
Alice Zaslavsky: Colours of Green
Die neue Gemüseküche
Fotos: Ben Dearnley
Preis: 39,– €
Worum geht’s?
Ich mach mir mein Gemüse lecker bunt!
Gemüsekochbücher sind nicht mehr weg zu denken aus der Vielfalt an Büchern, die um die Gunst der Kochbuch-Interessenten buhlt. Häufig wird Gemüse dabei allein als gesunde Alternative angesehen oder rein saisonal eingebunden. Nicht dass das schlecht wäre, aber es ist doch eine recht einseitige Perspektive, die viele Möglichkeiten ausklammert. Auch Spitzenköche haben längst ihren Blickwinkel verändert, weg vom Fleisch oder Fisch, hin zum neuen Hauptdarsteller: Für José Andrés dem spanischen Spitzenkoch ist beispielsweise Knoblauch wie der coole Freund, den man auf jede Party mitnehmen kann, weil alle mit ihm gut auskommen! Alice Zaslavsky spricht von ihm sogar als das weiße T-Shirt in der Gemüseküche, er passt einfach zu allem. Zaslavsky teilt ihre Liebe zu Gemüse mit vielen, ihr Markenzeichen lautet, no borders bei den Partnern, viel Geschmack und Freiheiten in der Gemüseküche durch noch mehr Information und eine Gemüsematrix, die eilig, leicht & frisch, einfach & bequem und natürlich Geschmacksbombe übersichtlich nebeneinander kann.
Alice Zaslavsky ist Gastronomiekritikerin und Food-Expertin in TV- und Radiosendungen. Als festes Mitglied der Melbourner Food Szene kennt die Autorin die Sterneköche dieser Welt, stellt in kurzen Referenzen einige davon vor und präsentiert ihre ganz eigenen Kreationen, die zum Teil von deren beliebtesten Gerichten inspiriert sind. Schon in ihrer Kindheit in Georgien entdeckte sie die kaukasische, gemüsereiche Küche. In ihrer neuen Heimat Australien begeistert sie Hobbyköche für die bunte Vielfalt des Gemüses. Als studierte Lehrerin weckt Alice clever und mit extra viel Charme die Freude am gesunden Essen. Weitere Informationen: https://www.aliceinframes.com/
Was ist drin?
Eintauchen in den farbenfrohen Gemüse-Kosmos, schmecken, genießen, schwelgen….
Dieses Gemüse-Kochbuch ist eines der schönsten, die mir je untergekommen sind! Dass die kanadische Gastronomiekritikerin auf viel Farbe in Kombination mit viel Information und noch mehr Genuss in der Gemüse-Küche setzt hat mich nach kurzem Zögern bald richtig begeistert. Schnell war für mich klar, dieses Gemüse-Kochbuch habe ich mir schon lange gewünscht! Alice Zaslavsky Begrüßung ist genauso wie ihr Kochbuch ungeheuer lebendig fröhlich und sehr zugewandt. 500 Seiten nimmt sich die Ex-Lehrerin Zeit, liefert 150 Rezepte mit Gemüse als Hauptdarsteller und stellt dabei 50 verschiedene Gemüse-Sorten in umfassenden Portraits nach Farben sortiert vor. Sehr hübsch und vor allem farbenfroh wird so der universelle Charakter von Gemüse unterstrichen, besonders wenn man ein Gemüsekochbuch jenseits von unterschiedlichen Klima-Zonen versteht. Eine Absage an die saisonale Küche geht für mich damit nicht einher, hier soll jeder schnell sein Lieblingsgemüse finden. Wenn ein Volk von Köchen bei den Zutaten aus dem Garten die Saison beherrscht, sind es für mich die Georgier und Alice Zaslavsky ist dort geboren und aufgewachsen, da macht ihr in Punkto Gemüse, besonders bei roten Beten (Salat mit gerösteten Walnüssen, Honig und roter Bete, Relish für alle Lebenslagen), zu denen sich die gut gelaunte Gemüse-Köchin uneingeschränkt bekennt und die sie wie alle Georgier genauso heiß und innig wie Auberginen liebt (Auberginenröllchen mit Walnüssen, Caponata im Glas), niemand bei deren Zubereitung etwas vor!
Thinking out of the box, das Ziel heißt pflanzenzentriert mit allem was schmeckt!
Warum nicht einfach auf Kalorien pfeifen, Speck, Sahne und Käse nicht strickt vom Gemüse separieren und endlich nach Traum-Kombinationen suchen, die es geschmacklich in sich haben und die man nicht so schnell vergisst. Die Gemüse-Küche im Hause Zaslavsky ist pflanzenzentriert. Das heißt, zuerst kommt das Gemüse, und dann entsteht dazu ein Gericht. Die Australierin ist überzeugt, dass viele von uns gerne mehr Gemüse essen wollen, um die Umwelt weniger zu belasten und die Proteine, die wir zu uns nehmen, mit größerer Sorgfalt auswählen zu können. Viele wissen jedoch einfach nicht, wo sie anfangen sollen, und sind auch noch nicht so weit, mit kaltem Tofu loszulegen. Es geht in allen Rezepten der kreativen Master Chef-Teilnehmerin in erster Linie um das Gemüse, sie grenzt aber andere Partner jeder Couleur nicht aus. Ein paar Fischstückchen oder etwas Speck, Sahne oder Käse fungieren als Zusatzelemente, die dem jeweiligen Gericht noch mehr Charakter verleihen, jedoch häufig auch als rein vegetarische Alternative zusätzlich angeboten werden, weil Australien bislang eben nicht für seine vegetarischen Gerichte bekannt ist, sondern die „Mates“ aus Down-Under sind Fleisch und Fisch-Fans, die gerade erst beginnen über vegane Ernährung nachzudenken.
Klassiker mit Pfiff und mutige neue Kombinationen mit Flavour-Garantie!
Das Zaslavsky’sche Gemüse-Spektrum reicht von Weiß (Knoblauch, Rettich, Kohlrabi, Fenchel, Blumenkohl…), Gelb (Ingwer, Zitronengras, Mais), Orange (Möhre, Süßkartoffel, Kürbis), Rot (Tomate Radieschen, Paprika, Chili, Rhabarber), Violett (rote Bete, Radicchio, Artischocken), dunkelgrün (Spinat, Rucola, Kräuter, Brokkoli, Zucchini….) bis hellgrün (Lauch, Spargel, Rosenkohl, Avocado…) und perfektioniert Klassiker (perfekt geröstetes Knoblauchbrot) oder sucht durch geschickte und manchmal ungewöhnliche Kombinationen neue Geschmackserlebnisse (Pastinaken-Lattkes, Fenchel Tomaten-Panzanella mit selbstgemachten Ricotta, glutenfreier Rhabarber-Apfel-Crumble, Tarte Tatin mit Zwiebeln nach Wahl, Eier auf Florentiner-Art mit grüner Hollanddaise, Caesar Salad mit Brokkolini, in Senfbutter geschwenkter Lauch, Party Rosenkohl im Stil der Siebziger….).
Welche Überraschung Obstsalat verträgt auch Knoblauch (Obstsalat mit Ajo Blanco und schwarzem Knoblauch) und Hummus tritt bei der gebürtigen Georgierin zwar mit Kichererbsen aus der Dose auf, die aber intelligent und köstlich zusammen mit Knoblauch auf dem Bachblech Röst-Aromen bekommen und das macht wirklich Sinn, obwohl ich sonst beim Hummus never ever „Team Dose“ bin! Fisch-Pops mit Zitronengras und grünem Mango-Salat ist ein weiterer Ausflug in das Flavour-Town von Alice Zaslavsky, ihr Ding ist es Gemüse mit Wums zu servieren und einen Haufen Alternativen für die kreative Gemüse-Küche anzubieten. Gerne zusätzlich ebenfalls veganeVarianten, dafür nimmt sich die Australierin mit georgischen Wurzeln jede Menge Zeit bei den Gemüse-Steckbriefen und das macht aus ihrem ansprechenden Kochbuch eine echte Gemüse-Bibel.
Schnelle Küche braucht Alternativen und liebt Reste!
Alice Zaslavsky kann Reste geschickt und lecker weiter empfehlen. Bei vielen Rezepten werden Schnellverfahren zum Verwerten vorhandener Reste angeführt. Außerdem gibt es Vorschläge, wie sich die Gerichte ein weiteres Mal auf den Tisch bringen lassen (diese sozusagen „doppelt im Einsatz“sind), und das normalerweise in Form eines der 5 „S“: als Suppe, Sauce, Stew (Eintopf), Salat oder Sandwich. Manchmal reicht es einfach geröstetes Gemüse zu pürieren und schnell wird daraus mit ein paar Gewürzen nach Wahl, die einfachste Gemüsesuppe der Welt, aber ebenso etwas neues was für Abwechslung sorgt. Die australische Gemüse-Expertin liebt nicht nur Gewürze und Farben, sie ist durch und durch eine Pragmatikerin, so dass sie beispielsweise aufgewärmte Suppen oder Curries am nächsten Tag mit einem frischen Gemüse toppt, das genauso lange gart, wie der Eintopf aufgewärmt wird. Babyspinat, Maiskörner, Pilze oder Kirschtomaten machen dabei eine super Figur. Wer in seinen Kühlschrank schaut und noch Reste eines Kartoffelpürees findet sollte mal die Pilz-Zrazy (da sind Kartoffel-Rouladen, die mit einer Pilzfarce gefüllt werden) und von Zaslavsky mit einer würzigem Tomaten-Sauce mit georgischem Einschlag (Bockshornklee inside) serviert werden, probieren.
Probiert & Verputzt:
„Angeschwärzte“ Schalotten & Orecchiette mit Knusper-Brokkoli

Zufällig fand sich Brokkoli im Kühlschrank, die Wahl fiel auf das Rezept für die „angeschwärzten“ Schalotten & Orecchiette mit Knusper-Brokkoli. Sehr fein und das Aroma der geschwärzten Schalotten gibt dem schlichten Gemüse – ganz ohne Sardellen, wie man es in Italien oft macht, sehr viel Tiefe – ehrlich ich war ziemlich baff, diese Kostprobe war total lecker und super easy in der Zubereitung.

Eine rundherum tolle Kombination: Samosas sind total lecker, aber eben auch total aufwändig und eigentlich wenn man genau hinschaut, recht fettig. Für zu Hause habe ich hier meine Traum-Kombination gefunden!
P.S. Vorsichtige Zeitgenossen können vielleicht eine Chili weglassen, sonst bitte unbedingt entkernen. Für uns war es so perfekt.
Kinderleichte Mais-Puffer
Bei den kinderleichten Mais-Puffern habe ich mich für die Tex-Mex-Variante entschieden und die sind mit Rauchpaprika, gehackten Koriander und geriebener roter Zwiebel wirklich klasse gewürzt. Wer noch mehr will, vielleicht noch mit gemahlenen Kreuzkümmel ergänzen… Wenn frische Limette und die rauchige Chipotle-Mayo dazu serviert wird ist noch mehr Flavour da, pimpen also wirklich nicht nötig.
Geschmorte Radieschen in Kräuterbutter
Geschmorte Radieschen, die mit einer Kräuterbutter glasiert im Ofen geröstet werden, sind durch Estragon in der selbstgemachten Würzbutter total lecker. Die Radieschen zeigen sich von einer ganz neuen Seite, die uns gut gefallen hat! Zudem absolut unkompliziert und eine tolle Option für Radieschen, die schon ein bisschen schlapp gemacht haben. P.S. Die Radieschen werden vor dem Rösten noch mal kurz in Wasser eingelegt.
Fazit: „Veggies“ mit köstlichem Treatment ein Genuss!
Dieses Kochbuch ist eine Bank für Gemüseliebhaber, die das Beste für ihr Gemüse, Freiheiten und viel nützliche Information wollen. Gemüse kann viel, wenn man sich keinem Dogma ergibt, Alice Zaslavsky setzt auf viel Geschmack und Farben nicht nur als Teaser im Buch, sondern wirklich auf dem Teller.
Ich habe nicht viele Rezepte gefunden, die ich nicht kochen möchte, obwohl ich am Anfang skeptisch war, es gibt so viele Gemüse-Kochbücher, die heute austauschbar sind. Dieses hat eine eigene total köstliche und optisch sehr ansprechende Handschrift!
Hier geht es um maximalen Geschmack ohne Begrenzung bei den Partnern, viel Information zum Umgang mit dem jeweiligen Produkt, die richtige Zubereitungstechnik und natürlich wie für eine Bibel wichtig, jede Menge Alternativen – auch vegan! Wer sein Gemüse nur sautiert, lebt wahrscheinlich sehr gesund, verpasst aber nicht nur Röstaromen, sondern ebenfalls den echten Kick für den Gaumen….Mein kulinarisches Déjà-vu war tatsächlich das Brokkoli-Rezept, der uns sonst häufig zu langweilig ist, war dieser quasi ein Gemüse–Verlegenheitskauf und der Hamsterseele und dem Teilzeit-Landleben ohne Supermarkt geschuldet…. Hier gepaart mit geschwärzten Schalotten, eine echte Wow-Überraschung direkt vom Start weg! Lieber Brokkoli, so darfst Du auch ganz offiziell wieder in meine Küche rein, denn das hätte Dir keiner von uns zugetraut, dass Du so formidable nur mit ein paar angeschwärzten Schalotten Pasta wie ein echter Italiener kannst!