besonders die Vietnamesen gelten als Meister im Komponieren vielschichtiger Suppen, die unterschiedliche Geschmacksrichtungen und Texturen miteinander harmonisch verbinden.
Warum sich mit halben Sachen begnügen, wenn es auch authentisch und modern geht!
Heike & Stefan Leistner kennen sich dort hervorragend aus und betreiben nicht nur einen der besten Asia-Blogs (www.asiasteetfood.com) im deutschsprachigen Raum, auf dem sie umfassende Informationen zu Zutaten, Bezugsquellen und Austauschprodukten anbieten, sondern haben bereits einen prämierten Titel zum Thema authentisches asiatisches Streetfood veröffentlicht.
Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen!
Nicht nur Rezepte, sondern ich will auch wissen wie ein Land tickt!
Klar von Kochbüchern erwarten wir in erster Linie Rezepte, aber besonders schön, finde ich es, wenn ich neben authentischen Rezepten noch eingeladen werde, mir selbst ein Bild von Land und Leuten und was diese aktuell bewegt zu machen. Ein Kochbuch, das sich nur traditionellen Rezepten verpflichtet fühlt und seinen Lesern den Blick auf die Realität in den jeweiligen Kulturen und Gesellschaften verwehrt, ist für mich in 2017 einfach nicht mehr spannend. Heike & Stefan Leistner machen es aber nicht nur kulinarisch interessant, sondern auch sehr kurzweilig und nehmen uns mit auf die Stationen ihrer Reise von Seoul (Korea), über Taipeh (Taiwan), Hanoi (Vietnam), Bangkok (Thailand), Yangon (Myanmar) bis nach Kuala Lumpur (Malaysia): Als Asienexperten, die zwei bis dreimal im Jahr auf diesem Kontinent unterwegs sind, lenken sie unseren Blick mitten in die sich stark verändernden Gesellschaften dort. So erfahren wir ganz nebenbei, was das Leben der Menschen in den jeweiligen Ländern stark bestimmt:

Korea im Spannungsfeld von Tradition und Moderne
Der stimmungsvolle und Noryangjin Fischmarkt in Seoul, 1927 gegründet und seit 1971 an seinen aktuellen Ort am Südufer des Han-Flusses angesiedelt steht vor dem Aus und soll in ein direkt daneben liegendes modernes mehrstöckiges Gebäude verlegt werden. All morgendlich gibt es eine Protestkundgebung der Fischhändlern, die diesen pittoresken Standort, der von Einheimischen wie Touristen gleichermaßen geliebt wird, nicht zugunsten eines seelenlosen Betongebäudes aufgeben wollen. Junge Koreaner machen sowohl mit Selfie-Stick und westlichen Marken-Klamotten als auch in traditionellen Gewändern das Straßengeschehen aus, den Jugend bedeutet Zukunft, besonders in Korea, wo die Alterspyramide durch den starken Geburtenrückgang extrem bedroht ist und das Land fürchten muss, dass sich die jungen Menschen ihre Chancen in den neuen Tiger-Staaten wie Myanmar, Vietnam und Kambodscha suchen.

Taiwan – selber kochen oder doch lieber unterwegs genießen?
Böse Zungen behaupten in Taipeh gibt es gar keine Küchen mehr in den Wohnungen, natürlich ist das eine Mär, aber ist es nicht von der Hand zu weisen, dass nicht nur in Taipeh, sondern auch in Vietnam und den anderen asiatischen Metropolen viele Menschen sich von morgens bis abends auswärts verköstigen. In Taipeh liebt man es schon zum Frühstück deftig, in den Garküchen und Restaurants werden warme Brotfladen (shao bing), mit Ei oder Rindfleisch gefüllt, bestellt, dazu gibt es häufig auch noch kleine gedämpfte Teig-Klößchen (xiao long bao) mit einem Innenleben aus saftigem Schweinefleisch und Ingwer.

Wie kleine Puzzlestücke fügt sich jeder Rundumschwenk der Autoren auf Land und Leute in Vietnam, Thailand und Kuala Lumpur zu einem sehr individuellen Gesamteindruck auf die jeweiligen aktuellen Gegebenheiten in diesen Ländern, es ist fast so, wie selbst ein bisschen mitreisen, das finde ich sehr gelungen und nimmt mich neben den unverfälschten Rezepten sehr für dieses durch und durch authentisches Kochbuch ein.
Was ist drin in den Suppentöpfen von Yangon, Bangkok, Kuala Lumpur, Hanoi, Taipeh, Seoul?
Die Mischung stimmt!
Zutaten, Basisrezepte und Klassiker – oder von Expertenwissen profitieren.
Grundrezepte wie Fisch-, Schweine- und Rinderbrühe werden nicht nur als Basisrezept präsentiert, sondern es gibt in den einleitenden vorangestellten Texten viele Tipps rund um die Zubereitung und die unterschiedlichen Erscheinungsformen dieser Klassiker in den jeweiligen Regionen und so sollte es sein, denn jeder von uns vertraut sich gerne einem kundigen Führer an, wenn er in fremden Gefilden unterwegs ist.
Klassiker, lernt man am besten da kennen, wo Menschen diese im Schlaf zubereiten können.
Deshalb lassen sich diese beiden fachkundigen Experten gerne von vor Ort erklären, wie man Kimchi, Wontons und die diversen Suppenklassiker zubereitet. Beim Kimchi übernimmt diese Rolle Chefköchin Jia Choi von O’ngo Food Communication, die es sich mit ihren Kollegen zur Aufgabe gemacht hat, uns „Langnasen“ den Weg zur koreanischen Küche zu ebnen und zu diesem Zweck Kochkurse in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen anbieten. Das Ergebnis kann sich sehen lassen und wird in vielen Detailschritten auch optisch sehr schön erklärt. Ivy Chen, die Fachfrau für Wontons, betreibt eine der bekanntesten Kochschulen in Taiwan und bringt nicht nur ihr ultimatives Rezept dafür mit, sondern empfiehlt, darauf zu achten, dass der TK-Teig aus dem Asia-Markt nicht zu alt ist, sonst können die Blätter nämlich schnell brechen.
Ich will mehr wissen und im Asia-Markt verstanden werden!
Ich lerne außerdem, dass die schmalen Reisnudeln am besten für eine leckere Pho-Suppe geeignet sind und dass dicke Reisnudeln aus Reis und Tapiokamehl bei uns nicht erhältlich sind und am ehesten mit japanischen Udon-Nudeln ersetzt werden können. Die ganze Bandbreite des möglichen wird mir sehr anschaulich und nützlich in einer fotografischen Übersicht präsentiert, natürlich mit Originalbezeichnungen. Super, wie oft habe ich es erlebt, dass die Mitarbeiter im Asia-Markt nur Bahnhof verstehen, wenn ich versuche auf Englisch zu erklären, was ich denn lt. Rezept eigentlich brauche. Sehr nützlich auch, dass alle Zutaten auf dem Blog der Leistners mit Bild identifiziert werden können und die beiden Autoren auch Einkaufsquellen benennen.
Begleitung tut not, nicht nur in Yangon, sondern auch in Bangkok
Ich werde nie vergessen, als ich mir einen bekannten Klassiker der vietnamesischen Küche zugelegt habe, weil es neben Kochbuch auch eine famose Augenreise versprach. Eine Rezension deutete immerhin trotz guter Bewertung schon an, dass man ohne sehr gut sortierten Asia-Shop vielleicht keine authentischen Geschmackserlebnisse erwarten dürfte. In der Praxis war das sehr schmeichelhaft für den Tatbestand, dass fast jedes 3. Rezept so nicht nach zu kochen war. Der Koch mit vietnamesischen Wurzel und in Australien aufgewachsen hat nichts falsch gemacht, für Australien hat das noch funktioniert, die Fische und Krebse, die er wollte, gibt es dort, vielleicht nicht an jeder Straßenecke, aber es ist nicht unmöglich das zu besorgen. Pech gehabt, das Buch ist mir noch lieb und teuer und ziert auch mein Kochbuch-Regal, im Moment erfreue ich mich aber mehr an den wunderschönen Impressionen aus Vietnam. Bei Heike & Stefan Leistner werde ich begleitet, nicht nur in Myanmar, sondern auch in Bangkok, hier wird wie bei jedem Rezept der Augenmerk auf das Wesentliche gerichtet und es gibt nicht die x-te Version einer Tom Yum, sondern ich lerne Varianten kennen, bekomme Anregungen für mehr und immer wieder Einkaufstipps von Menschen die wissen, was bei uns an Zutaten zu haben ist.
Fazit/Für wen ist das was?
Meine hohen Erwartungen sind hier noch übertroffen worden, ich fühle mich sicher aufgehoben bei Experten und vor allem wird mir kein X für ein U vorgemacht, heißt ich bekomme keine Mogel-Trendpackung geliefert, sondern lerne Land und Leute mit aussagefähigen Impressionen kennen, die Rezepte sind authentisch und die Verfasser kennen sich sehr gut aus, wissen was vor Ort los ist und wie ich das bei mir zu Hause nachkochen kann. Genau das macht für mich ein herausragendes Kochbuch aus, die Mischung stimmt! Mir gefällt das Buch super, denn so sollte es sein, wenn wir lange an einem Kochbuch Spaß haben wollen!
Vielen Dank für die Übersendung eines Rezensionsexemplars!
Macht total Lust auf eine warme Suppe!
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Vielen Dank, das ging mir auch so mit dem Buch.
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