
Anne-Katrin Weber: Deftig vegetarisch – Alpenküche
Schmoren, Backen, Braten, Rösten, Einlegen
Fotografie: Wolfgang Schardt
Preis: 33,– €
Hoch hinaus!

Die Alpen bilden das höchste Hochgebirge in Mittel- und Südeuropa, der etwa 1.200 Kilometer lange Alpenbogen spannt sich von den französischen Seealpen ganz im Westen bis nach Slowenien im Osten. Ganze acht Staaten sind Alpenanrainer, dazu gehören Frankreich, Italien, Schweiz, Deutschland, Österreich und Slowenien sowie die beiden Fürstentümer Monaco und Liechtenstein. Hohe Berge prägen die imposante Kulisse. Das Vorwort in Deftig vegetarisch – Alpenküche spricht sogar von über 100 „Viertausendern“ in den Alpen.
Aber was bedeuten mir diese imposanten Panoramen? Aufgewachsen im hohen Norden konnte ich lange nichts mit Bergen anfangen, das änderte sich auch nicht wirklich in den Jahren als ich in München zu Hause war. Erst als es mich in die Mitte der Republik verschlug und ich mit einem bekennenden Berg-Liebhaber den ersten Urlaub in den Dolomiten verbrachte, kam schlagartig die Kehrtwende: ich war geradezu schockverliebt in idyllische Almwiesen, die mindestens so gut in Schuss waren, wie anderswo Golfplätze….. Jedoch waren es noch mehr die verlockenden regionalen Spezialitäten der Almhütten wie Tirtlan, Schlutzkrapfen oder Buchweizentorte, die mich den Berg hinauf trieben. Wenn es die oben nicht zur Belohnung gegeben hätte, wäre ich damals vermutlich weiterhin lieber im Tal geblieben….
„Wenn ich an einen Urlaub in den Alpen denke, dann sehe ich nicht die Berge, sondern einen Berg goldgelben Kaiserschmarren vor mir.“ – Anne-Katrin Weber
Wer kocht, stylt und entwickelt?
Die Hamburgerin Anne-Katrin Weber hat nicht nur eine Familie, die gerne isst, sie hat auch einen großen Freundeskreis, der immer wieder mit Freude, ihre köstlichen kreativen Gerichte genießt. Besonders ihre Ideen für vegetarische vegane Gerichte werden mit Begeisterung verputzt. Anne-Katrin Webers Rezepte sind köstlich, einfach und immer gelingsicher! Nach ihrer Ausbildung zur Köchin, sammelte Weber Erfahrungen in der Sterne-Gastronomie, bevor sie ein Studium der Ernährungswissenschaft anschloss und redaktionelle Erfahrungen sammelte. Seitdem ist Anne-Katrin Weber die Autorin vieler beliebter Koch- und Backbücher, die regelmäßig ausgezeichnet werden und eine begehrte Foodstylistin. An ihrer Arbeit liebt sie besonders die Kombination aus Küche, Schreibtisch und Fotostudio. Mit Wolfgang Schardt setzt sie viele ihrer Projekte fotografisch um und betreibt gemeinsam mit ihm den Food-Blog www.veggielicious.de. Hier können die beiden ihre Liebe zu Tomaten, Kürbis und weiterem Grünzeug so richtig ausleben.
Was ist drin?
Bildgewaltig und geschmackvoll!
Beim ersten Blättern bin ich sehr angetan, wie bildgewaltig dieses Kochbuch daher kommt: Marianne und Herrmann, die eine Alpe am Rand des Allgäu betreiben, kann ich direkt bei der Käseherstellung bewundern. Die Milch stammt natürlich von ihren Kühen, dass sie beim Besuch der Autorin, beim Frühstück sitzen, nur eine Rand-Notiz. Ich bin allerdings sehr beeindruckt, als ich lese, dass die beiden vor dem Frühstück schon 34 Kühe gemolken und versorgt haben. Die Fotos von Wolfgang Schardt sind reduziert, klar und die Landschaftsfotos unaufgeregt, ohne jeglichen Kitsch. Wenn man bedenkt, dass das sogenannte „Mood“ im Kochbuch inzwischen häufig von Foto-Datenbanken kommt, wird hier Stimmung sehr geschmackvoll eingebracht – wirklich ein Augenschmaus!
Moderne Alpenküche für zu Hause und für viele Gelegenheiten
Es ist nicht das erste Kochbuch, das mir Spezialitäten aus den Alpen vorstellt, Anne-Katrin Weber hat für ihr Alpenkochbuch jedoch einen konkreten Plan gehabt, der für eine sehr tradierte Küche heute einfach mehr Sinn macht:
70 vegetarische Alpen-Klassiker wurden von der erfahrenen Hamburger Rezept-Entwicklerin in gelingsichere Zubereitungen transkribiert. Es gibt „Knödel und Pasta“ (z. B. Gefüllte Kürbisknödel mit Nuss-Kürbiskern-Öl, Ravioli mit Rote-Bete- Füllung und Mohnbutter), „Brotzeit und Salat“ (Röstbrot mit Eierschwammerln, Wildkräutersalat mit Ziegenkäse und Johannisbeer-Dressing), „Suppe und Eintopf“ (Hüttensuppe, Allgäuer Käsesuppe mit Brezelchips“), es wird geschmort, gebraten und gebacken“ (Spinat-Crespelle, Kürbis-Polenta mit Ofentomaten). Auf „Mehlspeisen und Desserts“ (slowenischer Nuss-Hefe-Kuchen, Buchteln mit Vanillesauce) oder ein uriges Brot (Walnuss-Emmer-Brot) müssen wir bei Frau Weber ebenfalls nicht verzichten. Sich deshalb aber gleich mit sperrigen Sauerteig abmühen, das wollen wohl zunächst die wenigsten, die sich nach einem erholsamen Urlaub in den Bergen nur ein bisschen Alpenfeeling mit in die heimische Küche mitnehmen wollen.
Die Herausforderungen für ein modernes Kochbuch zur Alpenküche sind also vielfältig, es darf die Klassiker nicht vergessen, denn genau die sollen uns ja an das herrliche kulinarische Angebot der Hütten aus dem Wanderurlaub erinnern, muss außerdem bei jedem Rezept unsere Fertigkeiten gut einschätzen können und ggf. aushelfen. Und eigentlich sollte ein solches Kochbuch nicht nur vegetarisch sein, sondern bei den Klassikern auch mal vegan (z. B. Semmelknödel mit Pilzrahmsauce, Kürbissuppe mit Kürbiskern-Cremolata u. Kernöl, Wirsingstrudel oder Linzer Törtchen und Zwetschgen-Knödel) können. Wer diese Schablone über die Vielzahl der Alpenkochbücher legt, wird es sehr schwer haben, weiteres zu finden, das sich nachhaltig gut dort einpasst. Besonders wenn man sich außerdem an sehr schönen und geschmackvollen Fotos aus den Alpen ergötzen möchte!
Probiert & Verputzt:
Brot wird in unserem Haushalt immer bis auf den letzten Krümel verbraucht, mit Semmelknödel kennen wir uns gut aus. Und bitte, dafür braucht kein Mensch gekauftes Knödelbrot! Die Kaspressknödel waren noch besser! Von Anne-Katrin Weber lerne ich, dass der Käse ausschlaggebend ist, ob die Knödel gut oder so richtig gut schmecken. Wir haben uns für einen sehr würzigen Bergkäse entschieden. Der mit vielen Kräutern gewürzte Salat (bei uns frischer Majoran) war eine schöne Ergänzung dazu, die auch gegen die deftigen Knödel bestehen kann!
Kartoffel-Rote-Bete-Gröstl mit Spiegelei
Tiroler Gröstl ist der Inbegriff der österreichischen Hausmannskost und wird gern auf den Hütten angeboten. Hier werden die knusprig gebratenen Kartoffeln zusammen mit roter Bete und gebratenem Spiegelei serviert. Die herzhafte Note dieses Gericht wird durch viel Majoran (wichtig!) und gemahlenen Kümmel schön verstärkt, sieht hübsch aus und schmeckt lecker. – Mit Räuchertofu wird der Klassiker in der vegetarischen Version deftiger- danke für den Tipp! Uns hat diese Variante überzeugt, besonders weil ich im Moment jede Menge guter Gründe habe, deutlich gesünder zu essen.
Die herzhaften Schupfnudeln werden hier optisch mit buntem Mangold aufgepeppt und mit getrockneten Tomaten kombiniert, das verleiht den deftigen „Kartoffelnudeln“ etwas südländische Leichtigkeit. Gewürzt wird neben Knoblauch mit Chiliflocken und Zitrone, eine feine Ergänzung, die gut dazu passt!
Kürbissuppe mit Kürbiskern-Cremolata u. Kernöl
Kürbissuppen hatte ich schon einige, wer nicht! Den Anstoß zu diesem veganen Rezept, gab tatsächlich, dass es sich um eine vegane Variante handelt. Nicht ganz freiwillig muss ich meine Ernährung nachhaltig umstellen und habe in der Testphase plötzlich meine Vorlieben nachhaltig ändern müssen. Gefallen hat uns, dass der hinzugefügte Orangensaft, dieser Kürbissuppe eine fruchtig elegante Note verleiht und die sehr schön abgestimmte Cremolota kann diesen Eindruck noch steigern. Wirklich gerne wieder – auch als vegane Kürbissuppe!
Fazit: Alpen-Feeling für zu Hause, stimmungsvoll, gelingsicher und modern umgesetzt!
An diesem Kochbuch gefällt mir zu einem die Rezeptauswahl, die zwar stark von Südtiroler Klassikern geprägt ist, aber sinnvoll und spannend mit Spezialitäten anderer Alpen-Anrainer ergänzt und erweitert wurde. Der Fotograf zeigt außerdem bildgewaltig wie man Berg-Panoramen ohne Kitsch geschmackvoll präsentieren kann. Anne-Katrin Weber hat mit viel Erfahrung und Kreativität ihren Alpen-Rezepten eine rein vegetarische und manchmal sogar vegane Handschrift angedeihen lassen. Das ist modern und zeitgemäß und eigentlich überfällig! Eine Kochbuch Empfehlung für Freunde der Alpenküche, die aus der Fraktion Vegetarisch/Vegan kommen und Wert darauf legen, dass eine Autorin außerdem gut einschätzen kann, wo sie mit ihrer Rezeptentwicklung das eine oder andere einfacher machen kann und es trotzdem lecker und spannend bleibt. Hört sich vielleicht einfach an, benötigt aber tatsächlich eine sehr gute Kenntnis der Zielgruppe und absolutes Händchen. Persönlich kann ich hinzufügen, dass ich während der Testphase erfahren habe, dass ich meine Ernährung nachhaltig zu gesund umstellen muss. Bei Frau Webers veganen Rezepten aus den Alpen haben wir absolut nichts vermisst, deshalb sehr gerne wieder so!