
Agnes Prus; Cosy Kitchen – Wärmende Gerichte für kalte Tage
Fotos: © EMF/ Annamaria Zinnau
Preis: 26,– €
Worum geht’s?
Saisonale Soulfood-Küche ganz neu und voller Geschmack – das wär perfekt!
Wenn es draußen kälter und nebelig grau wird, sehnen wir uns nach Gerichten, die wie echte Seelenschmeichler wirken – gemütlich heimelig darf es jetzt auf dem Teller werden. Die meisten denken dabei sofort an gehaltvolle Aufläufe, gerne mit viel Käse gratiniert, deftige Eintöpfe, Pasta, Reis & Co. oder die zahlreichen süßen Klassiker aus dem Ofen. Ich freue mich jedoch ebenso über Rezepte, die wohlige Gefühle, nicht nur ausschließlich mit Fett und Kohlehydraten einlösen, sondern auch mal mit anderen Mitteln heraufbeschwören können. Geht das? – warum eigentlich nicht, mein Gewürzschrank ist voll, ich wünsche mir bei einem solchen Projekt nur jemand, der sehr genau weiß wie viel Geschmack geht, ohne das daraus gleich eine Veranstaltung wird, wo ich dieses nicht darf und das andere nicht sollte. Wieviel netter wäre es doch, wenn es nicht mehr immer nur um vegan oder vegetarisch, gesund oder ungesund geht, sondern einfach nur verdammt gut schmeckt!
Wer kocht?
Agnes Prus hat Kunstgeschichte studiert und anschließend ihr Glück in der Küche gefunden. Seitdem sie nicht mehr für Cafébesucher backt und kocht, experimentiert sie am eigenen Herd. Saisonale, unverfälschte Zutaten, viele Gewürze und frische Kräuter sind die Hauptakteure in ihren Rezepten. Agnes hat bisher sieben Koch- und Backbücher geschrieben und entwickelt darüber hinaus Rezepte für Websites und Printmagazine. Zwischen 2019 und 2020 war Agnes Prus außerdem als Redakteurin für die Zeitschrift Food & Farm tätig. Ergänzend zum Schreiben von Koch- und Backbüchern arbeitet sie seit 2020 als Foodstylistin für Video- und Fotoproduktionen. Zwischen den drei Fixpunkten Rezeptentwicklung, Foodstyling und dem Schreiben über Essen fühlt sich die Autorin sehr wohl – nicht zuletzt, weil es so immer etwas Leckeres zum Naschen gibt. Agnes Prus lebt und arbeitet in Köln, hauptsächlich in der Küche.
Was ist drin?
Gelungener Auftakt – praktisch, übersichtlich, ambitioniert!
Im Einleitungsteil stellt Frau Prus ihre Saison-Helden kurz vor, schön dass sie auch Grund-Rezepte für Gemüsebrühe, -paste oder Brühpulver liefert, das hebt den Geschmack der Gerichte deutlich und ist einfacher als die meisten meinen! Ein Saisonkalender für Obst und Gemüse, unterscheidet nützlich und differenziert zwischen Freiland-, Lager-, Gewächshausware, oder Obst und Gemüse aus geschütztem Anbau unter Folie und Flies.
Für alle was dabei!
Kochbücher leben heute neben den Rezepten von ihrer Bildsprache, dieses legt dabei die Latte sehr hoch, die wunderschön arrangierten Fotos von Annamaria Zinnau, Foodfotografin, Köchin und Bloggerin (Himbeerrot) sind sehr verlockend! Es ist ein wertig gemachtes Buch mit Fadenheftung, dessen Layout nicht nur hübsch, sondern auch praktisch ist. Seine Kapitel sortieren die Rezepte in „Grundlagen“, „Suppen & Eintöpfe“, „Ofenlieblinge“, „Kartoffeln & Kohl“, „Pasta, Reis & Co“. und „Süßes für die Seele“ ein und labeln nach Vorlieben (vegetarisch, vegan, Fleisch, Fisch) und Zeitaufwand. Zeit ist heute mehr denn je Thema beim Kochen, traditionelle Soulfood-Rezepte fordern die jedoch oft ein. Geschickt und vorausschauend empfiehlt die Kölnerin uns, für ihre Seelenschmeichler die Zeit zu nehmen, die wir brauchen. Dazu unterscheidet sie zwischen „Schnell & Easy“, lässt sich in 15 – 30 Minuten nachkochen, „All-Time-Yummy“, dafür benötigt man 30 – 60 Minuten, alles darüber hinaus ist als „Slow-Food“ bestens für gemütliche Stunden in der Küche geeignet.
Rezepte und Fotos beide können viel!
Heute gibt es leider manchmal Kochbücher, bei denen die Fotos mehr versprechen, als die Rezepte dann tatsächlich einlösen können, hier passt beides perfekt zusammen! Wer sich die Zutatenlisten anschaut, stellt schnell fest, Agnes Prus, nutzt die Palette des Möglichen im Spiel von Aromen und Texturen geschickt, auf 7 – 10 Zutaten beschränkt sie sich dabei zum Glück nicht. Bei jedem ihrer Rezepte merke ich schnell, Agnes hat jede Menge Spaß am Pimpen ihrer Kreationen! Ihre finnische Kartoffel-Lachs-Suppe, wird im Gegensatz zur klassischen Vorlage püriert, Sahne, Gemüse und Kartoffeln sind mit Piment, Dill und blumigen anmutenden rosa Pfeffer perfekt gewürzt, bilden so ein cremiges Bett für die Lachseinlage. Die Harira mit Amarant und Linsen ist eine perfekte, vegane Weiterentwicklung, bei der man nichts vermisst, im Gegenteil! Und für die Wald-Pilz-Galette mit Ziegenkäse und Thymian, sind meine selbst gesammelten und getrockneten Steinpilze gerade gut genug, um die brauen Champignons beim Geschmack zu unterstützen! Ein Lamm-Schmortopf mit Guiness und ein Boeuf-Bourgignon gehören zu der feinen und vielversprechenden Auswahl mit Fleisch in dieser Sammlung mit jeder Menge Seelenschmeichlern. Bis jetzt habe übrigens kein einziges Rezept unter den 60 Optionen gesehen, für das ich nicht gleich los in die Küche laufen möchte. Bei dem Rezept für scharfe Mac’n’cheese macht mich die Verbindung von Korea (Gochujang und Kimchi) und Amerika neugierig und das Winterisotto mit Maronen, Salbei und Speck-Chips ist wieder eine Kombination mit viel Twist, dass kann Frau Prus einfach perfekt, ihre Rezepte sind überraschend modern und überzeugend geschmackig! In der süßen Abteilung habe ich Marker beim Apfel-Marzipan-Strudel geklebt (mit kandiertem Ingwer, Zimt gehackten Mandeln, Honig und Marzipanmasse auf einem unkomplizierten knusprigen Filoteig zieht es mich magisch an….). Und für den Pflaumen-Orangen-Crumble gibt es noch Pflaumen vom eigenen Baum im Tiefkühler. Bananen-Brot lieben die Neffen sehr, ihre saisonale Variante verfeinert Agnes mit Honig, Zimt, Nelke, Muskat, Ingwer und Pekannüssen, außerdem erhält das Brot einen Guss aus Honig, Puderzucker und Orangensaft.
Rote-Bete-Eintopf mit Linsen und Meerettich-Creme
Bete und Meerrettich sind ein klassisches Dream-Team, der Wums des Meerrettichs gibt der erdigen Knolle nicht nur einen wohltuenden Kick, er wärmte uns auch wunderbar – unbedingt probieren! Bei diesem Rezept mit viel Händchen und Twist (auch das reichlich zugefügte Gemüse, die Kartoffeln, fermentierter Rote-Bete-Saft, Ingwer, Kreuzkümmel & Koriander machen als Zutaten einen prima Job!) werden sogar „rote Bete-Gegner“ schwach – ich bin direkt zum Fan geworden! Die Optik kann sich ebenfalls sehen lassen, tiefrot mit weißem Aroma-Kleks, obendrauf dann noch ein paar grüne Kräuter-Sprenkel, schon sieht der Eintopf einfach umwerfend aus!
Kartoffel-Wedges mit Sesam u. Harissa-Aioli
Diese Kartoffel-Wedges sind raffiniert auf den Punkt gewürzt: Agnes Prus verwendet dafür gerösteten Pfeffer, Sesam, Schwarzkümmel, Koriander und Paprika. Die Aioli mit Harissa, Knoblauch u. etwas Honig dazu setzt ihnen jedoch geschmacklich noch mal die Krone auf – fantastisch! Und endlich hat es mit dem Trick für eine super einfache Mayo geklappt, von jetzt an nur noch mit dem Stabmixer, einfacher geht es wirklich nicht – Danke für diesen Küchen-Hack!
Beluga-Linsen-Salat mit Röstkürbis, Ziegenkäse und Mango-Chutney
Ein unverzichtbarer Bestandteil des Salates ist das Mango- Chutney: seine fruchtige Schärfe heizt schön ein und kitzelt die Geschmacksknospen wach, bei Agnes Prus wird es natürlich selbst gemacht. Das Mango-Chutney ist die perfekte Ergänzung für den auch optisch sehr respektablen Salat!
Fazit: So geht nachhaltige und kreative saisonale Küche für heute!
Ich hatte mir ja ein Kochbuch gewünscht, dass saisonale Soulfood-Küche, endlich neu interpretiert! Man hätte dafür alle strickt separieren können: hier die Vegetarier, da die Veganer, auf der anderen Seite die Fleisch- und Fischliebhaber und dann noch diejenigen, die sich leckere Aufläufe, Eintöpfe und Pasta-Gerichte oder Süßes wünschen. Die kreative Rezeptentwicklerin aus Köln, zieht stattdessen alle Register, mit viel Geschmack und tollen Ideen fängt sie „Gerne-Esser“ und erreicht damit alle – ein großartiges Kochbuch, weil die Frau hinter den Rezepten so viel Spaß am pimpen ihrer Rezepte hat!