Alexander Höss-Knakal: Kochen wie in Österreich
Fotos: Stefan Liewehr
Preis: 17,99 €
Worum geht’s – oder eine Küche die mit Leckereien nur so lockt……
Nicht nur der Wiener Schmäh (obwohl ich dem, wenn ich dort war nicht begegnet bin und Wien nicht nur eine beeindrucke Kultur zu bieten hat, sondern für mich gleichzeitig eine der modernsten Städte Europas ist! Das Wiener Verkehrskonzept – wünsche ich mir schon lange für Frankfurt meine Heimatstadt!) und die Kaffeehauskultur sind weit über die Grenzen Osterreichs hinaus bekannt. Das Land lockt mit Bilderbuch-Landschaften, deren Gegebenheiten auch die zahlreichen Köstlichkeiten des Alpenstaates mit beeinflussen und zieht Jahr für Jahr Touristen an (Corona gibt uns gerade einen Dämpfer – aber wenn dann – ich sofort wieder mal nach Wien!). Schmankerl gehen immer lautet hier die Devise, egal ob ich noch gestern Low-Carb war oder meinen Energieumsatz mit dem persönlichen Genuss harmonisieren wollte. Morgen ist auch noch ein Tag….
Der Duden bezeichnet Schmankerl als tirolerisch für „leckeres Essen“ Im übertragenen Sinn kann Schmankerl auch die Bedeutung für „etwas Besonderes“ haben. So beschreibt etwa das Variantenwörterbuch des Deutschen Schmankerl auch: „als Lockmittel eingesetzte Vergünstigung“ und als „besonders interessantes Angebot, spezieller Anreiz, Auserlesenes, Spezielles“. Na dann….
Was ist drin?
Klassiker mit Update und Experte für Mehlspeisen ist der Autor auch noch….
„Kochen wie in Österreich“, da werden die Erwartungen nach den besten Originalrezepten der Alpenrepublik geschürt, wie gut dass, der Wiener Local Alexander Höss-Knakal das ganze klassische Programm vor uns ausbreiten kann: Wiener Schnitzel – auf dem Cover schon mal lecker mit Petersilien-Kartoffeln und Preiselbeer-Kompott und ebenfalls für Normalos bewältig bar. Für mich erwartbar, dennoch der perfekte Aufhänger die inneren Werte dieses Österreich-Kochbuchs unter die Lupe zunehmen:
Alle Rezepte präsentieren sich – wie häufig in Kochbüchern – in klassischer Sortierung „Suppen & Vorspeisen“ laden mit „Brettl-Jause“ und weiteren Klassikern wie „Speck-Knödl-Suppn“ oder einem knusprig frittiertem Backhendl kulinarisch in die Alpen-Republik ein.
Erfahrung mit Nachkochern sollte in irgendeiner Form ob nun virtuell oder real präsent sein!
Der Autor ist versierter Profi und gibt in Wien Kurse zur österreichischen Küche. Übrigens im Hause GU die Voraussetzung für das Casting dieser Kochbuch-Reihe. In dieser lässt man nur noch Autoren zu Wort kommen, die sich als Mittler zwischen ihren Heimatküchen und den geneigten Interessen dafür begreifen. Wer so castet, trennt schon mal die Spreu vom Weizen und bleibt nah an seiner Zielgruppe dran. Mir persönlich so auch am liebsten, weil ich gerade mit Wien als Kochbuch schon mal schlechte Erfahrungen machte…. Autoren, die für ihr persönliches Kochbuch sicherlich alles gemacht haben, aber als Herausgeber und Editior bei einem Wiener Kochbuch sich auf die Rezepte der Gastronomen verließen, die – wenn wundert es – natürlich nicht in haushaltsüblichen Portionen kochen. Ob diese dann einen Schimmer haben, welche Fragen „Normalos“ mit frequentierter Küchen-Nutzung beim Nachkochen eines Rezepts haben könnten, bleibt dahin gestellt. Garniert mit virtuellen Stadt-Rundgängen, die ein weiterer Mensch vom Fach hinter der Linse begleitet, war mir das einfach zu wenig für das Genre Kochbuch. „Gräfe & Unzer“ geht inzwischen einen anderen Weg. In 2020 dürfen die Landschafts- Fotos durchaus von „Shutterstock“ & Co. kommen, in der Kern-Disziplin Kochbuch verlässt man sich heute mehr denn je auf versierte Experten, die über Nachkoch-Erfahrung mit „Novizen“ verfügen. Im Kurs kann das im Moment leider kaum jemand, aber wer Youtuber und Kursteilnehmern Rat und Antwort gibt, kriegt das ebenfalls wunderbar mit interessierten Nachkochern hin. So soll es sein und eigentlich geht es auch nicht mehr anders, wenn man von den Stars des Genres absieht, die sowieso schon eine große Entourage hinter sich vereinen…
Vegetarier an den Tisch – Ihr bekommt mehr als nur Vorspeisen oder Snacks!
Neu und zeitgemäß ist es zudem den Vegetariern ein eigenes Kapitel mit Hauptgerichten zu widmen: Alexander Höss-Knakal ist ausgebildeter Profi-Koch, als solcher zeigt er in diesem Buch nicht nur Klassiker sondern steuert Rezepte (Gebratener Lauch mit Haselnusspesto oder Rote-Bete-Knödel mit Meerrettich – auch optisch ein Knaller bei, die für eine verändertes modernes Setting stehen!) Die Klassik-Fans unter den Vegetariern, die auf Kalorien pfeifen, können sich an „Kasnocken“ oder Süßschnäbel an dem ebenfalls sehr bewährten „Kaiser-Schmarrn“ laben.
Finale, Finale…..
Das sich wirklich sehen lassen kann, ob nun mit „Palatschinken und Schokoladen-Sauce“, „Marmor-Gugelhupf“, „Apfelstrudel“ oder einer „Sacher- oder Linzer-Torte“ entscheidet am besten jeder selbst. Die Rezepte sind im ersten Check für mich solide und gelingsicher. Kunststück hat doch dieser Autor sein vorausgegangenes Kochbuch den süßen Freuden der alpenländischen Nachbarn gewidmet.
Probiert & Verputzt:
Tafelspitz mit Bratkartoffeln und Apfelmeerrettich

Wie fein ist das denn! Rindfleisch das sich sanft siedend auf den großen Auftritt vorbereiten konnte. Das Geheimnis dahinter ist immer ein gut abgehangenes Stück. Als formidable Begleiter entpuppen sich Kartoffeln, die außer Kümmel nichts brauchen als säuerlichen Apfel mit würzigem Meerrettich und einem Hauch von Puderzucker zur Abrundung des Ganzen dazu.
Wir haben mit zwei Personen gegessen und gerne den übrig gebliebenen Tafelspitz zur Ausgangszutat eines weiteren Ösi-Klassiker (Rindssulzn) gemacht.
Rindfleisch-Sülze (Rindssulzn)

Für eine gute Sülze ist mein Mann immer zu begeistern, die Wonnen sind jedoch noch steigerbar, wenn diese in Begleitung eines steirischen Käferbohnensalat in unsere Frankfurter Küche schneit. Sehr schöne Kombination die außerdem mit einem gelingsicheren Sülzen-Rezept punkten kann.
Mein Tipp, die Brühe sehr kräftig abschmecken, weil sich die Intensität nach dem Abkühlen verliert. Auch schluckt die Gelantine Würze!
P.S. Feuerbohnen (oder wie man in der Steiermark sagt „Käferbohnen“) gibt es als Dosenware nur in Österreich zu kaufen, kein Problem einfach getrocknete Ware im Internet bestellen, angemacht mit Kernöl und garniert mit würzigem Schnittlauch sind die nämlich auch solo der Hit und wirklich nicht zu verachten!
Lachsforellenfilets mit Karottenlaibchen

Leider ein Reinfall – ohne Ei wird das nichts, schade um die Mühe und die Zeit in der Küche!!
Geschmorte Kalbsbäckchen mit Polenta und Kürbis
Haben wir noch auf dem „Zettel“, beim Rezept-Check habe ich jedoch Zweifel, ob die Menge an Polenta-Grieß stimmig ist: das Verhältnis von 250 ml Milch auf 20 g Polenta erscheint mir nicht ganz stimmig. Normalerweise kalkuliert man mit einem Level von 1 zu 4 oder Fünf.
Fazit: Leiwand!
Das verwenden die Wiener offenbar, wenn sie etwas für gelungen und toll halten. Bei diesem Kochbuch schließe ich mich an und bin dem Verlag dankbar, beim Autoren-Casting inzwischen Youtube-Fans und Kochkurs-Teilnehmer ein Wörtchen mitreden zu lassen…. Viel Platz haben normale Autoren heutzutage nicht, um Tipps und Tricks oder die Idee hinter jeder Neu-Kreation aufblitzen zu lassen, denn das gestatten wir nur noch einigen wenigen z. B. den Herren Ottolenghi und Tamini in London. Viele Rezepte zeigen, hier hat nicht nur jemand Erfahrung, sondern kann sich innerhalb seiner Rezepte ebenfalls auf Nachkocher-Novizen einstellen und versteht Vegetarier nicht ins Leere laufen zu lassen… Autoren-Kompetenz geht bei mir bei einem Kochbuch immer vor allem anderen. Das andere oder Fotos von Land und Leuten nehme ich dann gerne von Shutterstock & Co, wenn dabei ein ebenso klassisches wie modernes Kochbuch der österreichischen Küche heraus kommt, das viel zu einem kleinen Preis bietet. „Kochen wie in Österreich“ weckt Erwartungen an Klassiker-Rezepte, die zu Hause funktionieren und das wurde leider nur zum Teil eingelöst! Bei der Polenta und auch bei den Karottenlaibchen gibt es deutliche Abzugspunkte von mir, da ist irgendwas mächtig aus dem Ruder gelaufen!!!