
Melissa Clark: Dinner auf Französisch
Meine Rezepte mit französischem Charme
Fotos: Laura Edwards
Preis: 29,90 €
Über die Autorin?
Melissa Clark ist Food-Kolumnistin der New York Times, für die sie ihre beliebte Kolumne „A Good Appetite“ schreibt. Sie ist unter anderem Autorin von „Dinner: Changing the Game“ und hat bereits mehrere Auszeichnungen der James Beard Foundation und der International Association of Culinary Professionals für ihre Kochbücher erhalten. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Brooklyn, New York.
Französisch kochen ist eine Lebenseinstellung und viel einfacher als Französisch sprechen!
Clark kann nach eigenem Bekunden besser Französisch kochen als sprechen. Eine Handvoll Knoblauch oder Thymian, das körnige Gefühl des grauen Sel marin zwischen den Fingern und die Zubereitung einer reichhaltigen sämigen Soße – sind für diese ebenso normal wie beglückend.
Der Grundstein und der Hang zum frankophilen Genuss wurden jeden Sommer erneuert, wenn Melissa’s Eltern mit der Familie noch ganz ohne Airbnb & Co für ganze vier Wochen nach Frankreich aufbrachen. Anfangs mieteten die New Yorker noch Ferienhäuser. Aber irgendwann entschieden sie sich um Geld zu sparen, dass dann wieder in Restaurantbesuche investiert werden konnte, zum Haustausch mit reisefreudigen Franzosen, die in den Ferien gerne mal über den großen Teich schauen wollten. Manchmal entstanden daraus mit gleichgesinnten Genießern, Freundschaften fürs Leben und ein anderes Mal traf man auf merkwürdige Zeitgenossen. Dazu unbedingt mehr im Buch, denn die Times-Kolumnistin ist nicht nur eine gute Köchin, sondern kann ebenso unterhaltsam schreiben.
Eine Schwester im Genuss, die mit Lässigkeit am Herd steht
Was so ein bisschen savoir-vivre vor meinem geistigen Auge doch an Erinnerungen (der beeindruckende Wochenmarkt von Arles kommt mir direkt in den Sinn) und Phantasie freisetzen kann…. Verglichen mit meiner Bewunderung für das uneingeschränkte Bekenntnis unserer Nachbarn zum Genuss, koche ich verdammt wenig französisch, wie wir vermutlich alle. Leider hat es die französische Küche bei mir nie so richtig geschafft, sich als Alltagsküche in meiner Küche. zu etablieren. Und jetzt keimt doch ein wenig Hoffnung auf, diesmal geht vielleicht deutlich mehr!
Was ist drin?
Ein bisschen Weitsicht, würde Frankreich auf dem Teller durchaus gut tun…
Kann die New Yorkerin endlich die Lücke in meinem Kochbuchregal schließen, die immerzu nach Frankreich für den Feierabend und das entspannte Zusammensein mit Gästen ruft? Für mich gehört dazu ebenfalls eine gewissen praktische Ader, eine Form von kulinarischer Weitsicht, die die französische Küche für mich endlich zugänglicher und gerne rustikaler macht und ihr vielleicht die eine oder andere neue Nuance oder unkompliziertere Zubereitung angedeihen lässt?
Eine moderne Julia Child – Qualität ist wichtig, aber praktisch soll es bitte schon bleiben!
Olivenöl, Knoblauch und wenn ich mir die Quiches von Melissa anschaue einiges an Butter, viel mehr muss ich für die sehr pragmatische Autorin nicht aus dem Supermarkt mitbringen.
Die New Yorkerin liebt kräftige Aromen und hält Eier und Käse (z. B. Comté-Cracker, Süßkartoffel-Aligot mit gebratenem Salbei), für die französische Küche so essenziell, dass sie diesen bei ihren 150 Rezepten, eigene Kapitel einräumt. Die himmlische Cremigkeit eines Soufflé, der intensive Geruch von Anchovis in einem Pissaladière und die karamellisierte Intensität des Boeuf Bourguignon gehören inzwischen ebenso fest zu Clark‘s Genussmomenten wie die Bagels mit Räucherlachs, die die Familie jeden Sonntag zu Hause in Brooklyn aß. Für die Eier bedeutet das, dass sich diese in Paris genauso zu Hause fühlen wie im jüdisch geprägten Schmelztiegel der USA: Es gibt sie als Co-Produktion mit Räucherlachs und Estragon-Sahne oder z. B. als Eier mit Aioli. Ein französisches Omelett hat Kultstatus, tatsächlich müssen französische Küchenchefs mit der Zubereitung eines perfekten Omeletts nicht selten ihr Können unter Beweis stellen. Für die Times-Kolumnistin sind aufwendige Füllungen dabei gar nicht notwendig, aber eine großzügige Portion an Knoblauch im Essen ist quasi Familien-Tradition und für das Tahin im Omelette ist Yotam Ottolenghi verantwortlich.
Salate, Quiches, Tartes, Pasten, Suppen, Fisch & Krustentiere, Gemüse, Huhn, Fleisch und Süßes werden von der frankophilen Autorin mit rustikaler Großzügigkeit und Lässigkeit bespielt. So dass vermutlich auch Franzosen nicht entsetzt protestieren, wenn dabei nicht nur eine französische Zwiebelsuppe mit geröstetem Gruyère-Sandwich, sondern genauso ein Gazpacho à la provençale auf den Tisch kommt. Clark setzt zudem nicht viel an Küchen-Wissen voraus, Tipps und Tricks zum Vorbereiten gibt diese gerne zu jedem Rezept reichlich dazu. Ihr herzhaftes Gruyère-Brot mit Schinken kommt ohne Sauerteig oder Hefe aus. Zeit und Lust sollten wir aber schon zum Kochen haben, denn sonst verstehen die Franzosen wirklich keinen Spaß mehr.
Probiert & Verputzt:
Spinat- und Traubensalat mit Roquefort-Dressing

Melissa Clarke empfiehlt für diese deftig-süße Salat-Variation statt Babyspinat zu reifem Spinat zu greifen, seine knackige Textur und mineralische Note kann es mit dem warm-würzigen Pancetta aufnehmen, ohne gleich in sich zusammen zu fallen.
P.S. Beim zweiten Versuch haben wir auf Blattspinat gesetzt und der war von der Textur her perfekt! – Der sehr grobe Wurzelspinat ist für meinen Geschmack weniger geeignet! Unkompliziert und dennoch sehr fein!
© 2020 by Laura Edwards

Sehr lecker, echtes Soul-Food halt, das mit dem Trüffelaroma einen eleganten französischen Einschlag erfährt!
P.S.: Ich habe weniger Gruyère Käse gebraucht, es gibt ja schon Bindung durch die Mehlschwitze. Wir haben zu zweit das Rezept halbiert und mit gutem Appetit zweieinhalb mal davon gegessen. Außerdem sind wir mit dem Trüffelöl großzügig gewesen! Beim Rezept für die Bechamelsauce musste ich nachjustieren. Trotzdem hüpft das Rezept in die Koch-Kladde!
© 2020 by Laura Edwards
Ländlicher Apfel- Ingwer-Kuchen mit Buchweizen

Für diesen herrlichen Apfelkuchen ist ein Mix aus unterschiedlichen Apfels ideal, bei mir waren es Cox-Orange und Äpfel von der Streuobstwiese im Wochenend-Dorf, die wir bereits im Herbst „gebunkert“ hatten. Mit super luftigem Teig, vielen köstlichen Äpfeln im Teig und dem Überraschungseffekt durch die Ingwernote, konnte uns diese Kreation erobern. Ein alltagstauglicher Kuchen-Klassiker, der auch nur mit Äpfeln und ohne Ingwer nichts von seiner Überzeugungskraft einbüßt
© 2020 by Laura Edwards
Fazit: Der modernen Julia Child aus Brooklyn gelingt es französischen Genuss mit amerikanischer Lässigkeit zu verbinden, die weder den Feierabend noch eine größere Gästeschaar scheuen muss. Hat sich Julia Child noch an die Ratschläge ihrer französischen Kochlehrer gehalten und für ihr Ratatouille jedes Gemüse einzeln gegart, weil es geschmacklich wirklich einen Unterschied macht, wird daraus bei Melissa Clark ein unkompliziertes Ratatouille-Hähnchen vom Blech. Sicherlich kein Kochbuch für Puristen aber wem die französische Küche schon immer zu penibel und verkopft war und wer lieber in einem gemütlichem Bistro deftig und rustikal als im Sterne-Restaurant genießt, wird seine Freude an diesem unkomplizierten Genuss haben. Optisch da bin ich ehrlich ist das Cover des amerikanischen Originals ein echter Hingucker, die deutsche Übersetzung innen schön gelayoutet, aber mit braunem Buchrücken das Gegenteil von französischer Eleganz. Na gut müssen sie halt lernen die Franzosen, auch hinter einem unscheinbarem Äußeren, kann sich viel an genussvollen Momenten verstecken!