
Richard Rauch/Katharina Seiser: Herbst – Die Jahreszeitenkochschule
Fotos: Jörg Lehmann
Christian Brandstätter Verlag
Zum Abschied am besten noch mal das volle Programm!
Preis: 34,90 €
Worum geht’s?
Gegen den Herbstblues helfen nur die leckersten saisonalen Genüsse!
Oh je, dieses Jahr hat uns der Herbst schon früh ereilt und brachte Regen und ungemütlich nasses Wetter mit. Ausgerechnet haben wir heuer keinen Wanderurlaub ein wenig weiter südlich geplant und diesen im Wochenendhaus verbracht. Zu allem Übel haben die Obstbäume uns ebenfalls im Stich gelassen, zumindest hat der Pflaumenbaum einfach mal Pause gemacht. Es gab also trotz Urlaub im Garten nicht viel zu ernten und bei den Temperaturen Anfang September, bin ich sowieso ich lieber im gemütlich warmen Haus geblieben und habe mir noch mal das Beste, was im Moment kulinarisch möglich ist, auf den Tisch geholt. Mit einem solchen Anspruch kann man im Kochbuch-Dschungel, schnell mal die Orientierung verlieren, wollen täten das nämlich viele, richtig gut können das in meinen Augen aber Katharina Seiser und Richard Rauch aus Österreich, die sich der saisonalen herrlich altmodisch und doch auch sehr modernen Küche verschrieben haben.
Saisonal ist kulinarisch die beste Option, trotzdem sind Ausflüge in andere Breitgrade erlaubt!
Es schmeckt halt dann am besten, wenn die Zutaten reif sind. Dafür müssen sie in der Nähe wachsen, sonst können sie nicht zum richtigen Zeitpunkt geerntet oder verarbeitet werden. es ist dann am köstlichsten, wenn die Zubereitungsarten und Geschmacksrichtungen mit dem Wetter zusammenpassen, schreibt Katharina Seiser und bringt es damit auf den Punkt! Nur das wir das leider erst wieder mit ihr und Richard Rauch und seinen ebenso leckeren wie verführerischen Rezepten wieder lernen müssen. Los geht’s, es lohnt sich, den kulinarischen Radius zu verkleinern und einfach die Natur bestimmen zu lassen, was jetzt unbedingt auf den Teller gehört, langweilig wird es bei den beiden nicht, denn sie laden genauso den Duft von Curry & Co. zu uns nach Hause ein.
Wer sind die Autoren?
Richard Rauch übernahm mit 18 den elterlichen „Steira Wirt“ in Trautmannsdorf. Mit 19 erkochte er seine erste Haube, heute hat er drei. 2015 wurde er „Koch des Jahres“. Der TV-Liebling („Frisch gekocht“) steht für eine ebenso traditionsbewusste wie weltoffene Küche.
Katharina Seiser lebt in Wien und reist, um zu essen. Sie schreibt leidenschaftlich gern Kochbücher und kulinarische Geschichten für Magazine und Tageszeitungen. Sie ist kompromisslos, was guten Geschmack und beste Zutaten betrifft, außerdem Herausgeberin der Erfolgsreihe vegetarischer Kochbücher bei Brandstätter (Österreich, Deutschland, Italien, Türkei, USA) und Autorin des Bestsellers „Immer schon vegan“ (2015).
Was ist drin?
9 Kapitel lassen uns kulinarisch noch mal so richtig aus dem Vollen schöpfen:
Jedes der neun Kapitel beginnt konsequenterweise mit einer kompakten Warenkunde von Katharina: Warum haben diese Lebensmittel jetzt Saison? Worauf kommt es beim Einkauf an? Woran erkennt man gute Qualität? Welche Sorten gibt es und wie lagert man sie? Und: Was tut man, wenn was übrig bleibt?
Rauchs Rezepte im Anschluss zeigen – wie in kompakten Koch-Seminaren – die Vielfalt des jeweiligen Kapitel-Themas. Ausgehend von den österreichischen Klassikern werden verschiedene Zugänge, Techniken, und Varianten vorgestellt, die geschmacklich keine Grenzen kennen.
all-in-one – oder Rezepte, Techniken und Tipps und zum Glück keine einseitige Trendküche!
Man merkt hier sind zwei am Werk, die sich Zeit genommen und gründlich überlegt haben, was wir wollen und uns wünschen, die Themen geben sich die Klinke in die Hand, Wirtshausküche, mediterrane Köstlichkeiten, präsentiert von einem Koch, der Sterne genauso kann wie er auch die regionalen Klassiker beherrscht und geschickt für uns aufpeppt und mit seinem Faible für Asiatisches zu überzeugen weiß. Katharina Seiser weiß was uns gerade Lust macht und achtet nicht nur auf biologisch korrekte Ausgangszutaten, sondern sorgt mit vielen Ideen für die Vorratskammer dafür, dass das Thema Nachhaltigkeit nicht nur als einseitige Trendküche verstanden wird, sondern praktisch belebt wird und zeigt außerdem Brot kann auch mal aus dem heimischen Backofen geholt werden, allein schon der Kruste wegen.
Was gibt es denn?
Speckige Erdäpfel mit bester Butter und knusprigen Salzflocken können eine Delikatesse sein, wenn wir die sauber gewaschene Variante aus dem Supermarkt ignorieren und uns stattdessen beherzt an den erdig-staubigen Erdäpfeln auf dem Wochenmarkt bedienen, gerne als kulinarischen Gruß aus der Steiermark mit einem Erdäfel-Käferbohnensalat oder als mediterrane Variante in einem Braterdäpfel-Salat mit Salbei und Oliven, um dann ganz bodenständig mit faschierten Laibchen (Frikadellen) und Erdäpfel-Püree die klassische Schiene wieder zu bedienen.
Kürbis in Hülle und Fülle z. B. in Form von überbackenen Kürbis-Gnocchi mit Schafskäse und Zitronen-Thymian oder als süße Kürbistorte mit Schokoglasur. Beim Rezept für Vanilleeis mit Kernöl u. Kürbiskrokant werde ich in jedem Fall schwach und schwups habe ich auch schon eine Dessert-Idee für das Weihnachtsessen. Mal schau, was mein kochbegeisterter Schwager dazu sagt? Der adrett orange leuchtende Kürbis, darf mit Richards Komposition für ein Kürbis-Curry gerne mal einen Ausflug nach Asien wagen und zeigt mir, dass das leckerste Curry nicht unbedingt aus Bangkok oder Mumbai kommen muss und wer will schon den langweilig Basmati-Reis dazu, wenn ein mit Gewürznelke und Kardamom herrlich parfümierter Langkornreis so viel besser schmeckten kann. Seinem Tipp das Ganze mit gewürfelter reifer Mango noch ein wenig aufzupeppen, bin ich mit Freuden gefolgt und wurde geschmacklich dafür großzügig belohnt.
Gans, Ente & Co. schmecken nicht nur an Weihnachten, wie wäre es jetzt mit einer Gansel mit Quitten-Rotkraut, am besten mit einer Weidegans, die wir schon im Sommer beim Bauern um die Ecke kennen gelernt haben.
Aus Wald & Flur gesellen sich Hirsch Reh & Wildschwein dazu, Wildschwein-Burger mit Kürbis-Chutney-Radicchio und Bergkäse zeigen, saisonale Küche geht ziemlich modern. Für uns hat der geschmorte Hirschbraten mit Serviettenknödeln das Rennen gemacht. Mit Wildjus kann man das Gericht zu einer kulinarischen Offenbarung machen, Richard Rauch versteht aber dass man sich langsam steigern kann und pocht nicht drauf, 5 Stunden dafür am Herd zu stehen, auch wenn sich die Mühe sicherlich geschmacklich lohnt! Wir haben wir es erstmal mit der von ihm alternativ angegebenen Rindsuppe probiert, das war der Hirschbraten für meine Schwiegermutter schon der Hit, die kommt ja gar nicht mehr aus dem Stauen raus, wenn ich den Wildfonds beim nächsten Mal selber mache.
Vom Frühstück bis zur Jause – Brot, Gebäck & Aufstriche kommt jetzt alles aus der heimischen Küche, schließlich haben wir jetzt endlich Zeit und Muße für Sauerteig & Co. Ein selbstgebackenes Bauernbrot, das uns mit Stolz erfüllt, dessen Kruste beim Anschneiden so vielversprechend kracht und das geschmacklich eine ganz andere Liga ist, als lieblos gebackene Brote aus Fertigmischungen, die die meisten Bäcker heutzutage in ihren Auslagen feilbieten, ist eine lohnenswerte Beschäftigung, wenn wir draußen nichts mehr verpassen können. Wer es langsam angehen lassen möchte, probiert vielleicht ebenso gerne das Buttermilch-Blitzbrot, am besten warm serviert und mit einem selbstgemachten Linsen- oder Räucherforellen-Aufstrich dazu. Italien–Fans halten sich sicherlich gerne an das Rezept für die selbstgemachte Focaccia, die auch als Weckerl funktioniert.
Fazit: Ein Buch mit vielen Optionen, sehr geschmackvoll gemacht, mit vielen Tipps und Tricks und jede Menge Varianten, die sich der ambitionierten saisonalen Küche verschrieben haben. Kochen lernt man am Besten in der Küche und schaut den Profis dabei über die Schulter, die genau wissen, wie es geht und was wir und unsere Gäste sich wünschen, um uns am Ende nicht nur satt zurückzulassen, sondern uns ein glückliches gut war’s zu entlocken. Ein Buch für Genießer und solche die es werden wollen. Mich hat es mit einem ausgeklügelten Konzept und kreativen Rezepten überzeugt, die Klassikern wieder neues Leben und Pepp einhauchen. Sicherlich aber kein Kochbuch für blutige Anfänger, sondern etwas für ambitionierte Hobbyköche, die gerne regional unterwegs sind und die Abwechslung schätzen. Außerdem ist es wohltuend zu sehen, dass sich hier die Akteure genügend Zeit für eine seriöse und qualitative Umsetzung genommen haben, das macht einfach den entscheidenden Unterschied aus – bei diesem Thema sowieso!
Vielen Dank für die Übersendung als Rezensionsexemplar.