
Jamie Oliver: ONE Geniale One Pot Gerichte
Fotografien: David Loftus, Richard Clatworthy & Paul Stuart
Preis: 29,95 €
One-Pot á la Jamie!
Ganze 26 Kochbücher hat der britische Fernsehkoch bislang veröffentlicht, erstaunlich, dass er erst spät mit einem One-Pot-Kochbuch nachlegt. Der Hype um die Küche in einem Topf ist längst abgeebbt und ich frage mich tatsächlich, was gibt es denn noch Neues dazu zu erzählen und wo kann Mr. Oliver bei diesem Thema noch punkten?
Was ist drin?
Wenn der Engländer und sein Team Rezepte entwickeln geht es neben ihrem erklärten ersten Ziel dem Geschmack immer auch um viel Alltagstauglichkeit, wie in seinen anderen Kochbüchern kombiniert er wieder beliebte Zutaten mit einfachen Zubereitungstechniken und lässt sich dabei von fremden Kochtöpfen inspirieren. Für die Jeden-Tag-Kocher, die der Brite schon seit Jahren umgarnt, ist diese Herangehensweise ebenso verlockend wie nützlich.
Einfache Beschaffung und abkürzende Geschmacksverstärker inklusive
Die Zutaten für die meisten seiner Rezepte gibt es in jedem gut sortierten Supermarkt, häufig mit Geschmacks-Booster durch käuflich zu erwerbende Pestos, Curry-Pasten & Co., damit es schneller und einfacher geht. In Deutschland wissen wir längst, dass wir uns hier und da auf abweichende Produktwelten zum britischen Supermarkt-Kosmos einstellen sollten und manchmal Reste bleiben werden. Je nach Zeit-Budget und Lage erlaube ich mir dann schon mal die Google-Recherche, um sowas nachzubauen. Jamie Olivers Rezepte sind jedoch immer mehr als die Summe seiner Küchen-Abkürzungen, das stellen alle diejenigen schnell fest, die weniger Zeit zum Kochen haben oder wie ich, den Aufwand für ein leckeres Essen durchaus mal reduzieren möchten. Eine umsichtige und pfiffige Rezept-Entwicklung, die ihre Zielgruppe sehr genau im Blick hat, ist eine Dienstleistung, die leider viele Kochbücher nicht anbieten. Jamie hat für sich nur einen ganz anderen Weg als sein ebenfalls berühmter Kollege Yotam Ottolenghi gewählt, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Ein klares sehr übersichtliches und benutzerfreundliche Layout, keine langen Zutatenlisten oder Zubereitungs-Beschreibungen, fordern vom Autor ein vorausschauendes Konzept plus einer stringente Herangehensweise und eine Fan-Base ein, die dieser akribisch folgt, keine weiteren Fragen hat.
„ONE ist das benutzerfreundlichste Kochbuch, das ich je geschrieben habe, und ich habe es mit Begeisterung geschrieben und getestet. Bequemlichkeit ist heutzutage ein wichtiger Faktor, und letztendlich zelebrieren die Rezepte in ONE die Einfachheit!“ – Jamie Oliver
Weil Oliver sich bei seinem 26. Kochbuch wieder vorgenommen hat zu zeigen, wie eine gesündere Alltagsküche funktioniert, werden selbstverständlich zu jedem Rezept die Nährwerte ausgewiesen, setzt er auf viel Gemüse und Hülsenfrüchte in seinen Rezepten. Ein praktischer Nebeneffekt dabei ist, dass Bohnen, Kichererbsen u. Linsen bei vergleichsweise wenigen Zutaten, schnell für geschmackliche Tiefe (z. B. bei der wirklich sehr leckeren und cremigen Kürbissuppe) sorgen. Ich stelle ebenfalls fest, dass er die Brathähnchen, die er bereits in anderen seiner Kochbücher vielfältig zubereitet hat, hier durch Teilstücke vom Huhn (z. B. geschmorte Hähnchenkeulen mit Räucherspeck, Thymian, Rotwein, Tomaten & weißen Bohnen), ersetzt. Außerdem bietet er in „ONE“ insgesamt 5 verschiedene Shakshuka-Versionen (z. B. Shakshuka mit Champignons oder Fenchel-Sardinen-Shakshuka) an, die jedoch sehr unterschiedlich sind und die Idee einer One-Pot-Küche gut tragen und unterstützen. Soweit passt für mich wieder alles!
Das übersichtliche Angebot an unterschiedlichen Burger-Rezepten, inklusive Optionen mit Gemüse (gefüllte Gemüse-Burger oder Maisküchlein), Fisch (Fischbrötchen mit Garnelencocktail, Zitrone & Romanasalat) und Huhn (knusprige PirPiri-Hähnchen-Burger) hätte ich persönlich nicht dringend gebraucht und bei Jamies kleiner Auswahl an Süßem, ist nicht alles meins, vermutlich werde hier und da den Zucker (Honig-Orangen-Blechkuchen) reduzieren.
Jamies Konzept für One-Pot punktet mit durchdachten Zubereitungen….
Neu ist, dass Mr. Oliver alles sehr konsequent durch die »Ein-Topf-Brille « beleuchtet hat. Ich konnte diese Vorgehensweise bei „Buddys Nudelauflauf“ leider nicht ganz durchalten. Bei einem Rezept für 12 Personen, fehlte mir einfach ein entsprechend großer, flacher ofenfester Topf, um nur mit dem Topf auszukommen, in dem zuvor Brokkoli, Knoblauch und Chiliflocken angeschwitzt wurden. Ansonsten war ich aber bei diesem zunächst recht wenig spektakulärem Rezept beeindruckt, das jeder Handgriff total überlegt war, die Nudeln müssen nicht mal vorgekocht werden, sondern garen in Milch (statt Sahne). Dadurch wird es sogar noch gesünder! Weils lecker geschmeckt hat, waren uns zwei Essern die großzügigen Reste sehr willkommen.
Einer richtig guten One-Pot-Pasta…..
Außerdem biegt Jamie mit einer neuen Zubereitungs-Idee für One-Pot-Pasta aus der Pfanne um die Ecke, an der er offenbar schon länger tüftelte. Geschmacklich und optisch gelingt ihm diese deutlich ansprechender und schmackhafter, als alles was ich vorher dazu gekocht habe! Dabei war ich zunächst gerade hier super kritisch, als ich festgestellt habe, dass er für seine One-Pot-Pasta frische fertige Lasagne-Platten verwendet, die er nach Belieben zu Recht schneidet. Für mich komplett neu, aber skeptisch war ich nur solange, bis ich beim Praxis-Check gemerkt habe, dass Jamies One-Pot-Pasta mit einer frischen Eier-Pasta perfekt gelingt und sehr viel appetitlicher aussieht. Diese Pasta-Rezepte hat der Brite auf eine Person runtergebrochen, für zwei Personen benötigt man die handelsübliche Verpackungseinheit von 250 g, die in meinen Supermarkt ca. 2 € kostete. Für eine größere Esser-Schar am Tisch wird das jedoch nur schlecht funktionieren.
Und kreativer Vorratsküche!
Quasi als Ausgleich erhalten die Familien-Kocher ein extra Kapitel „Vorratsküche“, dass ich ebenfalls für sehr gelungen halte, denn auf Vorrat kochen spart Zeit und Energie, kein unwichtiges Thema in diesen Tagen. Auf meiner Nachkoch-Liste steht noch ein unkompliziertes Süßkartoffel-Chili mit schwarzen Bohnen, Chipotle-Chili, Koriandergrün & Feta, dessen Reste ich (wieder ein Rezept für 12 Personen) 6 mal anders variieren und genießen kann. Sonst wird für 2, 4 oder mal 6 Personen gekocht.
Rezept-Check:
Tagliatelle mit Pilzen und Knoblauch
Wenn ich Kochbücher teste, möchte ich gerne die Rezepte probieren, für die das jeweilige Kochbuch steht und Jamies Verfahrensweise bei den One-Pot-Pasta-Rezepten ist wirklich neu, funktioniert jedoch mit Eier-Nudeln in der Pfanne richtig toll. – Außerdem überzeugt die Kombination aus Pilzen, Knoblauch, pfeffrigen Rucola und knackigen Walnüssen mit viel Geschmack! Den körnigen Frischkäse habe ich beim zweiten Mal gegen Creme-fraiche getauscht. In UK sind die Produkt-Welten anders und ich bin sicher, der Spezialist für leckere Jeden-Tag-Küche hätte nichts dagegen gehabt.
Pappardelle mit Wurst
Bei dieser One-Pan-Kombination wird Wurst-Brät mit Knoblauch u. Petersilienstängel angebraten, anschließend Fenchelsamen kurz untergerührt, mit Rotwein abgelöscht (verkochen lassen), dann werden passierte Tomaten, frische Pasta plus Wasser zugefügt. In ca. 4 Minuten, wenn die Sauce eingedickt ist und die Pasta die Flüssigkeit aufgenommen hat, ist diese herrlich würzige Pasta bereits servierfertig und kann mit gehackter Petersilie verfeinert werden!
Jamies Sohn Buddy kocht offenbar ebenfalls gerne, mit seinem Dad hat er einen feinen und überzeugend unkomplizierten, familientauglichen Nudelauflauf entwickelt, der auf Brokkoli, Spinat, Knoblauch, Chiliflocken, Cheddar und Knoblauch-Brösel als weitere Zutaten baut, sogar gesünder kann, Sahne wird durch Milch ersetzt. Bei der Zubereitung wird wirklich kein Handgriff zu viel gemacht, die Nudeln müssen nicht mal vorgekocht werden! Ich habe diesen Auflauf, der sich prima für die Vorratsküche eignet (12 Portionen), in einer separaten Auflaufform gebacken und da noch aufgeschnittenes Brot vom Vortag übrig war, habe die Knoblauchbrösel selbst hergestellt.
Kürbis, Borlotti-Bohnen und Rosmarin – daraus wird mit Jamie Olivers Unterstützung ein herrlich cremiger und sehr geschmackiger Eintopf, der sich fast von alleine kocht. Geröstetes Brot & Parmesan dazu und schon steht eine beglückende wärmende Mahlzeit auf dem Tisch. – Unbedingt wieder!
Fazit: Jamie legt bei One-Pot noch eine Schippe drauf!
Seine One-Pot-Pasta ist deutlich besser, als alles was ich dazu vorher probiert habe. Kleiner Wermutstropfen, diese Rezepte funktionieren optimal für 1 – 2 Personen. Dafür erhalten die Familienkocher leckere Vorratsküche, die immer wieder spannend neu kombiniert werden kann. Alle Rezepte, die ich probiert habe, waren praktisch, funktionierten sehr effektiv und konnten lecker! Wer aus gesundheitlichen Gründen auf Hülsenfrüchte verzichten sollte, muss sich dieses Kochbuch vielleicht noch mal genau anschauen, denn diese sind oft ein tragender Pfeiler in Olivers Geschmacks-Konzept mit reduzierten Zutatenlisten. Ganz egal ob man nun Fan ist, es sich gerne maximal einfach macht, dieses One-Pot-Kochbuch kann einem Trend-Thema neue Dimensionen eröffnen, die dann besonders nützlich sind, wenn man nicht lange in der Küche stehen möchte. Was wir sonst erst durch wiederholtes Kochen erreichen, hat hier schon eine intelligente Rezeptentwicklung für uns optimiert und sehr konsequent auf einen Topf, eine Pfanne, ein Blech ausgerichtet.