Jamie Oliver: Jamie kocht Italien

Jamie Oliver: Jamie kocht Italien

Aus dem Herzen der italienischen Küche

Fotos: David Loftus & Jamie Oliver

Dorling Kindersley Verlag

Preis: 26,95 €

Italien sucht…. und wir auch!

Seit dem ersten italienischen Kochbuch von Jamie Oliver (Genial italienisch) sind 13 Jahre vergangen und nicht nur bei uns, sondern ebenfalls in Italien hat sich in der Küche viel getan: Alle haben immer weniger Zeit, die sie dem Kochen widmen wollen. Wenn das der Fall ist, dann soll es bitteschön phantastisch schmecken und ebenso die Gäste in Verzückung geraten lassen, auch wenn es sich um eine Premiere bei dem gewählten Rezept handelt. Wir sind zudem viel bewusster geworden, was die Zusammensetzung unserer Mahlzeiten angeht und bei den Familien-Mahlzeiten sitzen ganz unterschiedliche Menschen am Tisch, mitten unter ihnen inzwischen jede Menge Vegetarier.

Stellen Sie sich also eine europaweite Challenge vor, in der Italien nach einem Koch sucht, der die italienische Küche fit für all diese Herausforderungen machen kann. In der Jury sitzen auf der einen Seite die „Nonnas“ mit den gehüteten Lieblingsrezepten, die sich große Sorgen machen, ob die Enkel und Urenkel in zehn oder zwanzig Jahren den Geschmack der Heimat, der eigenen Region noch auf der Zunge haben werden, oder dies längst nur noch der Lebensmittel-Industrie oder dem Lieferdienst überlassen.

Unterschiedliche Voraussetzungen und ein Ziel, bitte sehr lecker italienisch kochen!

Auf der gegenüberliegenden Seite sitzen die jungen Vegetarier, die schon lange der Meinung sind, mit Speck fängt man keine Genießer, sondern höchstens Mäuse. Flankiert werden diese sehr gegensätzlichen Lager, von den erfahrenen Hobbyköchen, die zwar gerne kochen, aber längst nicht mehr jeden Tag in die Küche gehen. Trotzdem lautet deren Herzenswunsch an ein Rezept, geling-sicher mit Wow-Potenzial möchten sie ihre Gäste bewirten. Dieser etwas anspruchsvolleren Klientel sitzen die Familienkocher gegenüber, die manchmal einfach nur froh sind, wenn ein Pasta-Gericht schon nach 20 Minuten auf dem Tisch stehen kann. Die Feierabend-Kocher sehen das genauso, jedoch schaffen sie es durchaus, dafür ebenso mal 40 Minuten einzuplanen Sie fürchten sich jedoch ebenfalls vor zu komplexen Zutatenlisten.

Manchmal braucht es einfach den erfahren Profi, der uns gut kennt und uns vor allem mit tollen Rezepten in der Küche lockt!

Schwierige Aufgabe, tja, das haben die Italiener ebenso gemerkt, als man die heimischen Kandidaten auf Herz und Nieren prüfte. Wenn die vegetarischen Enkel und Urenkel mit jemand glücklich waren, haben die Großmütter gestreikt. Nein, der bekommt ganz sicher nicht mein wohlgehütetes Familienrezept! Wer weiß denn schon, was er damit anstellen wird und wie er es behandeln wird! Die Familienkocher schauen ungeduldig auf die Uhr, jetzt haben wir schon so viele Kandidaten gesehen, ich muss endlich nach Hause und Essen kochen, meinen sie. Die Hobbyköche haben längst abgeschaltet, hier ist aktuell keiner auf ihrer Seite, sie wollen leckeres Soul-Food, das immer funktioniert, gäste-tauglich ist und nicht nur eine ausgewogene Energie-Bilanz liefert. Jetzt reicht es dem Gastgeber dieser TV-Show, alle reden chaotisch durcheinander und es scheint fast aussichtslos, dass ein brauchbarer Kandidat in der verbleibenden Zeit gefunden werden kann. Dies ist jedoch seine große Stunde, kurz überlegt er, ob er vielleicht einen effizienten Deutschen vorstellen soll? Vielleicht ja, oder doch lieber nicht, die wissen am Ende immer alles besser und halten sich für die Größten, das wollen wir nicht! Er schaut die Reihen mit den verbleibenden Kandidaten durch und entdeckt diesen sympathischen Engländer, das ist doch der, der schon so viele Kochbücher mit sehr leckeren Rezepten veröffentlicht hat., Hat der nicht schon immer gesagt, er liebt unsere Küche? Natürlich mit dem könnten wir es versuchen. Er hat sogar schon ein viel beachtetes italienisches Kochbuch geschrieben. Mr. Oliver kommen sie doch mal vor, vielleicht können Sie uns helfen? Der lässt sich nicht lange bitten und hat zum Glück einen Italiener dabei, ebenfalls Koch, Mentor und Freund des Briten. Jetzt sind schon mal die Nonnas glücklich und umringen den Fernsehkoch, der es mit Charme versteht diese zu umgarnen. Man scherzt und lacht, tauscht Rezepte aus und die Italienerinnen stellen fest, der ist richtig nett, praktisch ein Junge von nebenan, der sich wirklich für ihre Tipps und Tricks interessiert, außerdem Familienmensch durch und durch., Dem kann man vielleicht ebenso mal einen persönlichen Rat geben, nicht nur in der Küche, sondern fürs Leben. Und genau so einem, wollen die Nonnas jetzt gerne ihre gehüteten Rezept-Schätze mitgeben, der kann daraus was machen sind sie sicher, was auch noch die Enkel kochen werden. Obwohl sie nicht bereits mit 15 Jahren kochen gelernt haben und es von da an jeden Tag getan haben.

Wir haben es gefunden: ein modernes italienisches Kochbuch für viele!

© Jamie Oliver Enterprises Limited, Fotos: David Loftus, für die dt. Ausgabe Dorling Kindersley Verlag

 Als die ersten Probier-Portionen herumgereicht werden lächeln alle versonnen auf ihre Teller. Die Vegetarier freuen sich über „Gemüse al forno“, „Kichererbsen-Küchlein“ und die vielen richtig leckeren Suppen und Eintöpfe, die häufig ganz ohne Fleisch auskommen. Soul-Food-Liebhaber schätzen Jamie`s Nonna-Rezepte, für die er quer durch Italien gereist ist. Die Hobbyköche überlegen schon, wen sie zu sich einladen sollen und ob sie vielleicht zuerst mit einem knusprig gebackenen Risotto beginnen und dann beim zweiten Gang zu einem „Florentiner Steak“ übergehen. Wir Feierabend-Kocher sind dankbar, wenn es mal schneller geht und haben einen gegrillten Salat mit Aprikosen zu unserem Liebling auserkoren. Wir genießen easy peasy „Cacio e pepe“ und freuen uns sehr, dass wir dafür nicht extra in den Supermarkt müssen. Natürlich servieren wir das mit grob gemörsertem Pfeffer und einem guten Pecorino. Wir wissen genau, wenn Jamie auf bestimmte Zutaten besteht, können wir ihm vertrauen. Er macht keinen Wirbel darum, wenn das nicht geschmacklich notwendig wäre. Die Familienkocher freuen sich über die vielen Spätzle-Variationen, herrlich einfache „Strozzapreti mit kleinen Fleischbällchen & Kirschtomatensauce aus dem Ofen“ und eine „Birnen-Haselnuss-Tarte“ zum Nachtisch. Süßschnäbel und Hobbyköche sind begeistert über ein Dessert der Spitzenklasse, ein „Semifreddo mit Vanille, Vin Santo & Cantucci“.Für das es nicht mal eine Eismaschine benötigt. Oliver ist aber ebenso bekannt und geschätzt bei seiner Leserschaar dafür, dass er Basics einfach und unkompliziert erklären kann, er zeigt wie eine schlotzige Polenta ohne Instant-Grieß gekocht wird, bringt eine „ultimative Tomatensauce“ mit und bestückt den Vorrat mit Pestos und eingekochten Tomaten.

Der Fernseh-Koch kann Italien völlig neu und unkompliziert zu uns nach Hause bringen!

© Jamie Oliver Enterprises Limited, Fotos: David Loftus, für die dt. Ausgabe Dorling Kindersley Verlag

Oliver ist ein Meister seines Fachs, er kennt uns ganz genau und ist in meinen Augen als Einziger in der Lage, alle zum Teil sehr kontroversen Anforderungen an ein modernes italienisches Kochbuch mit jeder Menge Twist und zudem alltagstauglich zu erfüllen. Natürlich muss man den nicht in einer Challenge erst finden, aber ich hoffe, meine kleine Anekdote zeigt sehr genau, was er so viel besser kann, als viele andere, die jedes Jahr mit demselben Anspruch das ultimative italienische Kochbuch liefern möchten. Viele der 140 Rezepte, die er uns in den Rubriken Antipasti, Suppen und Salate, Pasta, Reis- und Kartoffelgerichte, Fleisch und Fisch, köstliche Beilagen, Desserts und Basics mit auf den Weg gibt, sind genauso meisterbar, wenn man nicht wie die Nonnas jeden Tag in der Küche steht. Ob mit oder ohne selbstgemachte Pasta können wir ganz nach Lust und Laune entscheiden, der Koch ist auf alles vorbereitet. Er zeigt gekonnt, wie sich die Mühe lohnt, ein Grundrezept von der Pike auf zu erlernen und immer wieder neu zu variieren. Bei Nonna Mercedes aus dem Aostatal hat er die perfekten Spätzle erlernt. Er revanchiert sich, indem er diesem Rezept zu neuen kulinarischen Ehren verhilft und zeigt mit drei weiteren Variationen, ob mit Pesto & Ricotta, mit Knoblauchpilzen oder gerösteten roten Zwiebeln & Speck, dass es Sinn macht, in einer Zeit wie heute, mit Ablenkungen und Verführungen en gros, sich ganz einer Sache zu widmen und welchen großen Spaß das macht. Wenn es so einfach ist, immer wieder was Neues aus einem Grund-Rezept zu kreieren, kann man viele dazu bringen, auch mal etwas Aufwendigeres auszuprobieren, weil es einfach sinnvoll erscheint. Das ist quasi wie ein Kochkurs beim Lieblingskoch, immer wieder üben und dann klappt es irgendwann wie im Schlaf mit Risotto, Polenta, Gnocchi & Orecchiette aus der eigenen Werkstatt. Die Nonnas hätten in meinen Augen, keinen besseren finden können, ihm ihren Rezeptschatz anzuvertrauen. Er hat ihre Rezepte nicht nur konserviert, sondern noch abwechslungsreicher und kreativer gemacht.

Fazit Jamie kann Italien modern und traditionell wie nobody else!

Wenn mir sein Carbonara-Rezept einfach deutlich besser schmeckt und mehr zu überraschen versteht, als alle 15 anderen, die ich dazu ebenso heranziehen könnte, zeigt mir dieses Buch, Jamie Oliver ist im Moment wie kein anderer in der Lage, ein modernes italienisches Kochbuch zu machen. Das den Spagat zwischen traditionell & saisonal, ambitionierter und geling-sicherer Gästeküche und Familien- und Alltagskochern, die ebenfalls nach Feierabend noch schnell etwas richtig gutes Italienisches auf dem Teller wollen, hin bekommt. Er hat für mich ein Buch vorgelegt, das perfekt allen Lagern gerecht wird und sogar Klassiker wie Carbonara noch mal von einer ganz neuen Seite präsentiert. Ich sehe eine große Weiterentwicklung zu „Genial italienisch“, weil er sehr viel Traditionelles, was außerhalb Italiens nicht so bekannt ist, wie z. B. Acquacotta (Suppe der toskanischen Bauern) im Angebot hat. Seine Version der Suppe gefällt mir deutlich besser als das Rezept einer anderen Autorin, das ich vor einigen Monaten probiert habe. Oliver variiert Zutaten und hat das richtige Händchen dafür, was es braucht, um ein gutes Rezept zu einem besonderen zu machen. In seiner Version machen die getrockneten Steinpilze den Unterschied für mich. Der britische Tausendsassa in der Küche zeigt einmal mehr, was ihn von anderen so deutlich unterscheidet, er kann Twist und zwar so dass wir alle noch mitkochen können und das ist für die italienische Küche nicht zwangsläufig ein Selbstläufer, das wissen Kenner längst. Genau auf ein solches kreatives und modernes italienisches Kochbuch, haben ich und sicherlich viele andere ebenso schon einige Jahre gewartet. Auch wenn wir jetzt erst merken, dass es uns gefehlt hat! Love at first sight würde ich sagen – genau das bringt mich und andere Italien kulinarisch noch mal näher. Lecker wird es bei ihm sowieso.

Herzlichen Dank für die Übersendung als Rezensionsexemplar!

6 Gedanken zu “Jamie Oliver: Jamie kocht Italien

    1. Sehr gerne Katja, das Buch ist klasse! Mein erster Oliver nach 8 Jahren Abstinenz, er hat bei diesem Buch vieles berücksichtigt, was wir uns heute wünschen. Für mich eines seiner besten Kochbücher, wenn nicht sogar das Beste. Vergleichen kann man das mit anderen Büchern zum Thema nicht, die liegen weit dahinter was Innovation und Praxistauglichkeit angeht. Er braucht ganz sicher kein Lob aus Frankfurt, ich kann es mir aber trotzdem nicht verkneifen, weil ich mir so ein Buch zur italienischen Küche schon immer gewünscht habe.

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  1. Warum muss ein Engländer mir italienische Gerichte zeigen? Es gibt so viele gute italienische Kochbücher und Rezepte. Da fehlt mir ein J.O. nicht unbedingt. LG Hartmut

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    1. Hartmut ich stimme Dir zu und auch wieder nicht! Oliver ist mit seiner Art zu kochen viel näher an den Hobbyköchen von heute, das ist seine Stärke und sein Konzept. Profi-Köche mit Restaurants sind wahrscheinlich die besseren Köche, aber können nichts beibringen. Die meisten Leute, die noch voll im Berufsleben stehen, kochen eh nur noch am Wochenende und da sind die Reihen auch ganz schön ausgedünnt. Natürlich können wir die traditionellen italienischen Rezepte alle so aufwendig lassen. Im Ergebnis bedeutet es aber wahrscheinlich für die meisten, sie bestellen Pizza beim Lieferdienst und holen sich die fertige Pasta aus dem Tiefkühl-Regal. Mir persönlich graut es, wenn ich mir vorstelle, dass das die Zukunft der italienischen Küche sein soll. Dann doch lieber ein Koch der ein bisschen was von moderner Rezept-Entwicklung versteht und eine große Anzahl von kreativen Angestellten hat, die allesamt dafür sorgen, dass eine Küche, wie die italienische auch noch zu Hause gekocht wird. Muss man nicht mögen, kann man aber auch gut finden.

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      1. Die traditionelle italienische Küche ist nicht unbedingt aufwändig. Was die „italienische Mama“ gekocht hat können doch sicher engagierte Hobbyköche auch lernen. Ich denke bei J.O. ist sehr viel show dabei. Aber das ist auch ok. Es reicht jedoch nicht für ein anspruchsvolles Nachkochen. LG Hartmut

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      2. Hartmut ich schätze Deine Beiträge sehr! Wenn diskutiert wird hat sich der Beitrag gelohnt und hoffentlich auch jemand ganz gelesen.
        Aber im Buch geht es für mich nicht um Show, um Mood-Fotos schon, aber ohne das kommt heute kein Kochbuch mehr aus. Ich schaue übrigens keine Koch-Shows, sondern koche lieber in der Zeit, wo ich sonst vorm Fernseher hängen würde. Oliver ist solide, das ist auch Mälzer, die machen Bücher für Menschen, die gerne gut essen, aber einfach nicht mehr die Erfahrung haben, weil sie nicht regelmäßig jeden Tag kochen. Beide lieben Twist, das finde ich gut, weil man durch eine ungewöhnliche Zutat auch motiviert wird. Sie sind keine reinen 5-7 Zutatenkocher, auch wenn Oliver ein Buch dazu gemacht hat, was ich mir nicht zugelegt habe. Sie verfügen als einige der wenigen über Möglichkeiten (und das hat natürlich auch mit ihrer Bekanntheit zu tun), die viele andere nicht haben: 1. Sie können sich gut und gerne zwei Jahre Zeit lassen mit einer Veröffentlichung und haben 2. Die Unterstützung von Menschen, die professionell kochen und ebenso die Zielgruppe kennen. Tim Mälzer leistet sich regelmäßig die Unterstützung eines Kochs der Zeitschrift „Essen & Trinken“. Das sind übrigens die einzigen, die noch jedes Rezept 3 Mal vorkochen bis es ins Heft kommt Oliver hat ein ebenso gutes und wahrscheinlich sogar noch größeres Team am Start. Sie machen es aber halt anders als Marcella Hazan, die ich auch hier stehen habe und nicht missen möchte.

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