
Yotam Ottolenghi, Noor Murad: Extra Good Things
Wie ein gutes Essen großartig wird
© Text: Noor Murad und Yotam Ottolenghi
Rezeptfotos: © DK Verlag/Elena Heatherwick
Preis: 24,95 €
Etwas „ottolenghisieren“……..
Wenn es um spannende Gaumenerlebnisse geht, ist Yotam Ottolenghi eine Institution! Die Wortkreation „ottolenghisieren“ geistert schon seit 2017 durch die Kulinarik und wird unter Kochbegeisterten immer gebräuchlicher. Vor allem seit Ottolenghis Küchenkollegen in seiner Londoner Test Kitchen (OTK), allen voran Co-Autorin Noor Murad, diesen Begriff laufend verwenden. „Ottolenghisieren“ bedeutet, etwas eindeutig Ottolenghi zuordenbar zu machen und Grünzeug in seiner ganzen Vielfalt und Vielseitigkeit in den Mittelpunkt zu stellen. Nicht immer, aber meistens haben die Kreationen einen orientalischen Touch, wer ein Gericht „ottolenghisiert“, fügt ihm meistens einen recht überraschenden, ungewöhnlichen Twist hinzu.
„Gutes zeigt sich in vielerlei Form: Erfahrungen und Erinnerungen, Freunde und Familie, Reisen und schöne Orte und all die erfreulichen Ausblicke dazwischen. In der Ottolenghi Test Kitchen kommt Gutes auf den Tisch, hier ist Gutes Food und Food muss unbedingt gut sein. Und manchmal kommt etwas Gutes sogar noch mit einem kleinen Extra daher.„
– Noor Murad
Ein solides Fundament und Extras, die zu vielem passen!
Für die -Rezepte in „Extra Good Things“, geht es zunächst darum, ein Aromen-Gerüst aufzubauen, um damit ein solides, sehr wohlschmeckendes Fundament zu legen. Dann kommt der letzte Schliff und der hat es beim „Ottolenghisieren“ immer in sich: die pikante Salsa, die gepickelten Kräuterstängel oder ein paar Tropfen Olivenöl, sind buchstäblich das Tüpfelchen auf dem i und lassen sich außerdem vielfältig einsetzen!
Die OTK-Schmiede gewährt uns dabei Einblicke in ihre Vorratskammer, wo es vor leckeren: Saucen und Dressings, Ölen und Konfitüren, Salsas und Pickels, Fermentiertem und Gebeiztem nur so wimmelt. Alles was hier steht, sind Schätze, die es in keinem Supermarkt zu kaufen gibt und nahezu unbegrenzt kombinierbar. Wir bekommen so ganz nebenbei auf jeder Seite nicht nur ein spannendes Rezept, sondern gleichzeitig viele Ideen, wie wir damit kreativ, schnell und qualitativ hochwertig unsere Alltagsküche aufwerten können.
Zutaten, die neue Outfits lieben….
In 5 Kapiteln werden jeweils mehrere Vertreter einer Art mit 75 Extras als Begleiter zu Gerichten vorgestellt – wobei das Extra eine Beigabe sein kann oder ein süßes Grundrezept. So können wir beispielsweise Kartoffeln in unterschiedlichen Outfits probieren: Ofenkartoffel mit Harissa-Butter (s.S. 72), Kartoffel-Scones mit Fenchel-Bratwurst-Dressing (s.S. 88).Oder die Kartoffeln mit einem Blue-Cheese-Dressing (s.S. 35) servieren. Und der Bananen-Ketchup passt nicht nur sehr gut zu den Chicken-Wings (s.S. 94), sondern genauso zu gut gemachten Ofen- Pommes Frites.
Zeit für Perfektion mit Optionen…..
Für Süßschnäbel hat die „OTK“ zehn verschiedene süße Grundrezepte (z. B. Mousse: Kaffeemousse mit Tahin-Karamell, Baiserroulade: Baiserroulade mit Honigäpfeln oder Créme Anglaise: Thadig Eiscreme) auf den Punkt gebracht. Alles was man sich mit der fachkundigen Unterstützung der Herrschaften aus London endlich mal in Angriff zu nehmen traut, lässt sich wieder nicht nur als geniale Einzel-Kreation feiern, sondern vielfältig mit anderem verbinden. Die Kürbis-Karamell-Sauce (s.S. 242), die zunächst einen Bratapfel krönt, lässt sich genauso über einen Apfel-Pie löffeln und macht ihn schnell zum Besten, den man je gegessen hat.
Probiert & Verputzt:
Kurkuma-Spiegeleier mit Tamarindendressing
Sind dank Kurkuma und Chili nicht nur extrem hübsch anzusehen, sondern profitieren von der geschmacklichen Wucht des Tamarindendressings. Mit schnödem Spiegelei hat diese Kreation absolut nichts mehr zu tun. Die Zubereitung ist dennoch einfach und unkompliziert, so ebenfalls eine Option für den Sonntags-Brunch – Sowohl das Rezept als das Dressing wandern sofort auf unsere Keeper-Liste!
Confierter Lauch mit Puy-Linsen und Lauchcreme
Beim Confieren wird der Lauch weich, ohne zu bräunen, der kulinarische Clou – dabei gibt er sein feines Zwiebelaroma an das Öl ab. Wird der Lauch dann mit Sahne aufgemixt, entsteht eine herrliche Sauce, die das Gericht vervollständigt, aber ebenso sehr gut zu jedem Proteinlieferanten nach Wahl passt. Wer keine Puy-Linsen findet, kann diese durch Berg- oder Beluga-Linsen ersetzen. Das Gericht schmeckt warm oder bei Zimmertemperatur, als Beilage eignen sich beispielsweise Röstkartoffeln. Statt des Backofen hatte ich bei der Zubereitung meinen Slowcooker eingesetzt, sparte zwar deutlich Energie, dauerte jedoch viel, viel länger….. Außerdem musste ich ein bisschen Tüfteln. Das OTK-Team hat Recht, nächstes Mal schieb ich diese tolle Kombi doch in den Backofen, trotz gestiegener Energie-Preise.
Bunter Mangold mit knusprigem Knoblauch
»Dazu passt Blattgemüse« ist ein Serviervorschlag, der in den Ottolenghi-Kochbüchern immer wieder auftaucht. Und hier kommt das Rezept dazu: Der Mangold schmeckt selbst ganz fabelhaft, ist aber doch bescheiden genug, um nicht von der Hauptsache abzulenken, er lässt sich ohne weiteres durch anderes Blattgemüse wie Spinat oder Grünkohl ersetzen, empfehlen die „OTK’s“. Diese gekonnte Beilage, sieht außerdem mit rotstieligem Mangold richtig hübsch aus und die Sumach-Zwiebeln sind ein echter Knaller, der zu vielem passt! Wir hatten Frikadellen dazu. Wer auf Kniffe steht, lernt bei diesem Rezept, wie frühzeitig hinzugegebenes Salz bei der Zubereitung helfen kann. Ich rate jedoch zum vorsichtigen und umsichtigen Umgang damit. Ein Side-Dish, den es bei uns jetzt öfter geben wird.
Ful Medames mit grüner Chilisauce
Ful Medames wird im gesamten Nahen Osten zum Frühstück serviert, insbesondere aber in Ägypten und der Levante. Als Grundlage dienen immer Dicke Bohnen, gelegentlich sind noch Tahinsauce oder reichlich Kreuzkümmel und Zitrone dabei. Diese Variante mit einer würzigen Tomatenbasis ist so reichhaltig, dass man eigentlich nichts anderes dazu braucht. Wer keine Dosenware verwenden will, die dann noch enthülst werden sollte, denn die ledrige Haut ist kein richtiger Gaumenschmeichler, kann die Bohnen getrocknet, enthülst und halbiert als Fava-Bohnen in griechischen oder türkischen Geschäften kaufen. Macht Sinn und fand ich gut! Die grüne Chilisauce wird runder durch den hinzugegebenen Apfelessig, den klassische Rezepte auslassen. Gerne wieder so! Und ja der Salztrick funktiert ebenfalls 1A beim Röstzwiebel-Topping!
Fazit: Rezept meets Funk – eine Küchenstrategie für viele Gelegenheiten!
Yotam Ottolenghi ist vielen seiner Kollegen weit voraus, seine Kochbücher „Shelf Love“ und „Extra Good Things“ sind längst keine reinen Rezeptbücher mehr. Es geht bei OTK neben spannenden Knaller-Rezepten, um viele, viele Möglichkeiten zum lustvollen hocharomatischen Pimpen. Süße Klassiker oder weniger bekannte Techniken wie confieren werden zudem kreativ wiederbelebt. Wer noch mehr Unterstützung möchte, profitiert außerdem von OTK’s Youtube-Kochschule, die aus diesem Kochbuch einen fundierten Kochkurs mit viel Kreativität macht. Der flexible Einband, das handliche Format passen perfekt zu einem Konzept, dass sich für seine Nachkocher neben den spannenden Gaumenerlebnissen Mehrwert vorgenommen hat!