Hans Gerlach: Probier doch mal

Hans Gerlach: Probier doch mal

Lieblingsrezepte & Geschichten.

Aus der beliebten Kolumne des Süddeutsche Zeitung Magazins

Fotografie Food: Ewelina Bialoszewska & Hans Gerlach

Christian Brandstätter Verlag

Preis: 30,– €

Wer kocht kreativ und probiert gerne Neues?

© Ewelina Bialoszewska
/Brandstätter Verlag

Nach einer Kochlehre sammelte Hans Gerlach reichlich Erfahrungen als Koch in Zwei- und Drei-Sterne- Restaurants, studierte Architektur und spezialisierte sich schließlich darauf, die Zusammenhänge beim Kochen zu erforschen. Den Spaß an dieser Suche bringt der Kolumnist, Food-Fotograf und Kochbuchautor in seiner beliebten SZ-Magazin-Kolumne „Probier doch mal“ einem großen Publikum nahe.

Was ist drin?

Neue Ideen, Projekte u. Bewährtes mit Twist und Verstand zubereitet!

„Sie finden in diesem Buch neue Ideen neben Klassikern in einer zeitgemäßen Form. Neues probieren gibt dem Leben Sinn, manche Rezepte sind eher kleine Projekte, die unseren kulinarischen Horizont erweitern können. Viele Rezepte sind aber sehr einfach zuzubereiten.“ – Hans Gerlach.

Hans Gerlach ist ein neugieriger Koch und er liebt Küchen-Projekte genauso wie das was er damit Leckeres zaubern kann. Im ersten Kapitel listet er nicht nur seine Basics auf, sondern steht seinen Lesern mit all seiner Erfahrung bei der Herstellung dieser zur Seite. Kimchi aus Korea ist inzwischen eigentlich fast schon ein alter Hut, die meisten von uns verbinden damit nur die Variante mit fermentierten Chinakohl in einer ziemlich scharfen Würzpaste, viel Knoblauch und Ingwer. Nicht schlecht, aber schon ein bisschen brachial findet Gerlach! Er bevorzugt den bewährten Korea-Klassiker in neuem und kleineren Setting, seine Kimchi-Weiterentwicklungen mit Fenchel, Pfirsich und Kohlrabi oder aus Wassermelonenschalen setzen auf kürzere Fermentationszeiten und kleinere Mengen, auch weil aus seiner Erfahrung heraus, alle sehr lange milchsauer fermentierten Gemüse irgendwann ziemlich ähnlich schmecken und die Milchsäurevergärung es dann nur noch saurer werden lässt. Zusätzlich stellt mir der Profi seinen leckeren Chili-Crunch, ein perfektes Pesto mit Mandelmus (Perfektes Pesto u. Mozzarella-Kartoffeln), die japanische Furikake-Gewürzmischung und ein vielversprechendes Dukkah à la Uschi vor. Deutlich erkennbar ist für mich der Spass an neuen Kombinationen, die Expertise und die Freude an der Vermittlung von Küchen-Wissen, die Hans Gerlach in der Küche und bei der Rezeptentwicklung antreiben. Abgesehen vom Miso aus Kichererbsen (ein ambitionierteres Projekt, allerdings wird mit einem detailliertem Erfahrungsbericht nicht gespart!), sieht alles im Hobby-Bereich gut machbar aus und ist Mengen mäßig so angelegt, dass es beherrschbar bleibt. Beim Dukkah sollte man Spass am Verschenken von selbstgemachten haben. Kleinstmengen sind in der Gewürzproduktion oft kontra-produktiv, weil das Abmessen der Zutaten dann komplizierter werden kann.

 Alltagsküche im besten Sinne u. Basics aus eigner Herstellung und richtig gut erklärt!

Gerlach favorisiert neben neuen Geschmacks-Erfahrungen die Klassiker der Küche und er hat sich vorgenommen, diese sehr gut hinzukriegen, außerdem steht er auf Vorratshaltung, die Ressourcen schonend kann! Bei den allseits bekannten Rinder-Rouladen dokumentiert er jeden Schritt, der wichtig ist, damit sie perfekt gelingen. Die besten Spareribs garen bei ihm slow (3 Stunden mit 100 ° Grad Umluft im Backofen) und ein gutes Gulasch kocht er am liebsten in größerer Menge, der Rest wird eingekocht. Heute aus vielen verschiedenen Gründen wieder eine sehr zeitgemäße Herangehensweise und mir lieber als Gefriertruhen, in denen buchstäblich vieles verschwinden kann.

Kulinarische Wundertüte für neugierige Hobbyköche!

Im Gemüse-Kapitel finde ich Rainbow-Falafeln, bei denen praktischerweise nicht nur Kichererbsen erlaubt sind und den Salzzitronen-Joghurt dazu muss ich unbedingt probieren! Der Koch hinter dem Rezept denkt so kreativ wie praktisch (wir haben tatsächlich noch selbst eingelegte Salzzitronen vorrätig…). Die vegane Béarnaise mit feinem Gemüse von Seite 138 kommt genauso auf meine Nachkochliste, gleiches gilt für die magische Zitronen-Creme, die ganz ohne Gelatine als Bindemittel auskommt, sehr vielversprechend! Viele weitere Rezepte sind schnell und einfach zuzubereiten: Spaghetti-Pestonara (eine Kräuter würzige Carbonara mit viel Basilikum, mindestens so gut wie die mit Pancetta!) oder knusprige Kürbis-Rösti bereicherten unseren kulinarischen Alltag und die Zitronencreme merke ich mir gerne für besondere Gelegenheiten vor. Die Rezept-Einteilung folgt den klassischen Kategorien (Basics, Vorspeisen, Pasta, Fleisch, Gemüse, Süßes) und jedes Kapitel fühlt sich für mich wie eine gelungene kulinarische Wundertüte für neugierige Hobbyköche und Genießer an.

Zitronencreme mit Magie behind the scenes!

Probiert & Verputzt:

Waldorf-meets-Coleslaw-Sandwich, Rotkohl, Kräutersaitlinge, Rucola

© Ewelina Bialoszewska & Hans Gerlach/Brandstätter Verlag

Dieses Sandwich kann alles, was ein Krautsalat nie können wird, es wird richtig spannend, sowohl bei der Textur wie im Geschmack! Umami macht den Unterschied und das steckt in den glasierten Pilzen und einer cremigen Sauce mit Miso. Bunte Farben und Aromen dazu holt sich Hans Gerlach dann aus seinem erprobten Waldorfsalat-Coleslaw-Salat-Rezept: süß-säuerlicher Apfel, würziger Sellerie, leicht herbe Walnusskerne, süße Karotten und eine cremige Mayonnaise entpuppten sich als geschickt ausgewählte Begleiter. P.S. Durch die verschiedenen Komponenten hat bei mir die Zubereitung deutlich länger als 20 Minuten gebraucht, ich werde üben, denn dieses tolle Sandwich, das besonders meinen Mann begeistert hat, gibt es jetzt öfter und lohnt die Mühe unbedingt!

Kleine Kürbisrösti

Außen richtig schon knusprig, innen weich und saftig. Der Trick ist, die Kürbisstreifen mit einem etwas gröberen Mehl (hier Kichererbsenmehl) zu bestäuben und dann zu braten. Außerdem tut dies geschmacklich neben Muskat den Pflanzln richtig gut! Ich war leider zu feige, es ganz ohne Ei als Bindemittel zu probieren und möchte das unbedingt noch mal wagen – wieder ein tolle Keeper-Idee für die Alltagsküche!

Melonen-Pancetta-Rucola-Salat

© Ewelina Bialoszewska & Hans Gerlach/Brandstätter Verlag

Die Samen der Melone werfen wir meistens weg, dabei enthält das Gewebe um die Samen herum ein paar Löffel edelsten Melonensaft. Eine Prise Salz (oder Zucker) hilft dabei, die Zellen zu sprengen, um diesen Saft zu befreien. So lässt sich daraus eine feine, sehr schön fruchtige Sauce rühren! Zum Beispiel mit dem lauwarmen Fett von gebratenem Pancetta-Speck. In dieser Vinaigrette verbinden sich die Aromen von luftgetrocknetem „Prosciutto e Melone“ noch viel schöner, als wenn man einfach nur kalten Schinken auf Melonenspalten legt. Pancetta, die luftgetrocknete Speck-Variante aus Italien, erinnert im Aroma an Parma- und ähnliche Schinken, lässt sich aber sehr knusprig braten. Dadurch bekommt der herrliche Sommersalat außerdem noch eine zusätzliche Konsistenz – schmeckt hervorragend und ist ganz schnell gemacht!

Spaghetti-Pestonara

eine Kräuter würzige, sehr cremige Carbonara mit viel Basilikum, mindestens so gut wie die mit Pancetta, wir fanden dieses Pasta-Gericht deutlich besser!

Spargel-Linguine

© Ewelina Bialoszewska & Hans Gerlach/Brandstätter Verlag

Gut gemacht können Spaghetti aglio e olio für Liebhaber* innen eine sehr befriedigende Sache sein, Hans Gerlach fehlte es in der klassischen Zubereitung allerdings immer an Frische – mit einer Handvoll aromatischem Grün und mit zwei Bündeln Spargel dazu wird daraus jedoch ein sehr delikates Pasta-Gericht, findet er! Wir haben für uns herausgefunden, dass der feine Spargelgeschmack sich mit ein bisschen weniger Knoblauch besser entfalten kann. Bei uns war neben Spinat, Estragon am Start, für uns die perfekte Ergänzung zum Spargel-Aroma! Die Pasta ist sehr variabel und kommt je nach Laune und Geschmack alternativ mit einem Bund Spargel aus.

Fazit: Ein besonderes, erhellendes und sehr kreatives Kochbuch!

Hans Gerlach sagt von sich für seine kulinarische Kolumne in der SZ, hätte man ihn nicht zweimal bitten müssen! Neben Klassikern, häufig in einer zeitgemäßen und immer kreativen Abwandlung, soll man dort genauso neue Ideen finden. Ich möchte ergänzen, dieser Autor ist außerdem ein Koch, der seinen Lesern viele Erfahrungen und Entdeckungen zugänglich macht. Gerlach will mehr vermitteln als nur ein Rezept nach zu kochen, er holt uns ab und ermutigt ein wenig tiefer in die Materie einzusteigen. Heute pressen viele Verlage ihre Autoren inzwischen in sehr limitierte Layouts, so dass die Einleitungstexte praktisch verkümmern und nur auf ein Minimum an Genuss-Plattitüden verdichtet werden. Warum die Chance zur Wissensvermittlung bei gedruckten Kochbüchern immer noch gerne unter den Tisch gekehrt wird, bleibt mir wirklich ein Rätsel? Für mich sind Bücher geradezu dafür prädestiniert! Dieses in jedem Fall besonderes Kochbuch unterstützt unseren Mut zu Küchen-Projekten, weil man deutlich spürt, der Mann hinter jedem Rezept hat selbst viel Spaß daran und hat sich mit allem das er uns zeigt intensiv beschäftigt! Die vielen QR-Codes, die zu hübsch anzuschauenden geschmackvollen Rezept-Videos führen, ersetzen die Handlungsanweisungen für die Rezepte bewusst nicht, da spielt die Musik ausschließlich im gedruckten Buch und eigentlich ist mir das sehr sympathisch!

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