Jamie Oliver: 5 Zutaten mediterran

Jamie Oliver: 5 Zutaten mediterran

Einfach genial kochen

© Jamie Oliver Enterprises Limited (2023 5 ingredients Mediterranean),
Rezeptfotos: © David Loftus, 2023 / f. d. dt. Ausgabe DK Verlag

Dorling Kindersley Verlag

Preis: 29,95 €

Worum geht’s?

Kochen unter veränderten Bedingungen

Jedes Mal, wenn ich ein Kochbuch von Jamie Oliver in den Händen halte, muss ich schmunzeln, ich erinnere mich dann unverzüglich an ein Gespräch mit meinem Nachbarn vor vielen Jahren, als ich ihn gebeten hatte, mir Lasagne-Platten aus dem Supermarkt mitzubringen, die ich bei meinem Einkauf leider vergessen hatte. Damals hat der Gute sich tatsächlich nicht getraut, mir die schnelle Variante mitzubringen, die schon vorgekocht ist und hat extra für die Puristin in mir ein weiteres Geschäft aufgesucht. Mein Lieblings-Nachbar lag damit goldrichtig, es wäre mir zu der Zeit nicht in den Sinn gekommen, eine solche Abkürzung zu nehmen, heute hat sich meine Einstellung zum Kochen – wie bei vielen – je nach Zeit-Budget verändert. Ich habe ganz sicher nicht weniger Zeit als früher, aber mein Alltag ist dichter geworden, ich will viel mehr in einem Tag unterbringen und damit scheine ich tatsächlich nicht allein zu sein……

Cleverness, Umsicht und Fantasie!

© Chris Terry

Wenn Jamie Oliver in seiner Einleitung davon spricht, dass noch nie so wenig gekocht wurde wie heute, hat er damit natürlich Recht! Seine Antwort auf diese Entwicklung ist der Versuch mit Cleverness, Umsicht und Fantasie, die Menschen wieder in ihre Küche zu locken.

Take 5 fürs Mittelmeer

Maximale Verdichtung ist für den Engländer nichts Neues, bevor er sich auf seine Reise in mediterranes Terrain lediglich mit 5 Zutaten und einem kleinen Plus (Olivenöl/nativ oder zum Garen, Rotweinessig, Salz, Pfeffer sollten wir bereits im Vorratsschrank haben) im Gepäck begeben hat, hat Jamie schon einmal ein 5-Zutaten- Kochbuch veröffentlicht, Jamies 5-Zutaten-Küche ist bereits 2017 erschienen und gilt als eines der erfolgreichsten Kochbücher aus dem Hause Oliver. 2017 war ich der Meinung, dass ich dieses Kochbuch nicht brauche, 2019 nachdem ich es von einer Freundin geliehen hatte, habe ich es mir kurzerhand auch bestellt.

Hingabe und Erfahrung ergänzt durch intelligenten Lösungen

Mittelmeerküche ist für viele Urlaubsküche, sie soll uns schnell und direkt an die schönste Zeit des Jahres erinnern, für sich nimmt die tradierte Küche Schlichtheit, Hingabe, Herzblut, Genuss, Freude und viel Geschmack in Anspruch. Mit dieser Gegenüberstellung der Ansprüche von heute ans Kochen und dem was eine Küche noch immer sein möchte, scheint ein unüberwindbarer Widerspruch vorprogrammiert zu sein. Wenn man praktischerweise zusätzlich das Angebot des örtlichen Supermarkts im Blick behalten will, werfen vermutlich die allermeisten Kochbuch-Autoren schnell das Handtuch! Für Jamie Oliver und sein Team ist es eine bekannte Spielwiese, deren Herausforderungen, sie mit ihrer Rezept-Entwicklung und Probier-Sessions entgegentreten. Erlaubt ist beim Engländer vieles, was andere von vorherrein kategorisch ausschließen: beim Salat mit saftigem Halloumi, Pfirsichen und marinierter Gurke tummelt sich neben der praktischen Portion fertigem Blattsalat schon mal Dosenpfirsich und beim Salat mit gerösteten Okras, wird ohne viel Aufhebens ein Trick angewendet, mit dem diese garantiert nicht schleimig werden, scharf anrösten funktioniert perfekt! Und so kochen Jamie und sein Team sich von Kategorie zu Kategorie, bieten neben Salaten, Suppen, Pasta, Gemüse, Fisch, Geflügel & Fleisch und Süßes vielfältig und mediterran interpretiert an. Die Auswahl an Rezepten ist wie immer sehr groß und wählt bewusst eine große geographische Streuung.

„Wenn ich ein auf praktikable Lösungen zugeschnittenes Buch wie dieses schreibe, habe ich immer die Leser im Hinterkopf – also Sie. Ich möchte Sie an die Hand nehmen, um Ihnen zu zeigen, wie man im Alltag mit minimalem Aufwand originelle Gerichte zaubert.“
– Jamie Oliver

Bei uns hat Mr. Oliver mit einem leckeren Rucola-Pesto gleich beim ersten probierten Rezept ins Schwarze getroffen. Es war nicht das erste Pesto meines Lebens, wie könnte es bei der Anzahl an Kochbücher, die sich in meiner Bibliothek befinden. Das Pesto verstand mit Frische (Zitronenschale und-saft sei Dank!), Geschmack und Twist zu punkten, die sizilianische Variante aus dem Hause Oliver tauscht die herkömmlichen Pinienkerne gegen Pistazien aus. Es hat uns so gut geschmeckt, dass das Pasta-Gericht schnell wieder auf dem Tisch stand, angenehm ebenfalls, der Einkauf dafür lässt sich unkompliziert im Supermarkt um die Ecke erledigen. Mit Zitronensaft sind wir ein bisschen vorsichtiger gewesen.

Praktische Zugaben und Mittelmeer-Feeling inklusive

Wie in jedem Jamie Oliver Kochbuch, gehören Nährwertangaben zu jedem Rezept dazu: 70 % aller Ideen (bis auf das Kapitel „Süßes“) entsprechen den modernen Leitlinien für eine gesunde Ernährung. Gemüse spielt dabei eine größere Rolle und alles lässt sich vielfältig miteinander zu vollwertigen Mahlzeiten kombinieren. Wie immer ist es Jamie Oliver wichtig, dass Zutaten wie Eier, Fisch oder Fleisch aus nachhaltigen Quellen kommen und das Tierwohl respektiert wird.

Zutaten-Fotos unterstützen unsere ausgeprägte visuelle Wahrnehmung perfekt und wer sich direkt Mittelmeer-Feeling nach Hause holen möchte, kann mit Jamie lauter schöne Plätze am Mittelmeer besuchen und vorzüglich genießen – bitte hier entlang…..

Probierte Rezepte:

Champignonsuppe

© Jamie Oliver Enterprises Limited (2023 5 ingredients Mediterranean), Rezeptfotos: © David Loftus 

Wir lieben Pilze und haben das große Glück im Herbst bei uns im Wald immer fündig zu werden. Wer hätte gedacht, dass ein eine Pilzsuppe mit Champignons aus dem Supermarkt ebenfalls eine schöne Tiefe entwickeln kann, wenn dafür ein Teil der Pilze zusammen im Ofen geröstet werden. Ein Hack von Jamie Oliver, den wir gerne übernehmen, wenn der Wald nicht liefern kann!

Gerösteter Rosenkohl

Rosenkohl mit Röstaromen und kombiniert mit einem frischen Zitronen-Parmesan-Joghurt. Beim zweiten Durchlauf habe ich den Rosenkohl kurz blanchiert und werde dies für weitere Wiederholungen beibehalten. Super einfach und wohlschmeckend, ohne zu beschweren. Mit Sauerteig-Croutons sind wir zu zweit von einer 4er-Portion gut satt geworden, Röstkartoffeln passen sicherlich ebenfalls sehr gut dazu.

Gerösteter Blumenkohl

© Jamie Oliver Enterprises Limited (2023 5 ingredients Mediterranean), Rezeptfotos: © David Loftus 

Toll angerichtet, stattliche geröstete Blumenkohl-Scheiben werden auf einer würzigen Knoblauch-Mandel-Paprika-Sauce drapiert – ein echter Hingucker und sehr delikat! Der Klassiker aus Katalonien (Romesco-Sauce) wird dort häufig mit getrockneten Paprikaschoten zubereitet, Jamies-Variation macht das Gericht mit Röst-Paprika aus dem Glas deutlich zugänglicher.

Zarte, rauchige Auberginen

werden mit einem seidigen Hummus kombiniert, bei dem der Hummus ohne Tahin auskommt, stattdessen werden angeröstete Sesamsamen mit Kichererbsen, Zitrone und 2 Esslöffeln natives Olivenöl püriert. Die Oliver-Version des im arabischen Raum beliebten Gerichts (Baba Ghanoush) ist deutlich leichter als das klassische Auberginen-Püree. Mein Mann fand die Kombi toll, auch wegen der knackigen Radieschen als Kontrast dazu und den geschickt kombinierten unterschiedlichen Texturen. Außerdem gibt es tatsächlich beim Tahin-Angebot große Qualitäts-Unterschiede, ich habe im Supermarkt leider nicht meinen Favoriten gefunden.

Wir haben zu zweit eigentlich immer die 4er Portion verdrückt, die Rezepte im Kochbuch lassen sich ebenfalls schön miteinander kombinieren, der folgende Käsekuchen ist indes üppig-cremig.

Käsekuchen

© Jamie Oliver Enterprises Limited (2023 5 ingredients Mediterranean), Rezeptfotos: © David Loftus 

Wieder was gelernt, damit die Kuchendecke keine Risse bekommt, bäckt Jamie Oliver seinen Käsekuchen im Wasserbad, die Vorgehensweise ist anlog zur Zubereitung beim amerikanischen Cheesecake. Dazu wird die mit Alufolie ummantelte Springform in eine mit heißem Wasser gefüllte, ofenfeste Form (alternativ tiefes Backblech) gestellt. Der Käsekuchen ist lecker und schnell gemacht, sollte dann jedoch noch für mindestens 4 Stunden gut durchkühlen. Leider ist es mir nicht geglückt, die Backform ganz perfekt abzudichten. Geschmacklich und optisch hatte dies keine Auswirkungen. Beim nächsten Mal werde ich es mit einem Wasserschälchen im Ofen probieren, das schlagen viele Cheesecake-Rezepte inzwischen vor.

Fazit: Mittelmeer-Genuss so einfach und so schnell wie möglich!

Jamie Oliver ist für mich der König der Verdichtung und Optimierung in der Küche, niemand hat so gut wie er erkannt, dass man entweder akzeptiert, dass die Menschen nicht mehr viel kochen oder ihnen mit alltagstauglichen Rezepten zur Seite stehen muss. Etwas das aber nur mit einer engagierten und kreativen Rezept-Schmiede funktioniert und einzelne Autoren ohne Teams gar nicht leisten können. Wenn man jedoch ganz generell auf die Zutatenlisten von Kochbüchern von heute schaut, ist es längst eine Herangehensweise, die viele andere Autoren inzwischen übernommen haben, weil wir alle immer weniger Zeit und Geduld für lange Küchen-Sessions haben. Wenngleich die meisten Kochbücher nicht bis auf 5 Zutaten plus Essentials reduzieren, weil der Schwierigkeitsgrad für die Rezeptentwicklung mit jeder Zutat weniger, beträchtlich ansteigt. Unter diesem Stresstest, geht es nicht mehr um das „the one and only Geschmacks-Erlebnis“, sondern um ein leckeres Gericht das jeden Tag möglich ist und mit Cleverness, Umsicht und Fantasie das bestmögliche dabei herausholt, ohne dass wir dafür ewig in der Küche stehen müssen! Die kulinarische Einladung des Engländers ans Mittelmeer, tut der tradierten Küche gut und ermutigt Anfänger mit optimierten Rezepten, nach dem Urlaub die Taverna in die eigene Küche zu verlagern, hat sogar noch ein paar Hacks für erfahrene Köchinnen und Köche im Angebot, auf die ich nie allein gekommen wäre, Pilze im Ofen an zu rösten wirkt Wunder für den Geschmack! Mein Mann und ich waren total verblüfft, dass es für eine cremige Pilzsuppe mit deutlichem Pilz-Aroma nicht immer Steinpilze braucht.

Agnes Prus: Naschmittag

Agnes Prus: Naschmittag

Fotos: Yelda Yilmaz

DuMont Buchverlag GmbH & Co. KG

Preis: 28,– €

Worum geht’s?

Backen heute oder was Ihr wollt!

Meine Mama und meine Oma konnten sich beim Backen noch auf vieles verlassen: bewährte Rezepte, eigenes Können und Geschmäcker, die relativ homogen waren. Seitdem ist viel passiert kein Genre im Kochbuch-Bereich hat in den letzten 20 Jahren mehr Veränderung zu spüren bekommen. Veganer, fordern bei den Zutaten radikal zum Umdenken auf, Zeit wird immer knapper und Familien, die im Handumdrehen am Wochenende ganze Kuchenbleche verputzen, gibt es längst nicht mehr! Dazu gesellen sich Backmuffel und Unerfahrene, die nach einem geling sicheren Rezept für ihren Sonntagskuchen suchen. Die Zeit scheint reif zu sein, auf all das mit neuen Rezepten mit Twist zu antworten und nebenbei die Master-Rezepte für Käsekuchen & Co. gleich mitzuliefern.

Wie sieht es aus?

Elegante Natürlichkeit…..

Ich gebe zu, ich bin kein großer Fan von Coffee-Table-Büchern, vielleicht liegt es daran, dass Bücher für mich immer mehr waren…. Ich liebe schöne Dinge, schätze bei jedem Kochbuch jedoch die Möglichkeiten, die es mir eröffnet, etwas Neues zu lernen, noch mehr. Als ich „Naschmittag“ das erste Mal in den Händen hielt, war mein erste Eindruck, schick und apart ist es geworden: Eine Goldprägung trennt den bewährten Napfkuchen des Covers von seinem matt-pudrigen Passepartout. Dieses apart schöne Kochbuch versteht offenbar etwas von Grandezza, denn nichts an seinem äußeren Auftritt ist trotz eines sichtbaren Hang zur Eleganz, für mich over done. Das klare Layout des Backbuchs unterstreicht den Eindruck sogar noch.

Wer backt u. wer fotografiert?

© Jennifer Braun

Agnes Prus liebt gesellige Nachmittage mit Kaffee, Kuchen und Gebäck. Inspiration für ihre Backideen findet sie in den Kuchentheken der Länder dieser Welt. Sie lebt in Köln, entwickelt und optimiert Rezepte für Bücher, Printmagazine und Websites und arbeitet als Foodstylistin.

© Yelda Yilmaz

Yelda Yilmaz ist studierte Fotografin und arbeitet in Hamburg als Freelancerin für diverse Magazine. Sie setzt den kleinsten Keks ebenso wie grandiose Torten gekonnt in Szene und fängt stets die richtige Stimmung ein. Yelda hat zwei eigene Kochbücher verfasst und leitet Koch- und Backkurse.

Was ist drin?

Erfahrung und Pragmatismus!

„Um etwas Leckeres zu backen, braucht man weder eine perfekt ausgestattete Profiküche noch einen Vorratsschrank voller extravaganter Zutaten.“
– Agnes Prus

„Richtig gut backen“, das wünschen sich viele, damit das perfekt klappt, reicht es nicht aus, nur ein gutes Rezept zu haben, mehr als bei anderen Küchen-Disziplinen zählt beim Backen Erfahrung! Und die hat die Kölnerin mit Café-Vergangenheit sehr reichlich. Agnes Prus empfiehlt in ihrem Einführungs-Kapitel neben einer Grundausstattung bestehend aus zwei Rührschüsseln, einem Rührgerät, einer Waage noch weitere gut ausgewählte Helfer, bevor sie auf die wichtigsten Grundzutaten kurz eingeht.

Die versierte Expertin lässt stets durchblicken, sie denkt praktisch, rät mir zu einem Backofen-Thermometer, mit ich die Ofen-Temperatur überprüfen und im Bedarfs-Fall korrigieren kann, den Silikonspatel um die Rührschüssel restlos auszukratzen habe ich schon. Eine 20er Springform mit 8 cm Höhe habe ich mir auf Anraten aus Köln allerdings sehr gerne zugelegt, 8 – 10 Kuchen- oder Tortenstücke reichen für den Bedarf an Wochenend-Kuchen für einen 2-Personen-Haushalt komplett aus. Sollte ich ausnahmsweise für eine größere Schar backen wollen, hilft mir der übersichtliche Backformen-Rechner auf Seite 11 jedes Rezept entsprechend anzupassen. Aus allen Erklärungen und Empfehlungen spricht neben sehr viel Erfahrung immer gesunder Pragmatismus: Von schönen Keramikschüsseln, mit denen sich manche Instagram-Bäckerinnen inszenieren, hält Frau Prus absolut nichts, zu schwer zu zerbrechlich und in null Komma nichts durch moderne Gadgets (elektrische Rührbesen) unschön verkratzt lautet ihr ehrliches Urteil!

Die Mischung machts!

Wie sieht es jetzt mit den Rezepten aus, gibt es was Neues und was ist mit den unverzichtbaren All-Time-Klassikern, werden wirklich alle Kategorien versorgt, können Veganer ebenso an der Kaffee-Tafel Platz nehmen, welche Formen und Mengen werden favorisiert und dürfen Gewürze und Backwerk aus aller Welt ebenfalls mitmischen?

einfach gute Kuchen…….

Den Anfang macht Backwerk, das jeden Tag ein bisschen süßer macht, es ist für ganz normale Wochentage gedacht, kann schnell und einfach gebacken werden, lässt sich toll vorbereiten und bleibt lange frisch. Wie wäre es mit einem bewährtem Zitronenkuchen, (Seite 17), für den eine mittlere Kastenform (25 × 11 cm) passend ist, einem Lieblings-Schokokuchen mit Zartbitter-Ganache (Seite 47), in einer Standard-Springform (26 cm Ø), gebacken und der sehr verführerisch aussieht, ohne dass dieses Rezept zu kompliziert klingt. Yelda, ist nicht nur die Fotografin dieses schönen und modernen Backbuchs, sondern außerdem Expertin für veganes Backwerk, sie steuert z. B. vegane Marmorküchlein (Seite 31) bei, die in 6 Mini-Kastenformen (11 × 6 cm) gebacken werden, und empfiehlt für ihr veganes Baklava (Seite 36), einen dünnen Yufka-Teig im türkischen Laden zu besorgen. Ob der Yufka-Teig tatsächlich für die Baklava-Produktion geeignet ist, sollte schon auf der Packung erkennbar sein, erklärt die Hamburgerin mit türkischen Wurzeln.

Kleines Gebäck für zwischendurch……

Wer Süßes auf die Hand liebt, kann diese Vorliebe in „Naschmittag“ z. B. mit Lütticher Waffeln mit Zimtkirschen (Seite 58) ausleben oder den Klassiker Nussecken mit Schokolade (Seite 66) nach einem bewährten Familien-Rezept von Agnes Schwägerin Tanja nach backen.

Keines der Rezepte kommt ohne ein paar einleitende Worte um die Ecke, die nicht nur Lust auf mehr machen, sondern ebenfalls nützliche Tipps zum Gelingen transportieren: Für die Waffeln von unseren belgischen Nachbarn verwenden diese traditionell Perlzucker, dessen grobe Körnung sorgt dafür, dass er sich nicht im fast ungesüßten Teig auflöst, sondern beim Backen karamellisiert. Weil die spezielle Zuckersorte bei uns kaum erhältlich ist, rät uns Agnes Prus stattdessen Hagelzucker zu verwenden.

Für die Kaffeetafel und ausgefallenes Gebäck für den großen Auftritt

Für alle, die es am Kaffeetisch klassisch mögen, hat die Kölnerin einen gedeckten Apfelkuchen (Seite 135), Bienenstich (Seite 119), eine Zitronen-Biskuitrolle (Seite 113) zur Auswahl. Spektakulärer wird es im finalen Kapitel „Slow-Baking“ mit Himmelstorte mit Rhabarber und Himbeeren (Seite 141), einer sonnigen Mango-Maracuja-Babka (Seite 157), einem kroatischen Nussstrudel (Seite 161) und einem veganen Millionaires Shortbread (Seite 171).

Probiert & Verputzt:

Klassischer Käsekuchen

© 2023 Naschmittag
Foto: Yelda Yilmaz

Hinter diesem tollen Rezept verbergen sich gleich mehre Kniffe, die diesen Käsekuchen perfekt machen: durch Sahne und Pflanzenöl im Teig, wird er extra fluffig und sehr cremig, besonders weil die Masse zusätzlich aufgeschlagen wird, der Kuchen schmeckt außerdem schön nach Vanille! Dadurch dass die Masse nach 25 Minuten am Rand mit einem Messer vom Teig gelöst wird, fällt der Kuchen nach dem Backen nur minimal zusammen, wenn man ihn – wie Agnes empfiehlt – zusätzlich noch im Ofen abkühlen lässt. Mehr muss man nicht wissen, wenn man sich bei Family & Friends mit dem ultimativen Käsekuchen verewigen möchte!

Monkey Bread mit Rum-Karamell

© 2023 Naschmittag
Foto: Yelda Yilmaz

Das Monkey-Bread ist easy zu backen und es machte viel Spaß, die Hefeteig-Bällchen erst kurz durch die Rum-Butter zu ziehen, bevor diese dann in Zimt-Zucker gerollt werden, anschließend wandert Bällchen für Bällen in eine Gugelhupf-Form. Je kleiner die Bällchen werden, desto süßer wird das Ganze, entsprechend natürlich der Verbrauch für die Zuckermischung. Eigentlich logisch, aber noch besser, es gleich beim ersten Versuch von der Autorin vergegenwärtigt zu bekommen. Mein Ofen scheint besonders gut zu heizen, ich habe den Kuchen gerade noch rechtzeitig abdecken können und empfehle, das Backwerk gut im Auge zu behalten! Toll, dass Agnes Prus in ihrem Rezept darauf schon hinweist. Ich hatte dieses Rezept zunächst gar nicht auf dem Zettel, wir hätten dann jedoch definitiv was ziemlich Köstliches verpasst! Der Clou ist das Zimt-Rum-Aroma, dass sich perfekt mit indischen Garam Masala versteht und schon beim Backen die ganze Wohnung unwiderstehlich parfümiert. Sehr gerne wieder und dann vielleicht in Begleitung der als Variante vorgeschlagenen zusätzlichen Rum-Karamell-Sauce, wenn man es süß mag!

Zwetschgenkuchen mit Zimtschneckenboden

© 2023 Naschmittag
Foto: Yelda Yilmaz

Ein Traum-Pflaumen-Kuchen, bei dem der Boden aus kleinen Hefe-Zimtschnecken besteht, was für eine geniale Idee! Mit ein bisschen Mühe und der wieder sehr gut strukturierten Anleitung der Autorin ebenfalls von nicht so geübten Bäckerinnen meisterbar. Der Zwetschgenkuchen mit Zimtschneckenboden ist der Hit, unbedingt probieren!

Birnentarte mit Vanille und gebrannten Mandeln

Ein herrliches Backwerk: Birnen-Tarte mit einem Rand aus zerstoßenen gebrannten Mandeln, bitte wie großartig ist das denn? Die Krone für den Traumkuchen muss sich bei mir jetzt der Zwetschgenkuchen mit Zimtschneckenboden mit der Birnentarte aus der Bäckerei Prus teilen! Zwei Unterschiede möchte ich machen, die Tarte erfordert Einsatz, die Karamell-Mandeln werden selbst hergestellt und süß sollte man es auch mögen. Für mich aber ganz großes Back-Kino!

Fazit: Gute Klassiker-Rezepturen und viele Traumkuchen, die sogar Fernweh stillen können!

Am Backofen läuft Agnes Prus zur Höchstform auf und zeigt, sie kann mit ihrer großen Erfahrung ungeübte Bäckerinnen so an die Hand nehmen, dass es endlich mit Käsekuchen & Co. in Bestform klappt! Erfahrene Backofen-Nutzer freuen sich über viele neue tolle neue Ideen für die Kaffee-Tafel, die es alle nicht beim Lieblingsbäcker gibt und bei denen die Frage nach dem Rezept keine Seltenheit sein wird, weil vieles großes Back-Kino ist! Neben der schicken Optik mag ich die pragmatische Herangehensweise der Autorin, die ebenfalls Veganer zum Naschen einlädt und ihre köstlichen Rezepte mit viel Twist neuen Gegebenheiten sehr variabel und unkompliziert (Backformen-Rechner) anpassen kann. Ich habe für selbstgebackenen Kuchen noch sie so viele Komplimente bekommen, wie für die, die ich nach einem Rezept von Agnes gebacken habe. Mein Mann liebt den klassischen Käsekuchen, meine Schwiegermutter schwärmt für den Zwetschgenkuchen mit Zimtschneckenboden und mich hat die Birnentarte mit Vanille und einem Rand aus gebrannten Mandeln regelrecht umgehauen, auch wenn sie ein wenig Zeit eingefordert hat.

Sara Shawkat: Noomi

Sara Shawkat: Noomi

Eine inspirierende Reise durch die Küche des Iraks

Fotos: Elza Jo Tratlehner

Riva Verlag

Preis: 25,– €

Wer ist die Autorin?

© Elza Jo Tratlehner

Sara Shawkat wurde in Bagdad geboren. Sie schloss ihren Master of Science in Sozialer Psychologie ab, veranstaltet kulinarische Events und arbeitet als Food-Editorin. Heute lebt sie in Amsterdam. Im Laufe ihrer Suche danach, was Irakisch sein für Sie bedeutet, wurde Sara bewusst, wie wichtig ihr die Küche ihres Heimatlandes ist. Mit der irakischen Kultur hat sie öfter gehadert, auf die irakische Küche ist sie jedoch immer stolz gewesen.

„Ich habe mich immer mit Essen beschäftigt, kochte aber im Grunde kaum irakisch. Lange war ich der Meinung, alles, was ich zubereiten würde, wäre doch nur ein schwacher Abklatsch dessen, was meine Mutter auf den Tisch stellt. Für mich bedeutete irakisches Essen einfach Zuhause, nicht etwas, das ich mit nicht arabischen Menschen teilen konnte“.  – Sara Shawkat

Typisch irakisch!

Saras Schwester Noor sah sich spätestens mit der Anerkennung der Amsterdamer Food-Szene für das Erfrischungs-Getränk Noomi Basra, dass diese eigens für die Community kreierte und eifrig mit ihrem Lasten-Fahrrad durch Amsterdam karrte, darin bestätigt, dass es in der Küche ihres Heimatlandes noch viele Schätze zu entdecken gibt! Noomi ist übrigens eine sonnengetrocknete Limette, die in der irakischen Küche eine große Rolle spielt und nach ihrer Überfahrt von Indien in Basra der irakischen Hafenstadt an Land geht. Die Gemeinsamkeiten zwischen persischer und irakischer Küche werden damit deutlich sichtbar, während der kurdisch dominierte Norden mit seinen Spezialitäten stark an die syrische Küche erinnert.

Was ist drin?

Klassik und Moderne Hand in Hand

Shawkat legt bei ihrer Einladung an die irakische Tafel viel Wert, auf die nötige Sorgfalt und die Liebe zum Detail, die jede tradierte Küche benötigt und spart nicht mit einer guten Warenkunde und vielen Einkaufs-Tipps. Die Sortierung der Rezepte folgt den irakischen Vorlieben. Zum Frühstück gibt es bspw. eingelegte Joghurtbällchen mit getrockneter Limette u. Za’atar, es werden Eintöpfe & Suppen gekocht, die sehr gut vegetarisch können (Granatapfel-Walnuss-Eintopf), es gibt einen typischen Dillreis mit dicken Bohnen, Süßspeisen (Grießkekse), Getränke (Hibiskus-Eistee, Kurkuma-Rosen-Limonade) und die allseits beliebten Klassiker (Kibbeh) der arabischen Welt, die sich im Irak häufig mit einer eigenen Nuance etabliert haben. Außerdem gibt es leckere Dips und Cremes zum Brot (Za’atar-Fladenbrotchips). Angenehm ist, dass wir dabei von Sara Shawkat lernen können, was den Irakern bei allen Speisen, wirklich wichtig ist. Würzmischungen (Baharat – ein Gewürz-Pulver bestehend aus sieben Gewürzen) u. -soßen (Amba – eine vollmundige Mango-Bockshornklee-Sauce) runden ein Angebot ab, dies schon andeutet, Klassik und Moderne reichen sich in diesem Kochbuch für uns einvernehmlich und gekonnt die Hand (Pilz-Schwarma).

Heimat ja, aber Klischees no way!

Das Noomi-Kochbuch widersteht geschickt der Heimat-Romantik-Falle, in die viele Kochbuch-Autoren nur zu gerne tappen und zeigt stattdessen gerne und häufig zwei junge moderne Frauen, die ihre irakische Küche möglichst so zu uns nach Hause bringen wollen, wie die beiden Wahl-Niederländerinnen diese selbst zu Hause erlebt haben: vielfaltig, üppig und perfektionistisch. Die Autorin hat dabei den Schalk im Nacken und rät in ihrem Schnellkurs in Sachen „vorlaut auf irakisch“: Schwiegermüttern und anderen anerkannten Köchinnen im Familienverbund einfach mal „Tabuka“ zu entgegen, wenn die Sprache auf ihre Kibbeh (Klöße aus Bulgur, die mit Hackfleisch und Zwiebeln durch den Fleischwolf gedreht werden) kommt und dann bitte nicht wundern, wenn sich die Damen pikiert und erbost abwenden, es heißt nämlich übersetzt Ziegelstein. Der Ton, der in diesem Länderkochbuch angeschlagen wird, ist erfrischend normal und häufig mit einem gekonnten Augenzwinkern.

Der Apfel, der Stamm – was sie verbindet und unterscheidet……

Zum Klassiker Biryani, der in Asien und dem Nahen Osten gleichermaßen beliebt ist, pflegte die Autorin viele Jahre eine Hassliebe, ihre Mutter und deren Freundinnen hatten es ihr durch deren Biryani‑Overkill gehörig vermiest. Jedes Mal, wenn ein Geburtstag anstand, kam das aufwändige Gericht auf den Wunschzettel. Mutter Shawkat war dann verrückt genug, sich einen ganzen Nachmittag dafür in die Küche zu stellen, statt einfach ein schönes Duschgel als Geschenk zu besorgen. Das überschwängliche Lob unter Beschenkten und Gästen, dass sich regelmäßig einstellte, bestärkte die Mutter jedoch in ihrem Engagement. Vielleicht ist diese Ambivalenz, die es überall zwischen Müttern und Töchtern gibt, genau der Grund, warum Saras Version als vegetarische Version auftritt und sich einfach veganisieren lässt, wenn man die Eier weglässt, ohne dass daraus nur eine abgespeckte Version wird.

Praxis-Check und good to know:

Maqluba

© Elza Jo Tratlehner/Riva Verlag

Maqluba ist in vielen arabischen Ländern traditionell verankert, man findet ihn auf dem gesamten arabischen Kontinent – entweder mit Fleisch oder wie hier als vegetarische Variante. Das traditionelle Gericht war schon immer One-Pot auf Arabisch, primär aus Geschmacksgründen und nicht weil es schnell gehen soll. P.S.: schwarze getrocknete Limetten findet Ihr in persischen Geschäften, sie haben eine würzige, leicht bittere Zitrusnote, die in dieser Zubereitung für mehr Spannung sorgt, beim Pfeffer reichen 1 – 1 ½ TL für unseren Geschmack völlig aus. Die Auberginen in Salzwasser einzulegen ist ein guter Trick, damit sie Wasser verlieren und weniger Fett aufnehmen, so werden diese beim Garen zudem weicher. Das Salz soll außerdem Bitterstoffe aus dem Früchten ziehen, heutige Züchtungen sind jedoch kaum noch bitter.

Merijn Tols Labneh

Ein Labaneh der Extra-Klasse optisch und geschmacklich durch die würzige Amba-Sauce u. weitere schöne Details. Die Mühe, die es macht lohnt sich unbedingt, eine aufgemotzte Labaneh-Version für besondere Anlässe, den die niederländische Expertin für die arabische Küche, Merijn Tol, beigesteuert hat.

Auberginen-Auflauf

© Elza Jo Tratlehner/Riva Verlag

Tepsi Beetinjaan, ist ein populärer irakischer Auberginen-Kartoffel-Auflauf und ein Gericht, das man pur, mit weißem Reis oder mit Fladenbrot essen kann. Es besteht aus einfachen Zutaten, was ihn allerdings so richtig lecker macht, ist, wenn das Gemüse leicht anfrittiert wird. Bei uns bekam der Airfryer den Frittier-Job, weil es so leichter und bekömmlicher funktioniert. Das Gemüse war dann jedoch bei mir durchgegart. So ließ sich die Zeit im Backofen um die Hälfte verkürzen, abgedeckt habe ich nichts mehr. Die Tomatensauce für den Gemüseauflauf wird aus Biber salçasi, einer türkische Paprikapaste hergestellt, die es in einer scharfen oder milden Variante zu kaufen gibt, der persönliche Geschmack entscheidet. Durch die Tamarindenpaste erhält die Sauce Säure u.  eine interessante Tiefe. Mein Mann fand diese ein wenig überdimensioniert, für mich war die Säure OK, statt 50 g werde ich mich bei der Menge beim nächsten Mal auf 25 – 30  g einpendeln. Hinsichtlich der Zeit eine Investition, die sich aber wieder geschmacklich rentiert hat, fanden wir.

Ash Reshteh

© Elza Jo Tratlehner/Riva Verlag

kommt ursprünglich aus dem Iran und wird gerne zum Neujahrsfest Nouruz gegessen, der Eintopf genießt ebenfalls im Irak Kultstatus. Die irakische Ash Reshteh wird allerdings zum Schluss mit einem Knoblauch-Minz-Öl statt mit Röstzwiebeln aromatisiert. Sara Shawkat liefert für mich ein handwerklich gutes traditionelles Rezept, dass mit ein paar guten Tricks für die etwas anspruchsvollere Zubereitung angereichert wurde. Man kann dafür Hülsenfrüchte aller Art verwenden, vieles ist möglich solange nur insgesamt rund 400 g Hülsenfrüchte im Topf landen. Klasisch serviert man neben dem Topping Kashk dazu, dies ist ein getrockneter Joghurt, der in etwas Wasser aufgelöst wird, man findet ihn in iranischen und irakischen Supermärkten. Wer ihn nicht ergattern kann, der kann Kashk durch ein wenig Labneh (Seite 164) oder (pflanzlichen) Joghurt ersetzen. Hier hatte die Autorin eine rein vegane Version im Sinn. Mein Kashk habe ich beim türkischen Händler bekommen und ihn schon mehrfach für arabische Gerichte verwendet. Das Joghurtpulver kann vieles auf die Schnelle veredeln und ist in seiner getrockneten Form immer verfügbar und lange haltbar. Einen weiteren Kniff habe ich ausserdem mitgenommen, die Suppe wurde mit Haferflocken gebunden.

Fazit: Sie kennt sich gut aus und kann die Perspektive mühelos nach Bedarf wechseln!

Irakische Küche war für mich bislang ein Buch mit sieben Siegeln! Dass sich dies grundlegend geändert hat, habe ich Sara Shawkat zu verdanken, die ein ehrliches und ambitioniertes Kochbuch zur Küche ihres Heimatlandes verfasst hat, das kundig einführt und viel Content mitliefert. Die Rezepte zeigen Sorgfalt und die Liebe zum Detail, für das man sich unbedingt Zeit nehmen sollte, ohne die ein gutes Kochbuch aber nicht auskommt! Mir gefällt außerdem richtig gut, dass die Autorin sowohl bei der Präsentation als auch bei den Rezepten, den Spagat zwischen Tradition und Moderne mit Humor und Augenmaß hinbekommen hat und viele Angebote für Vegetarier und Veganer macht, ohne das Klassische in der irakischen Küche unter den Tisch zu kehren.

Tim Mälzer: Vierundzwanzigsieben kochen

Tim Mälzer: Vierundzwanzigsieben kochen

Fotos: Reinhard Hunger, Matthias Haupt u. Frank Meyer

Mosaik Verlag

Preis: 28,– €

Wie sieht es aus?

Er macht sein eigenes Ding!

Kochbücher sind entweder schick oder spießig, dazwischen scheint es nicht viel zu geben….. Ist ein berühmter Autor am Start, nutzt die Vermarktung beim Cover gerne das Konterfei des jeweiligen Protagonisten, um zusätzliche Aufmerksamkeit für den Titel zu generieren. Herrn Mälzer attestieren viele Zeitgenossen – nicht ganz zu Unrecht – eine gewisse Selbstverliebtheit, dennoch hält er offenbar nicht viel davon, wenn ihn morgens beim Kaffee kochen sein Konterfei aus dem Kochbuch-Regal entgegen lächelt. Das poppige fröhliche Cover, dass er für dieses modernes Alltagskochbuchs stattdessen gewählt hat, ist optisch ein Hingucker, sein puristisches Layout passt perfekt dazu, eine kluge Entscheidung des Hamburgers damit eigene Akzente zu setzen..

Der Chef und seine Experten

© Philipp Rathmer

Tim Mälzer hat Deutschlands Kochgewohnheiten umgekrempelt. TV-Koch, Gastronom, Buchautor und Unternehmer – er ist der mediale Star am Herd. Seit 20 Jahren ist er im TV erfolgreich, sein lässiger Kochstil hat tausende Fans zu begeisterten Hobbyköchen gemacht. Die frische und kreative Küche zu alltagstauglichen Preisen ist seine Stärke.

Wenn Küchen-Profis sich an ein Buch-Projekt machen, sind diese heutzutage oft nicht allein unterwegs und leisten sich gerne engagierte Unterstützung, vom Kochbuch-Verkauf allein leben die allermeisten sowieso nicht! Ottolenghis vegetarische Kolumne im Guardian wäre nicht denkbar, ohne ein Team dahinter, das jeden Tag auf die Jagd nach neuen Rezept-Ideen geht und Jamie Olivers Imperium setzt ebenfalls auf die fleißigen Hände dienstbarer Geister, die notfalls ein Rezept so lange probieren, bis trotz der Begrenzung auf lediglich 5 Zutaten und vereinfachter Zubereitung, das bestmögliche Ergebnis auf dem Tisch steht. Der Fernsehkoch aus dem Norden hat schon vor vielen Jahren Marcel Stut zum Projektleiter gemacht, der die Entwicklung kreativer Rezepte beim Magazin Essen & Trinken von der Pike auf erlernte und sich viele Jahre für das Magazin tolle Rezepte ausgedacht hat, dasselbe gilt übrigens für Anne Haupt, die dieses Kochbuch-Team komplettiert. Beide sind außerdem Profi genug, es für 24/7 einfacher und zugänglicher für „Normalos“ zu machen, ohne dass die Spannung auf dem Teller flöten geht.

Visionen für einen neuen kulinarischen Alltag!

Für Mälzer als Chef spricht für mich, dass er sich in seinem Team stets mit Profis und Gleichgesinnten umgibt und nicht wie die „O’s“ aus London die Kreativität junger Talente zu Nutze gemacht hat. Wie jeder guter Gastronom ist Tim Mälzer nicht der Mann der alles allein macht, aber sehr eigene Vorstellungen davon entwickelt hat, wo er mit seiner Alltagsküche hin will, dass er dabei keine kleinen Brötchen backt, versteht sich fast von selbst……..

„Das Einfache« ist zeitgemäß. Insbesondere zu Hause. Die eigene Küche ist für mich kein Ort, an dem man sich verkünsteln und mit anderen messen sollte. Zu viel auf einmal zu wollen führt in der Regel zu Stress. Trends nachzuhecheln ebenso. Dieses Buch soll eine Hilfestellung für alle sein, die sich am eigenen Herd gerne aufs Wesentliche konzentrieren: gutes und unkompliziertes Essen. Eine Alltagsküche, die einem nicht alltäglich vorkommt.“ – Tim Mälzer

Was gibt es denn?

Alltagsfreuden wie bestellt, statt Theorie oder rigide Zutaten-Beschränkung!

Die Rezept-Einteilung von 24/7 füttert mit bekannten Stichworten wie Frühstück (Quark-Brötchen, Buttermilch-Pancakes), belegte Brote (Eiersalat-Sandwich mit Gartenkresse), einer grünen Küste (z.B. Mozzarella mit Erdbeerdressing), Pasta (Tagliatelle mit Garnelen-Bolo), Suppen & Eintöpfe (Muschel-Curry), Kartoffeln (Pellkartoffeln mit Zaziki), Fisch (Kabeljau mit Fenchelsalat) Fleisch (Nackensteak mit Schmorzwiebeln u. Feigen), Süßes & Desserts (Schoko-Erdnuss-Cookie) kulinarische Erwartungen, die vielen sofort in den Sinn kommen, wenn sie gefragt werden, wie Alltags-Genuss für sie sein soll. Einzig die grüne Kiste, in der man neben mehrheitlich Vegetarischem einen thailändischer Hackfleisch-Salat oder einem Breznsalat „Bavaria“ mit Fleischwurst u. Käse drin, lässt mich ein wenig ratlos zurück.

Ich hab was Leckeres für Dich, koch einfach und schau wie es für Dich passt!

Wer auf die Abarbeitung einer Best-of-Alltag-Liste hofft und feste Zeit-Einteilungen wünscht, oder gar eine Anleitung sucht, wie er die alltägliche Küche generalstabsmäßig beherrschen kann, den muss ich leider enttäuschen, das gibt es bei Tim Mälzer nicht und eigentlich ist er tatsächlich überhaupt nicht der Typ, hinter dem man einen Hang zur Didaktik vermuten könnte! Er will „BÄM“ und klasse Rezepte liefern, die trotz umsichtig reduzierter Zutaten-Listen viel können, von festen Vorgaben hält er dabei aber absolut nichts. 5 ist nicht die Zahl von der sich ein Tim Mälzer regieren lässt, damit soll sich doch der Ex-Kollege in London herumschlagen. Wer seinen Mett-Igel zum Frühstück noch verschmäht, serviert ihn halt zum Bier mit Freunden und Misosuppe mit Seiden-Tofu macht genauso zu vielen anderen Gelegenheiten Spaß.

In diesem Kochbuch spielt die Musik ganz klar und ausschließlich bei den Rezepten, zu ihnen gibt es keine echte didaktische Überleitung, auf Einführungen, Tipps & Tricks wird zudem konsequent verzichtet. Ich habe erst mit jedem gekochten Rezept verstanden, dass Herr Mälzer es ernst gemeint hat, als er mir eine Alltagsküche versprach, die eben nicht alltäglich daher kommt. Kein Alltagskochbuch kommt ohne eine Bolognese aus, in diesem Kochbuch wird sie jedoch nicht wie überall mit Hackfleisch, sondern mit Garnelen zubereitet. Die Rezepte dieses Kochbuchs sind ein bunter Strauß an kreativen Angeboten für die Jeden-Tag-Küche, nie langweilig, zu komplex bei den Zutaten oder kompliziert und können mehrheitlich und verlässlich all das einlösen, was mir von Tim Mälzer zunächst blumig versprochen wurde. Diese zur Schau gestellte Konsequenz ist kein Zufall und zeigt die Klasse der Rezept-Entwicklung, die sich dahinter verbirgt.

Was wir daraus mitnehmen oder lernen wollen, müssen wir immer selbst destillieren, Küchen-Pädagogik ist offenbar nicht eines der Ziele dieses Alltagskochbuchs und eigentlich passt ein solcher Ansatz für mich tatsächlich überhaupt nicht zu dem was den Protagonisten ausmacht und wo er und sein Team sich als Unterstützung für einen gelungenen kulinarischen Alltag sehen.

Ohne Nostalgie und ein klein bisschen Klamauk geht es dann aber doch nicht…..

Auf Seite 9, das gebe ich gerne zu, habe ich doch kurz gezuckt, als der „Küchenbulle“ himself leicht derangiert im Gorilla-Kostüm auftritt und mich dann schnell entschlossen, diesen Auftritt unter dem speziellen Humor des Hamburgers zu verbuchen, für den es jedoch ebenfalls ein klitzeklein wenig Selbst-Ironie benötigt. Die kulinarischen Alltagsbeobachtungen von Thees Ulmann im zweiten Teil des Kochbuch bedienen heimelige Nostalgie, die dem Thema zuträglich ist und den Freund von seiner besten Seite porträtieren: Mutter Uhlmann hat es nämlich außerordentlich gefreut, dass Tim ihre Treue zur Quitte begeisterte und bot schnell neben einer Marmelade daraus mehr Nachschub in Form von Quittenmus und Quitten-Püree (Melasse) an. Ohne Frage, es lässt sich nett lesen und lockert die Aneinander-Reihung von tollen Rezepten irgendwie auf, kann jedoch nicht wirklich Einleitungstexte zu den Rezepten ersetzen, auf die ich persönlich inzwischen liebend gerne verzichte, wenn sie mir nicht mehr als Geschmacks-Plattitüden liefern wollen!

Probiert & Verputzt:

Pilzpasta

© Reinhard Hunger

Pilze und Tomatenmark, kann das gut werden? Ein deutliches ja, denn Thymian und Knoblauch, Honig, Paprikapulver, Rotwein und Estragon verhelfen sogar Zucht-Champignons zum fulminanten Auftritt. Die Geheimwaffe dabei Steinpilzpulver, das sich nicht nur in der Pasta gut macht. Die Kombination ist stimmig und bringt eine Vollmundigkeit, die bei man bei schnöden Champignons in einem Pilzgericht nicht erwartet, eine gelungene Abwechslung und kein geschmacklicher Leisetretter!

Brotsalat

© Reinhard Hunger

Ein knackiger fein-würziger Salat mit viel Textur, durch Kichererbsen, Spinat, Tomaten, Zucchini, schnell gemacht und mit Kreuzkümmel, Sumach, Chiliflocken, Honig u. Zitrone herrlich orientalisch aromatisiert! Statt Fladenbrot, dass ich nicht zur Hand hatte, habe ich mich auf geröstete BaguetteCroutons als Crunch verlassen. Den muss es unbedingt wieder geben, da waren sich alle am Tisch einig!

Kartoffel-Buletten

Schlicht und einfach, letztendlich Bratlinge aus Kartoffel-Püree, Champignons, Frühlingszwiebeln und TK-Erbsen sorgen für mehr Geschmack, bevor die Buletten mit Panko-Bröseln eine tolle Knusper-Hülle erhalten und in der Pfanne ausgebraten werden. Unkomplizierte Familien/Alltags-Küche und mit dem begleitenden grünen Salat mit Zitronen-Schmand-Dressing klassisch kombiniert – wie bei Oma früher. Vielleicht nicht weltbewegend, aber wir mögen zur Abwechslung Retro-Küche ohne viel Schnickschnack sehr gerne.

Gulasch

© Reinhard Hunger

Für Tim Mälzers optimiertes Gulasch-Rezept wird zunächst eine Gemüse-Pilz-Basis angeschwitzt, die mit Rotwein und Wasser abgelöscht und reduziert wird, dann wird das Fleisch in der würzigen Paprika-Tomaten-Sauce noch ca. 2 Stunden im Ofen butterweich geschmort. Die Sauce wird nur mit einem Teil des Gemüses als Saucen-Basis püriert, dadurch bleibt der Fleischgeschmack gut erhalten. Und fertig ist ein aromatisches Gulasch, dass sich toll mit Baguette auf tunken lässt und jede Mühe lohnt! Pilze in der Sauce machen hier wieder mal den Unterschied und sorgen für mehr Tiefe.

Ratatouille-Eintopf

© Reinhard Hunger

Linsensuppe mit südfranzösischer Note, schön einfach und trotzdem deftig, außerdem erfreulich vegetarisch! Der Balsam-Essig darin ist ein toller Geschmacksverstärker!

Fazit: Überzeugendes Rezept-Angebot für jeden Tag, sehr variabel und kreativ!

Ich könnte jetzt einen Haufen Zeug schreiben, der meine kritische Haltung gegenüber Platzhirschen und Profis belegen soll oder verhalten applaudieren, weil der Autor ein Profi ist und sich nicht nach Feierabend allein ans Kreieren seiner Rezepte gemacht hat, aber was hätten andere davon? Denn alles was ich probiert habe war richtig gut und hat sich in unserer Alltagsküche schnell als neue Ideen mit Pfiff durchgesetzt.

Wenn ich das Haar in der Suppe suchen soll, dann fehlt es mir an Erklärungen, Tipps & Tricks, die Alltagskocher an die Hand nehmen wollen. Für meinen Geschmack jedoch nicht wirklich etwas, das erwartbar ist bei Tim Mälzer und wo er sich überhaupt sieht. Wer nach neuen Ideen für die Jeden-Tag-Küche sucht, die richtig lecker und für den Tipps und Tricks verzichtbar sind, sollte sich dieses Kochbuch einfach mal anschauen. Für mich hat es sich nach anfänglicher Skepsis definitiv gelohnt, denn die Tricks findet man durchs Nachkochen schnell selber heraus!

Alexander Huber: Dahoam: Bayerische Wohlfühlküche

Alexander Huber: Dahoam: Bayerische Wohlfühlküche

Fotos: Thomas Pfeiffer

Verlag Dorling Kindersley

Preis: 29,95 €

Zurück in den Biergarten…..

Es ist zwar schon ein paar Jährchen her, aber ich habe Mitte der 80ziger ein paar Jahre in München direkt hinter dem Viktualien-Markt gelebt. Als gebürtige Norddeutsche war ich anfangs sehr voreingenommen, passen Biergarten-Romantik, und ein recht offener und vor allem sehr direkter Menschschlag überhaupt zu meiner DNA? Meine Zweifel erwiesen sich doch recht schnell als unbegründet, in die Biergärten und die bayerische Wirtshaus-Küche habe ich mich tatsächlich sehr schnell verliebt und kehre seitdem sehr gerne zum Genießen nach Bayern zurück. Dennoch stand bis vor kurzem kein bayerisches Kochbuch in meinem Kochbuch-Regal, vieles war mir trotz toller Fotos von Land & Leuten bei den Rezepten einfach zu belanglos. Nach einem Kurzbesuch im September in Bayern und einem lauen Biergarten-Abend im Regensburger-Umland, beschloss ich das muss sich ändern… Die bayerische Wohlfühlküche vom Sternekoch Alexander Huber versprach Genuss und eine eigene Handschrift, die mir bei neuen Kochbüchern extrem wichtig geworden ist.

Wer kocht?

© DK Verlag/Thomas Pfeiffer

Alexander Huber ist ein richtiger Wirtshausbub, der in der heimischen Gaststube des Huberwirt groß wurde. Nach seiner Ausbildung als Koch arbeitete er in exzellenten Restaurants wie dem Barreis und dem Tantris. Zusammen mit seiner Frau Sandra führt er das Wirtshaus Huberwirt in Pleiskirchen, das seit 2013 mit einem Stern ausgezeichnet ist, in der 11. Generation.

Dahoam ist da wo es am besten schmeckt!

“Dahoam heißt Heimat, und diese verbinde ich nicht nur mit der ländlichen Schönheit und mit all ihren Gegebenheiten, sondern insbesondere mit der bayerischen Kulinarik – ganz egal ob Sonntagsbraten, Brotzeit im Biergarten oder Omas Gerichte. Ich habe die bayerische Küche von Kindesbeinen an aufgesaugt wie ein Schwamm, und ihre Rezepte sind mir in Fleisch und Blut übergegangen.“ – Alexander Huber

Was ist drin?

Quer durch die bayerische Küche plus Updates fürs Koch-Know-How

90 seiner Wirthaus-Rezepte hat der Sterne-Koch aus der Nähe von Altötting in sein bayerisches Kochbuch gepackt, die Sortierung ist klassisch: mit Tafelspitzsülzchen u. Kräutervinaigrette oder einem Schwammerl-Aufstrich wird die bayerische Brotzeit lecker und ambitioniert zelebriert. Weiter geht es mit Suppen & Eintöpfen (Rindssuppe mit verschiedenen Einlagen, Hendlsuppe mit Nudeln & Wurzelgemüse, Grüne Kerbelsuppe mit Schmortomaten), Fisch & Fleisch (Krustenschweinebraten mit Krautsalat, Hendlkeulen aus dem Backofen mit Tomatensalat oder im Wurzelsud pochiertem Waller auf Krautfleckerl) und Süßem (Rotweinkuchen mit Schokolade, Zwetschgendatschi, geschmorter Apfel mit Streuseln & Karamellsauce), die als ehrliche und handwerklich gut ausgearbeitete Rezepte stets mit Twist serviert werden.

Wirtshaus-Klassiker authentisch und richtig gut!

Schon beim ersten Durchblättern, bin ich erstaunt und angetan, diesem Spitzenkoch geht es – wie vielen Profis – in der Küche natürlich auch ums Anrichten oder Neu-Deutsch ums „Pimpen“ seiner Kreationen, damit kann man den Genuss noch mal deutlich steigern, ich habe jedoch immer wieder festgestellt, auch ohne diese zusätzlichen Bausteine, ist alles was ich probiert habe, ziemlich, ziemlich gut, mit belangloser und austauschbarer Gasthof-Küche haben seine Rezepte absolut nichts zu tun!

Das Gute auf unseren Tellern kam durch normale aber qualitativ hochwertige Zutaten, Erfahrung und Kreativität zustande. Dabei ist keines von Alexander Hubers Rezept-Ideen in Stein gemeißelt, im Abspann gibt es immer wieder viele Tipps & Tricks und außerdem schlägt mir der Profi kundig Alternativen bei den Zutaten vor. Ich lerne vom Pleiskirchner die besten Semmelknödel herzustellen, die es in meiner Küche je gegeben hat und das obwohl ich seit mehr als 30 Jahren ein Lieblings-Rezept dafür hatte und die Knöderl sehr häufig auf unserem Tisch stehen. Eine kleine Anmerkung habe ich tatsächlich dazu: In Bayern sind Bäckereien schon lange nachhaltig unterwegs, Knödelbrot vom Vortag kann man oft direkt beim Bäcker mitnehmen. In Frankfurt schwöre ich inzwischen auf die Semmeln oder noch besser das Toastbrot von gestern aus dem Angebot des Lieblings-Bäckers. Die verwendete Menge an Milch (zum Einweichen) richtet sich immer an der Trockenheit des Brotes aus und sollte deshalb situativ angepasst werden. Wer es mit frischem Brot probieren will muss damit erst eine Trockenrunde im Backofen drehen. Und nein das Toastbrot aus dem Supermarkt, ist die Mühe nicht wert, bitte, bitte nicht, solche Knödel verdient kein „Gerne-Esser“!

Kreativ & modern, nachhaltig & regional

Dieses bayerische Kochbuch bietet zudem eine ansehnliche Anzahl an vegetarischen Haupt-Gerichten (Nudelfleckerl mit Kraut & Wurzelgemüse, Tomatenreis mit jungem Mangold & Buttersauce, pikanter Brotauflauf mit Zwiebeln), etwas für die Speisekammer (eingelegtes & gepickeltes Gemüse, Zwetschgenröster) und ein paar zeitgemäße saisonale Variationen (Tomaten-Zucchini-Eintopf mit Muschelnudeln). Alex Huber lässt es sich nicht nehmen, eine große Gemeinde an seinen Tisch einzuladen, bei ihm sitzen Genießer, Heimatverbundene, aber genauso Alltagskocher (Oxenaugen mit Rahmspinat), die es richtig gut wollen, an einem Tisch.

Kochschule & Grund-Rezepte

Abschließend verrät der Profi-Koch seine Lieblings-Beilagen und Grundrezepte, erneut garniert mit viel Know-How, wie man die bayerischen Klassiker (Serviettenknöderl, Blaukraut) entscheidend verbessern kann. Die vielen step by step-Fotos helfen dabei sehr!

Probiert & Verputzt:

Obazda und Erdäpfelkas

© DK Verlag/Thomas Pfeiffer

Genauso stelle ich mir den bayerischen Käse-Aufstrich vor, perfekt würzig und schön cremig. Beide Aufstriche zu kombinieren macht Sinn und stellt zudem Vegetarier bei einer Brotzeit nicht ins Abseits.

Bayerisch Kraut

Ein Klassiker, der in keinem bayerischen Kochbuch fehlen sollte, Hubers Kraut wird mit Essig und ein wenig Schweineschmalz am Ende so gut, dass mein Mann davon total begeistert war!

Pfifferlingsknöderl mit Schnittlauchsauce & Rahmbrokkoli

Mit Abstand das Gericht, für das ich am längsten in der Küche stand. Die Pfifferlinge dafür kamen direkt aus dem Wald. In dieser Reihenfolge braucht man in jedem Fall einen kleinen Snack bis zum tollen Finale. Ich habe mit dem Rezept außerdem gelernt, dass es für eine sehr gute Konsistenz bei den Knöderl Sinn macht, ein Drittel der Eier als locker gebratenes Rührei hinzuzugeben. Natürlich kann man die Eier auch roh dazugeben, dann erhält man jedoch später eine etwas festere Konsistenz. Ob das feine Aroma der Pilze wirklich so viel Aufwand braucht, entscheidet jeder selbst. Ich fand die Pfifferlings-Knödel trotz des geforderten Einsatzes klasse, mein Mann war sich nicht ganz sicher, die grüne Schnittlauch-Sauce dazu hätte ihm für zu Hause schon gereicht.

Wurstsalat à la Huberwirt

© DK Verlag/Thomas Pfeiffer

Hubers Wurstsalat mit Emmentaler wird perfekt mit einer essigwürzigen Sauce (die Lake der eingelegten Cornichons macht sie sogar noch pikanter!) kombiniert und damit wird das mächtige in ihm perfekt kontrastiert. – neues Lieblings-Rezept!

Essigknöderl mit Zwiebeln & Speck

In vielen bayerischen Wirtshäusern ein klassisches Restessen, Hubers Ausarbeitung überzeugt mit stimmigen Details, die Vinaigrette, wird gekonnt mit süßem & scharferm Senf, Kümmel, Meerrettich, Malzbier und Essig abgeschmeckt. Der Clou ist aber ganz klar, ein wenig ausgelassener pürierter Speck in ihr – sehr überraschend und sehr gelungen!

Kaspressknöderl

© DK Verlag/Thomas Pfeiffer

Der Sterne-Koch weiß genau, wie man die perfekt und „sau- guad“ hinbekommt. Es waren tatsächlich nicht die ersten meines Lebens, aber sicherlich die Besten und der knackige Spitzkohl-Salat eine willkommene Ergänzung dazu! Es mag zwar zunächst ungewöhnlich sein, aber ein bisschen Harzer Käse in den Knödeln sorgt für noch mehr Geschmack u. ähnelt dem vielerorts verwendeten Graukäse in klassischen Rezepten sehr. Vielen Dank für den Tipp, Herr Huber!

Fazit: Bayerische Klassiker und mehr at it’s best und mit Zeit als Hauptzutat!

Der Autor erklärt in seinem Vorwort vortrefflich, was seine Dahoam-Küche ausmacht: es sind feine, aber genauso einfache und manchmal etwas »hemdsärmelige« Rezepte dabei, welche meist ein wenig Küchenarbeit und Zeit bedeuten. Besonders die Zeit ist oft eine Hauptzutat für das beste Kochergebnis. Dem kann ich nur zustimmen, dieses Kochbuch begeistert mich in vielen Aspekten: es wird uns wirklich viel geboten und es gibt eine erfreuliche Bandbreite und Variation bei seinen Rezepten. Wer jedoch auf spannende Details keinen großen Wert legt, sollte vielleicht noch mal überlegen, was für ihn das Wichtigste beim Kochen ist? Für mich ist es ein tolles und modernes Kochbuch nicht nur für Fans der bayerischen Klassiker geworden, auch wenn hier sein Schwerpunkt liegt: Ich habe mich nie bei einem Sterne-Koch so gut betreut gefühlt und nicht nur Rezepte erhalten, sondern sogar einen kleinen Kochkurs in Buchform bekommen, den ich neben den außergewöhnlich guten Rezepten und perfekten Ergebnissen, absolut nicht missen möchte!

Tove Nilsson: Ei

Tove Nilsson: Ei

Von Omelett bis Hollandaise: Techniken & Rezepte

Fotos: Charlie Drevstam

Christian Verlag

Preis: 29,99 €

Liebeserklärung an das Ei!

Eier sind Grundnahrungsmittel, denn sie sind vielseitig zu zubereiten und werden in unseren Küchen z.B. als Bindemittel in Teig- und Backwaren, in Panaden, Mehl- und Kartoffelklößen, als Emulgator in Saucen, Cremespeisen, Mayonnaisen oder als Klärmittel für Brühen täglich gebraucht. Viele berühmte Spitzenköche haben sich deshalb seit Jahrzehnten – vielleicht Jahrhunderten – Eiergerichten gewidmet und bis zur Perfektion an ihnen getüftelt. Bei der Entwicklung der Rezepte für dieses Kochbuch verbrauchte Tove Nilsson sage und schreibe 4.200 Eier, diese spielen in allen Rezepten des Kochbuchs die Hauptrolle und selbstverständlich gibt es kein Rezept ohne Ei!

„Ich mag Eier. Den Löffel in ein warmes gekochtes Ei mit cremig-flüssigem Eigelb und weichem, aber gleichzeitig festen Eiweiß zu tauchen, ist pure Glückseligkeit. Eier sind ein wichtiger Teil meines Lebens, auch wenn das komisch klingt.“ – Tove Nilsson

Wer kocht?

© Christian Verlag/Charlie Drevstam

Tove Nilsson kocht und sie schreibt darüber. Als leidenschaftliche Köchin, Foodstylistin und Sommelière lässt sie sich zu ihren vielseitigen und kreativen Ideen sowohl zu Hause als auch auf ihren vielen Reisen inspirieren. Von klassischem Spiegelei und Kartoffelsalat über köstliche Ramen-Suppe bis hin zu deftigen Huevos Rancheros – ihre Rezepte sind einfach perfekt!

Was ist drin?

Kochschule mit Ei!

Die schwedische Köchin fängt gerne von vorne an, ihr monothematisches Kochbuch mit Eiern im Fokus, beginnt mit dem Kapitel „Technik“: mit vielen step by step-Fotos erklärt sie beispielsweise detailliert die Unterschiede zwischen klassischem französischen Spiegel-Ei (von beiden Seiten gebraten, aber um Gotteswillen nicht gebräunt!) und in Butter gebratenes Spiegelei (bitte nur gebräunt servieren!). Außerdem lässt sich hier endlich lernen, wie man pochierte Eier (einmal mit klassischer Zubereitung und dann mit einer sicheren vereinfachten Kochtechnik, die Experten als Rookie-Methode kennzeichnen) endlich hinkriegt. Für Rühreier aus der Pfanne braucht man vielleicht kein Master-Rezept, trockenes oder schwammiges Ei macht mich aber auch nicht an und Nilsson sorgt mit Trüffel oder Dukkah dafür, dass daraus mehr als eine Notlösung wird. Außerdem am Start z. B. Omelett (klassisch französisch oder als japanische Variante -Tamagoyaki-Omelett) und Baiser, der alternativ mit italienischer (dabei wird heißer Zucker-Sirup unter den Eischnee gehoben) oder mit Schweizer-Technik hergestellt wird. Was schon in diesem ersten Kapitel auffällt ist, es gibt sehr viele Tipps und die konsequente Wissensvermittlung, die Nilsson an den Tag legt, kann man mit Fug und Recht als Kochschule benennen. Das Ganze wird zudem durch ein sehr aufgeräumtes Layout unterstützt wird.

Klassiker mit Ei über den Tag verteilt und Eier in der Welt unterwegs….

Ich kann bestätigen, dass sich mit Ms. Nilsson außerdem bombastisch frühstücken (Ei-Muffin, Ei u. Tomate mit crunchy Chiliöl) oder brunchen lässt (Eier Benedict mit Pilzen u. Fenchel-Hollandaise). Bei dem Anspruch, den diese Autorin an ihr Kochbuch mit Ei hat, versteht es sich von selbst, dass vieles was als Zutat bzw. Baustein gebraucht wird, wie z. B. die englische braune HP-Würz-Sauce, Ketchup, Senf oder Brioche-Brot selbst gemacht werden kann.

Dann schließen sich Klassiker aus aller Welt (Galette complète, spanische Tortilla), Hauptgerichte (Polenta mit Pilzen und Ei, Bánh xèo –vietnamesischer Pfannkuchen, Kimchi-Udon mit Ei), Vorspeisen & Snacks (chinesische Tee-Eier, in Avocado gebackenes Ei, warme Radieschen mit weich gekochtem Ei und Five-Spice-Schweinefleisch), Süßes & Cocktails (chinesische Eier-Tarte, Apfel-Nuss-Soufflé, Pisco Sour, Eierlikör) mit Ei inside an.

Auffällig viel Handarbeit und eine erkennbare Leidenschaft für Asien mit Ei!

Die Schwedin zeigt große Leidenschaft jedes Rezept vernünftig einzuführen und setzt auf klassische Zubereitungen, die es sich nicht nehmen lassen, Nudeln und die Brühen für ihre Suppen selbst herzustellen. Schnell-Kocher, die viele Abkürzungen lieben, werden sich vielleicht umstellen müssen…. Beim Kochen muss man sich Zeit nehmen, das habe ich bei allem das ich probiert habe, immer wieder gemerkt. Dafür bekommt man jedoch solide Zubereitungen und lernt ein Rezept von der Pike auf, auf klassischem Niveau zu kochen. Einmal bin ich leider gescheitert, die Sauce Béarnaise, die für die Eier Florentine benötigt wurde, wollte bei mir ohne Wasserbad, lediglich im Topf und mit kontrollierter Hitze aufgeschlagen, nicht gelingen. Dies ist allerdings für nicht Gas-Kocher nicht easy, weil sich auf einem Elektro-Herd die Hitze-Zufuhr nicht ganz so leicht kontrollieren lässt. Bei diesem Rezept hätte ich mir ganz klar die geling sichere Methode mit Zubereitung im Wasserbad gewünscht! Ms. Nilsson ist sehr um ein breites Spektrum an Rezepten bemüht, erkennbar ist allerdings ihre besondere Liebe zu asiatischem mit Ei in der Hauptrolle (Kimchi-Ramen mit 64-Grad-Ei). Besonders bei der Thai-Küche und in China verfügt diese Autorin durch vorausgegangene Veröffentlichungen (Ramen – Japanische Nudelsuppen für jeden Tag, erschienen 2017 + Thai: Über 80 Rezepte für jeden Tag, erschienen 2020) über viel Expertise.

Probiert & Verputzt:

Croque Madame

© Christian Verlag/Charlie Drevstam

Ein goldbraun gebratenes Ei schmückt die Croque Madame wie einen Hut. Es heißt, dass daher der Name kommt. Das Ei wird mit Schinken, Käse und einer dicken Sauce Béchamel mit Käse gekrönt. Wir haben unser üppiges Frühstück sehr genossen und uns direkt in diese fein abgestimmte Ausarbeitung der schwedischen Köchin verliebt!

Salat Niçoise

Klassisch zubereitet, gerne genauso wieder!

Vietnamesischer Eiersalat

© Christian Verlag/Charlie Drevstam

Knackiges Gemüse, knusprig gebratenes Schweinefleisch, Eier und Kräuter. Dieser Salat erinnert ein bisschen an Thai Laarb, ein thailändischer Hackfleisch-Salat, der Tove Nilsson’s absolutes Lieblings-Thaigericht ist. – Wir haben was gemeinsam auch ich liebe ihn sehr! Süß, sauer, scharf und kräuterwürzig, ist er eine echte Wucht für den Gaumen, den mildes Spiegelei, toll kontrastiert.

Eier Florentine

Leider ist mir die Sauce ohne Wasserbad nicht gelungen, beim nächsten Versuch, den ich wage nur noch im Wasserbad aufgeschlagen!

Full English Breakfast

© Christian Verlag/Charlie Drevstam

Ein komplettes englisches Frühstück macht man nicht jeden Tag, es kann aber das ultimative Frühstück sein, wenn man sich auf eine sorgfältige Köchin verlasen kann und das ist bei Tove Nilsson unbedingt der Fall! Ein solches „Breakfast“ macht den ganzen Tag lang wohlig satt. Die Kombination aus Eiern, Würstchen, Speck und weißen Bohnen aus der Dose, die hier in einer süßlich- ketchupartigen Sauce baden (natürlich selbst zubereitet) ist der perfekte »Muntermacher« am Tag nach einer feuchtfröhlichen Party, rät die Frau vom Fach. Wir finden es wäre jedoch jammerschade, es nur zu dieser Gelegenheit zu servieren, denn Nilsson‘s Interpretation des englischen Klassikers wurde mit viel Liebe und Handwerk für uns optimiert.

Fazit: Eier auf Weltreise und ein klares Konzept für ein monothematisches Kochbuch!

Ein Kochbuch nur mit und über das Grundnahrungsmittel Ei holt heute wohl kaum noch jemand hinter dem Ofen hervor, wenn es tatsächlich nicht mehr bieten kann! Um es ein wenig spannender zu machen ist es naheliegend die Eier nicht nur zum Sattwerden einzusetzen, sondern sie auf Weltreise zu schicken, aber darauf sind durchaus schon andere Autoren gekommen… Tove Nilssons Ansatz konnte mich außerdem mit viel Liebe zum Detail, klassischen Zubereitungen und einer guten Kochschule mit Ei überzeugen! Ich habe zu keinem Zeitpunkt im Buch das Gefühl gehabt, hier arbeitet jemand nur eine Liste ab, sondern hier kennt sich jemand bei Zubereitungen und mit den ausgewählten Rezepten richtig gut aus! Empfehlen möchte ich es nur Leuten, denen das wichtig ist, denn man braucht Zeit für die Rezepte der schwedischen Profi-Köchin, wird dann aber doppelt belohnt, es schmeckt immer sehr lecker und meistens hat man noch was Neues gelernt! Tove’s besondere Liebe zu allem was aus Asien in unsere Küche kommt, spricht mich daneben natürlich ebenfalls sehr an!

Andreas Buhl: Heimat-Marmeladen

Andreas Buhl: Heimat-Marmeladen
150 verführerische Rezepte mit heimischem Obst,
Gemüse, Blüten und Kräuter

Fotos: Lucas Guizo

Christian Verlag

Preis: 29,99 €

Andreas Buhl: Heimat-Marmeladen
150 verführerische Rezepte mit heimischem Obst, Gemüse, Blüten und Kräuter

Fotos: Lucas Guizo

Christian Verlag

Preis: 29,99 €

Go local – es lohnt sich!

Von Haus aus bin ich beim Thema Frühstück, eher der Typ Espresso to go, gemütliche Frühstücke sind für mich eher etwas für den späten Sonntag-Vormittag, der von mir früher oft nicht süß zelebriert wurde. Marmelade & Konfitüre aus dem Supermarkt waren für mich nie eine Verlockung! Aufgewachsen bin ich mit Frauen, die immer einen eigenen Garten bewirtschaftet haben und die die eingekochte Ernte aus diesem schön säuberlich in der Speisekammer im Keller aufreihten. Allerdings gehörte Marmelade kochen bei Mama und Oma nicht zum Programm, einen Obstgarten hatten wir nämlich keinen. Vielleicht habe ich deshalb bis in meine Vierziger gebraucht, bis ich mich zur Marmeladen-Köchin entwickelt habe. Die Veränderung bei mir setzte erst mit einem Wochenendhaus auf dem Land ein, dass zwar keinen großen Obstgarten hat, aber immerhin zwei betagte Obstbäume, die noch mein Schwiegervater gepflanzt hat. Bei zunehmenden Stress-Level im Job war ich in den letzten Jahren am Wochenende für einen realen und am Ende sehr greifbaren Output in Form von Gläsern mit leckerstem Pflaumen-Mus oder in Form eines schön pikant abgeschmeckten Apfel-Chutney immer sehr dankbar. Manchmal das gebe ich zu, landeten auch gekaufte Früchte im Einmach-Topf. Heute verarbeite ich jedoch sehr viel lieber und eigentlich ausschließlich reine Bio-Ware, entweder von unseren eigenen Bäumen oder aus Geschenktem, das über den Gartenzaun in meine Küche kommt und aus dem, was mir die Streuobstwiesen im Dorf und drumherum so anbieten.

Heimatbesuch und zurück mit Erdbeer-Marmelade aus der Tiefkühltruhe im Gepäck

© Christian Verlag/privat

Andreas Buhl hat sich mit Leidenschaft dem Marmeladen machen verschrieben. Aus seiner Faszination für Küche und Garten ist inzwischen eine Manufaktur geworden, in der er seine selbst gemachten süßen Aufstriche verkauft. Bevor der Hainburger sich ganz dieser Passion verschrieben hat, wurde er erst Koch und wechselte dann mit einer Weiterbildung ins Management von internationalen Spitzenhotels. Egal aus welcher Ecke der Welt kommend Andreas Buhl seiner Oma zu Hause einen Besuch abstattete, immer ist die alte Dame kopfüber in ihre Kühltruhe getaucht und hat es sich nicht nehmen lassen, ihm zum Abschied eine gefrorene Erdbeermarmelade mit zu gegeben. Oma Buhl hatte längst erkannt, dass die Haltbarkeit von Erdbeer-Marmelade begrenzt ist, sie hat die leidige Angewohnheit, nach 3–4 Monaten ihre frischrote Farbe in ein unschönes Rotbraun zu verändern und verliert dabei außerdem ihr köstliche Aroma.

„Als Kind kannte ich nur eine Sorte von Marmelade oder Gelee – nämlich die gute von Mama, in vielen verschiedenen Varianten, selbst gemacht aus den Beeren und Früchten des eigenen Gartens oder hergestellt aus wild gewachsenen Beeren, die wir im Wald oder auf dem Feld gesammelt hatten. Damals hatte ich mir eingebildet, dass alle Marmeladen so lecker schmecken würden …“

Erst als der Hainburger wieder in Deutschland sesshaft wurde hat er sich selbst regelmäßig an den Einkoch-Topf gestellt. Nein halt, nur aus Spaß an der Freude hatte er schon mal in seiner Londoner-Zeit Papaya-Marmelade gekocht. Was damals als Hobby und als Ausgleich zum Arbeitsalltag begann, entwickelte sich allmählich zu etwas Größerem….

Was ist drin?

Praxisbuch mit regionalem Anspruch!

Andreas Buhl hat sein Rezeptbuch zum Marmeladenkochen mit Listen für seine bevorzugten Bezugsquellen und vielen Tipps & Tricks und aus seiner langjährigen Praxis angereichert, sein Einführungs-Kapitel ist kompakt und erfüllt meine Erwartungen! Ganz egal ob es um das Herstellen des Marmeladen-Ansatzes geht oder wie man das Anbrennen im Einkoch-Topf konsequent verhindert, Buhl teilt sein Wissen und seinen umfangreichen Erfahrungsschatz. Und zwar so authentisch, dass ich nirgendwo das Gefühl habe, diese Einführung ist künstlich aufgeblasen und soll nur zum Rezeptteil überleiten.

Heimat im Glas plus ein paar wenige hochwertige Aromaten….

Vom „ Marmeladenmäään“ (so rufen seine Wochenmarkt-Kollegen den Hainburger) gibt es die stolze Anzahl von 150 Rezepten rund ums Thema Einkochen zu Entdecken. Für ein Kochbuch ist dies überdurchschnittlich viel, normalerweise bewegt sich der enthaltene Rezept-Schatz in Kochbüchern im Bereich von 70 – 100 Ideen. Sortiert wird hier erwartbar klassisch in die Kapitel „Bevor es losgeht“, „Beeren“ (Erdbeere mit Rhabarber, Felsenbirne pur) „Kernobst“ (Quitten-Holunder-Gelee, Mispel mit Rum), „Steinobst“ (Aprikose mit Amaretto), „Blüten, Kräuter u. Wildfrüchte“ (Löwenzahngelee, Wildkirsche pur, Hagebutte pur), „heimisch gewordene Exoten“ (Feige mit Rotwein, Kiwi pur), „Gemüse, Bier u. Wein, Säfte“ (Kürbis mit Orangensaft u. Ingwer, Rhabarber mit Holunderblüte, Zucchini mit Apfel, Holunderbeerensaft) bis sich ein Register nach Kategorien anschließt.

Der Fokus der Rezepte ist mehrheitlich saisonal, fügt jedoch hier und da ein paar hochwertige Veredelungs-Zutaten hinzu. Nein, Tonka-Bohne habe ich unter ihnen nicht gefunden, aber eine der 5 verschiedenen Erdbeermarmelade-Variationen benutzt Tahiti Vanille um die Beeren zum geschmacklichen Strahlen zu bringen und ein weiteres Rezept verwendet zum Aromatisieren getrocknetes heimisches Waldmeister-Kraut. Außerdem liebt Herr Buhl das Aroma von Rosenblüten aus dem eigenen Garten (Himbeere mit Rosenblüten, Rosenblüten in Weinbergpfirsich und Champagner). Das weitere Programm ist ein gelungener Mix aus puren Konfitüren (Brombeere pur, Birne pur, Sommerapfel pur), die sich geschickt mit Chichi zurück halten, Gelees (Himbeergelee, Apfelgelee, Gelee von roten Johannisbeeren, Quittengelee) und Musen (Pflaumenmus, Bratapfel-Mus o. Quittenmus) und einigen Kreationen, wo der Kick fürs Sonntagsbrötchen durch gut erhältliche Kontrast-Zutaten (Traube mit Zartbitterschokolade u. gerösteten Mandeln, Pflaume mit Rotwein und Zimt, Kirsche mit Zartbitterschokolade und Kirschwasser) kommt und die mit stimmigen Kombinationen begeistern.

Weniger ist mehr!

Beim Thema Konservierung hat der Experte eine klare Haltung und die lautet weniger ist mehr, in seine Marmeladen-Gläser soll so wenig wie möglich an Zusatzstoffen gelangen. Verständlich solche Marmeladen gibt es reichlich und überall zu kaufen. Buhl schwört auf Gelierzucker 1:1, er enthält im Gegensatz zu den reduzierten Mischungen keine künstlichen Zusatzstoffe. Geschmacklich und für den Gelier-Prozess, enthaltenen seine Rezepte deshalb oft einen deutlichen Anteil an Zitrone, Zitronensaft unterstützt außerdem die Gelier-Eigenschaften bei sehr reifem Obst. Im Umkehrschluss liegt der beste Moment zum Einkochen damit kurz vor dem Erreichen der optimalen Reife. Wer also mit Gelierzucker 2:1 oder höher einkocht, weil man seine Konfitüren trotz Zusatzstoffen, gerne mit weniger Zucker genießt, sollte nach meiner Erfahrung bei der Zugabe des Zitronensafts Vorsicht walten lassen. Ich selbst habe bei meinem Rezept-Check immer weniger Zitrone als angegeben verwendet.

Probiert & Verputzt:

Omas Quittenmus

© Christian Verlag/Lucas Guizo

Der Marmeladen-Macher kennt alle Tricks und schneidet die ungeschälten Früchte direkt am sperrigen Gehäuse ab, bevor er diese in Stücke teilt und anschließend im Schnellkochtopf (bei mir erledigte der nützliche Instant-Pot, den Job) kurz 10 Minuten weich dämpft. Anschließend wird alles durch die „Flotte-Lotte“ püriert und mit Zucker nochmals kurz sprudelnd aufgekocht, bevor das herrliche Mus im Glas landet. Und so macht die die Konservierung der sperrigen Quitte im Einmachglas nicht nur Sinn, sondern direkt Spaß!

Wilde Brombeere pur

© Christian Verlag/Lucas Guizo

Ich bin hin und weg vom Geschmack meiner ersten Brombeer-Marmelade komplett aus „Wildfang“! Die Kursänderung im Marmeladen-Topf habe ich schon im letzten Sommer konsequent umgesetzt: Bei mir kommt nur noch bestes Material hinein – oder wie Andreas Buhl es für sich definiert hat, ich fahre inzwischen nur noch auf Heimat-Marmelade ab! Endlich hat mir jemand, der weiß wie das am besten gelingt, sein Lieblings-Rezept für Brombeer-Marmelade verraten….

Zwetschge mit Zimt

© Christian Verlag/Lucas Guizo

Ich weiß gar nicht wie viel Zwetschgen-Marmelade ich in wieviel Varianten schon gekocht habe? Unendlich sicherlich nicht, aber es waren sehr viele….Garten-Besitzer kennen das, entweder es plagt einen ein schlechtes Gewissen oder man plant den Urlaub um die Ernte herum. Früher war das ja anders, aber heute schätze ich es weniger exotisch im Marmeladen-Topf: Es braucht wirklich nicht immer Tonkabohne & Co, sondern einfach nur ein erprobtes Marmeladen-Rezept, dass den Charakter der Frucht hervorhebt und die Säure ein wenig in Schach hält. Dieses ist ebenso klasse wie unkompliziert! Nachmach-Empfehlung an alle, die Zugriff auf regionale Quellen haben!

Pflaume mit Marzipan

© Christian Verlag/Lucas Guizo

Bei dieser Konfitüren-Kreation ergänzen sich die fruchtige Säure der Pflaumen und das Bittermandel-Aroma vortrefflich, inzwischen ist sie der Frühstücks-Liebling meiner Schwieger-Mama, die voll des Lobes war. Das Rezept von Andreas Buhl wandert direkt in meine Kladde mit Knaller-Rezepten für die Verwertung unserer eigenen Pflaumen-Ernte. – Nachmachen lohnt sich!

Fazit: Kompaktes Wissen und sehr, sehr viele Rezepte, die auf Saison und Regionalität setzen!

Hier haben wir es mit einem sehr gelungenen Destillat eines jahrelangen Erfahrungsschatzes am Einkochtopf zu tun. Der Marmeladen-Fachmann hat außerdem sehr viele bewährte Rezepte , Tipps & Tricks aus seiner Praxis in sein Kochbuch gepackt. Ein Buch für Praktiker, Genießer, Hobbygärtner, die viel Geschmack statt viel Exotik im Marmeladen-Glas vorziehen und dabei auf beste regionale Zutaten als Hauptzutat setzen.

Die Wahl des Titels „Heimat-Marmeladen“ passt perfekt und zeigt schon vom Start weg, was diesem Marmeladenmäään“ am Wichtigsten ist, viel Geschmack und unkomplizierte Rezepturen. Mich hat jedes probierte Rezept, besonders wegen der vielen Tipps & Tricks von Andreas Buhl von seiner Nützlichkeit für meine Vorratskammer überzeugt und genauso sollen meine Lieblings-Konfitüren schmecken!

Roth-Marwedel/Schnellbeck: Käse machen

Worum geht’s?

Alles Käse!

Woher kommt diese Redensart eigentlich? Sie stammt aus einer Zeit, in der Milch und Milchprodukte überall leicht zu bekommen waren, sie galten als etwas Einfaches, nichts Besonderes. Man mutmaßt heute, dass das Wort Käse wahrscheinlich gewählt wurde, um bildlich Geringschätzung auszudrücken. Heute, wo sich Käse zu einem hochwertigen Produkt mit hohem Genussfaktor entwickelt hat, begegnen wir gutem Käse mit größerer Wertschätzung.

Einfach mal selber machen…….

Leicht zu bekommen sind Milch-Produkte jedoch immer noch, die Supermärkte überbieten sich schon wieder mit Kampfpreisen… Doch wer schon mal versucht hat, mit einem griechischem Joghurt aus dem Supermarkt-Regal den im Nahen Osten so beliebten Frischkäse (Labaneh) herzustellen, kommt schnell an eine Grenze die Verdickungsmittel heißt. Bei einem solchen Produkt tropft kaum noch Flüssigkeit ab, dies wurde ihm quasi durch die industrielle Optimierung einfach abgewöhnt. Deshalb hatte ich mir schon länger vorgenommen, mich einfach mal mit selbst hergestellten Joghurt, Quark und Frischkäse zu beschäftigen. Wie so häufig, wenn ich mich auf ein neues Terrain wage, steigt mein Mut los zu legen, wenn ich erfahrene Menschen an meiner Seite habe und das war der Grund warum ich mir das Buch von Sibylle Roth-Marwedel u. Anja Schnellbeck unbedingt genauer anschauen wollte.

Wer kennt sich aus?

© privat /Ulmer Verlag

Sibylle Roth-Marwedel ist Landwirtin und Diplom-Agraringenieurin. Nach Stationen auf verschiedenen Bio-Höfen war sie 25 Jahre in der handwerklichen Milchverarbeitung tätig. Heute ist sie freiberufliche Beraterin für HofkäserInnen und unterrichtet beim Verband für handwerkliche Milchverarbeitung (VHM).

Anja Schnellbeck ist Fachagrarwirtin für handwerkliche Milchverarbeitung. Sie lernte das Käsen in unterschiedlichen Milchverarbeitungsbetrieben. Ihre Wanderjahre als Käserin sind noch längst nicht abgeschlossen, sie ist weiterhin in verschiedenen Käsereien und als Referentin beim VHM tätig.

Was ist drin?

Grundlagenwerk und Vermittlungskompetenz mit Übersicht

„In der eigenen Küche Käse herstellen und in der eigenen Wohnung reifen lassen – geht das überhaupt? Mit dieser Frage machten wir uns vor zwei Jahren an das Wagnis eines Käsebuchs (vorweggenommen: die Antwort ist ja!). Wir verwandelten die Küche in eine Käsewerkstatt. Jeder Handgriff und jede Erfahrung wurde in Wort und Bild festgehalten. Viele Liter Milch sind dabei geflossen und Kolleginnen und Kollegen wurden stets aufs Neue konsultiert…..“

Die beiden Expertinnen haben sich viel vorgenommen, der Rundumschlag in Sachen Käse soll viele Bedürfnisse befriedigen, das Setting zum Thema Käse ist umfangreich und fängt ganz vorne an. Der Besuch auf einem Käse-Hof in Schleswig-Holstein ist Pflichtprogramm, vom Melken über das richtige Futter haben interessierte Selbermacher die Chance ein wenig tiefer und von vorne ins Thema einzusteigen. Der Anspruch auf Vollständigkeit beim Thema ist von der ersten Seite erkennbar und setzt sich damit deutlich von den reinen DIY-Titeln zum Thema ab. Die Autorinnen holen richtig groß aus, schnell entsteht bei mir der Eindruck man hat mehr als einen Ratgeber in Sachen Käse & Co. für Laien im Sinn gehabt und bedient mit diesem Buch ganz klar die Rubrik Käse-Kompendium. Bevor es los geht, wird nicht nur der Kontext bemüht, sondern viel Hintergrund-Wissen rund um die Tierhaltung, Milchsorten, Inhaltsstoffe, Verarbeitung, Grundtechniken vermittelt und Käsevielfalt auf die Bühne geholt. Von Dicklegung und Reifung, bis hin zum Rühren und Wenden, kann mit diesem Fachbuch die Käseherstellung von Grund auf gelernt und optimal vertieft werden. Der Kurs in Buchform spricht im besonderen Maße die Fortgeschrittene-Gemeinde an, die mit Käsen vor allem Handwerk verbindet, konnte bei mir jedoch ebenso viele Zweifel und Unsicherheiten im niederschwelligen Schwierigkeits-Level von Joghurt, Quark, Frischkäse und Paneer abbauen. Beim indischen Paneer-Käse habe ich in diesem Kochbuch sogar das geling sicherste Rezept dafür gefunden, das auf Anhieb klappte und mit toller Konsistenz beeindruckte. Zuviel Rühren zum falschen Zeitpunkt ist dabei nämlich kontra produktiv (siehe Rezept).

Klasse statt Masse!

Die 40 sehr detaillierten Rezepte in der Käse-Bibel covern die bekannten Klassiker wie Skyr, Frischkäse, Camembert, Aschekäse, Blauschimmelkäse, Mozzarella, Pecorino u. a. und erscheinen zunächst nicht viel für so ein umfassendes Werk, werden aber mit ungeheuer ausführlichen und präzisen Schritt-für-Schritt-Anleitungen, 500 nützlichen step by step-Fotos und 50 Zeichnungen so illustriert, dass auch im Anfängerbereich für mich vieles einschätzbarer und klarer wird und ich mich endlich traue loszulegen. Was letztlich ebenfalls daran liegt, dass nicht ausschließlich Rohmilch als Ausgangs-Produkt favorisiert wird. Beim Käsen wird eine wenig verarbeitete Bio-Milch direkt vom Erzeuger jedoch ganz andere Geschmacks-Möglichkeiten bieten, hier würde ich dann vermutlich lieber die Milchtankstelle zwei Dörfer weiter als Einkaufsquelle auswählen. Rohmilch ist allerdings bei der Lagerung und im Handling deutlich anspruchsvoller. Joghurt, Quark und Frischkäse sind für mich jedoch Alltags-Produkte, die einfach und spontan funktionieren sollten.

Erfahrungswerte:

Ich habe vor einigen Jahren schon mal einen Anlauf genommen, die Joghurt-Maschine gab es längst, staubte nur im Keller des Wochenendhauses vor sich hin und selbst Jean Pütz mit seinen Hobbythek-Helfern hat zwar meine Grundausstattung erhöht, mit seiner Vermittlung konnte er bei mir leider zunächst nicht für viel Durchblick sorgen. Mit diesem nützlichen Werk bin ich aber nach den ersten Gehversuchen wieder zu seinen Kulturen und Helfern (Magermilch-Pulver und Inulin) zurückgekehrt, weil ich deren Nützlichkeit erst dann richtig verstanden habe, als ich ein wenig Erfahrung mit dem Prozess hatte.

Was für mich dabei ausschlaggebend war, ist die Akribie mit der alle Rezepte aufgedröselt werden: Erst kommt der Steckbrief, der Orientierung geben soll, dann die umfassende „So geht’s Anleitung“ und wenn ich einfach nur schnell erworbene Techniken auffrischen will, versorgt mich die Kurzfassung („Auf einen Blick“) kompakt und bündig mit dem essenziellen Wissen in der richtigen Zeitfolge, ohne dass ich mich wieder umständlich durch das große Programm lesen muss.

Inzwischen habe ich seit gut 3 Monaten jedes Wochenende entweder Joghurt, Quark oder Frischkäse hergestellt. Nach den ersten Test-Rezepten inzwischen gerne in meinem Joghurt-Bereiter, den ich Euch gerne verlinke, meiner stammt aus einem Ebay-Schnäppchen und wurde komplett selbst von mir bezahlt. Wem es nicht auf ein paar Mark ankommt und wer es außerdem in der Küche gerne schick hat, gehört vielleicht zur Zielgruppe, ansonsten gibt es sehr viele preiswertere Alternativen, ich empfehle nur darauf zu achten, dass das Gerät unterschiedlich Temperatur-Stufen bedienen kann. Quark und Frischkäse fermentieren bei deutlich niedriger Temperatur als Joghurt.

Wer es total unkompliziert will und davon bin ich im Alltag ein großer Fan, der kann mit Abtropfen aus jedem selbst hergestellten Joghurt nach Laune und Bedarf, Quark oder Frischkäse machen und sogar auf gekauften Ricotta verzichten. Das authentische Ricotta-Rezept der Profi-Damen setzt auf die Zubereitung mit einem Säurestarter, der z. B. bei der Käseherstellung als Abfallprodukt anfällt. Es kursieren jedoch im Netz mehrheitlich Ricotta-Rezepte, die es nicht so genau nehmen. Ich benutze für dessen Herstellung inzwischen mein Standard-Joghurt-Rezept und setze die Abtropf-Methode bis zur gewünschten Konsistenz ein. Auf dem Land kann ich sowieso nur mit Glück im nächsten Supermarkt Ricotta kaufen und muss mir dann möglicherweise für den Rest was Neues überlegen, bevor der Verfall zuschlägt. Mit dem jetzt gefundenen Weg bin ich maximal unabhängig und kann spontan Rezepte aussuchen, ohne einkaufen gehen zu müssen, die Bio-Milch aus dem Supermarkt ist immer im Kühlschrank vorhanden.

Jetzt stellen sich vielleicht ein paar Leser hier die Frage, warum denn die Anleitung des Profi-Geräts nicht gereicht hat? Ganz einfach, das ist wirklich super unkompliziert allerdings wird die Konsistenz und die Stabilität beim vorherigen Erhitzen der Milch für die Joghurt-Zubereitung und das ist aus hygienischen Gründen nur notwendig, wenn man Rohmilch verwendet, deutlich stabiler. Dieses Buch verzichtet zum Glück auf unnötiges Equipment, bei mir war es aber nun mal da. Es hat jedoch erst diesen Kurs in Buchform gebraucht, dass der Joghurt-Bereiter endlich vom Keller in die Küche umgezogen ist.

Gut zu wissen:

Wer sich über die beträchtliche Menge an Joghurt wundert, immerhin liefert das Rezept 5 l, dem rufe ich gerne zu, man sollte vorbehaltlich Abtropf-Flüssigkeit mit kalkulieren. Ich mag tendenziell lieber einen sehr cremigen Joghurt und habe außerdem das Buch-Rezept auf 1 Liter runtergerechnet, weil es mit seiner relativ hoch angesetzten Ausbeute, für mich eher die bäuerliche Selbstversorger-Klientel mit großen Haushalten anspricht. Beim Rezept für den indischen Paneer-Käse gibt es am Ende ca. 400 g. Käse, das reicht geradeso für ein 4 Personen-Rezept. Ähnlich erging es mir mit der Quarkausbeute. Es macht also Sinn für sich selbst zu bestimmen, was man am Ende als Ausbeute erhalten möchte. Die Voraussetzung für diese Überlegungen sind im Buch transparent für jedes Rezept dokumentiert. Dann wird schnell klar, dass selbstgemachter Joghurt niemals günstiger als im Supermarkt wird, aber besser und im Hinblick auf die spontane Weiterverarbeitung total unkompliziert und sehr variabel ist. In Sachen Starter habe ich sowohl einen guten aktiven Bio-Joghurt benutzt als auch gefriergetrocknete Starter aus dem Fachhandel, die ich inzwischen bevorzuge, weil diese herrlich unkompliziert sind und es jeweils nur Messerspitzen benötigt, sie sollten jedoch im Kühlschrank gelagert werden.

Stichfester Joghurt + Joghurt mit Fruchtspiegel

© Pedro Torres/Ulmer Verlag

Wenn ich gewusst hätte, wie einfach es ist Joghurt selber herzustellen, ich hätte es schon früher probiert! Außerdem sehr vorteilhaft, es braucht keine weiteren Gerätschaften, die manche sich erst zulegen müssten. Mit einem Fruchtspiegel aus eigener Herstellung top lecker und wirklich unique!

P.S. Die Rezept-Menge habe ich für unseren 2-Personen-Haushalt auf 1 Liter Milch angepasst und seit dem zweiten Durchlauf arbeite ich jetzt mit unkomplizierten Joghurt-Kulturen aus dem Fachhandel.

Paneer

© Pedro Torres/Ulmer Verlag

Die Herstellung ist wirklich schnell und einfach – der indische Paneer ist ein ausgezeichneter Startkäse für alle DIY-Anfänger in Sachen Käse. Im Herkunftsland Indien wird traditionell Joghurt zum Säuern verwendet. Dabei dient der Joghurt nicht als Kultur im üblichen Sinne durch die in ihm enthaltenen Bakterien, sondern sorgt durch seinen Säuregehalt für das Ausflocken der Milch und gibt etwas Aroma hinzu, hier wurde er mit Zitronensaft kombiniert, geschmacklich und bei der Konsistenz eine geschickte Strategie. Inzwischen mein Lieblings-Rezept für den indischen Käse!

Quark

© Pedro Torres/Ulmer Verlag

Nach dem „Verschöpfen“ (Abtropfen) läuft die Molke bei guter Säuerung anfänglich schnell ab, im Umkehrschluss bedeutet es allerdings und dafür ist der Steckbrief im Rezept ungeheuer hilfreich, bei der Ausbeute muss man gehörig Abstriche machen (mehr als 30 % ist nicht drin!). Geübt habe ich reichlich und teile meine Erfahrungen gerne: Mit einer Quarkkultur, Lab und im Joghurt/Frischkäse-Bereiter wurde es nochmal deutlich unkomplizierter. Was ich bei der Joghurt-Zubereitung im Unterschied zur konventionellen Methode nicht feststellen konnte. Die aufgefangene Molke lässt sich außerdem als Säurestarter einsetzen oder pur trinken, der Geschmack ist säuerlich frisch und ein wenig salzig. Wirklich easy und die Empfehlung mit selbstgemachten Joghurt als Ausgangsprodukt der einfachste Weg zum Ziel (Tipp aus dem Buch!). Bei uns gibt es inzwischen Kräuterquark nur noch aus der eigenen Herstellung, fürs Käsekuchen-Lieblings-Rezept darf es wegen der Ausbeute gerne noch gekaufter sein!

Fazit: Ein schönes Kompendium mit hoher Vermittlungs-Kompetenz in Sachen Käse & Co!

Wenn ich schon früher gescheit an die Hand genommen wäre, ich hätte es längst mit selbstgemachten Joghurt, Quark oder Frischkäse probiert! Wer aber nur das vorhat, hat sicherlich preiswertere Alternativen, die es ebenfalls bei mir im Regal gab. Wer das Käsen von der Pike lernen will, ist mit dem wunderbar anschaulichen Kompendium von Sibylle Roth-Marwedel u. Anja Schnellbeck bestens bedient! Mir hat deren sehr anschauliche Vermittlung und tolle didaktische Herangehensweise die Scheu genommen, es selber zu probieren. Alles was weniger kann, habe ich inzwischen weiter verschenkt, denn Platz ist bei mir Mangelware und ich liebe Nachschlagewerke, die auf meine Fragen, schnell umfassende und detaillierte Antworten liefern können.

Elle Teuscher: Super Salate!

Elle Teuscher: Super Salate!

Cristian Verlag

Preis: 29,99 €

Elle Teuscher stammt aus Vanvouver, Kanada, ist aber vor 13 Jahren nach Deutschland ausgewandert – unter anderem, weil man hier zum Beispiel mit dem Rad in die Arbeit fahren kann, und weil es in Hamburg viel weniger regnet als in Vancouver. Auf ihrem Blog »Elle Republic« teilt Teuscher ihre Philosophie der gesunden Ernährung und hört immer wieder, gesundes Essen und ein anstrengender Job passen nicht zusammen. Dass das funktioniert, dafür ist sie selbst das beste Beispiel und jetzt möchte Elle uns inspirieren, es ihr nach zu tun.

Salate mit Rezept – man gönnt sich ja sonst nichts!

„Salat kann so viel mehr sein als eine Vitaminquelle. Für mich ist ein Salat Ausdruck von Kreativität, die durch die Kombination passender Zutaten zu einem Geschmackserlebnis wird.“
Elle Teuscher

Die entscheidende Frage stellt die Kanadierin zu Beginn ihres Salate-Kochbuchs, dass sie bezeichnenderweise „Super Salate!“ nennt gleich selbst: Braucht man für einen Salat ein Rezept? Ihre erste Antwort lautet nein, eigentlich nicht, ein paar Zutaten zusammenwerfen und ein Dressing (Master-Rezepte gibt es ebenfalls im Kochbuch) darüber geben ist wirklich nicht schwer. Doch wenn es mal was Besonderes sein, oder der Salat zum Hauptdarsteller werden soll, dann ist ein Rezept eine Option, die dafür sorgen kann, dass man sich gerne noch einen Nachschlag gönnt und nicht froh ist, wenn die gesunde Portion endlich aufgegessen ist. Darauf hoffe ich tatsächlich sehr, Salate haben in meiner Küche bislang sehr häufig die Nebenrolle innegehabt, jetzt muss das anders werden, weil ich meine Gewohnheiten in Bezug auf Essen aus guten Gründen definitiv ändern will. Wird es gelingen, dass diese Autorin mich mit tollen Salat-Rezepten erfolgreich umprogrammieren kann?

Möglichst saisonal genießen

Sich gesund und trotzdem herzhaft und sättigend zu ernähren ist das Credo, dem sich die Wahl-Hamburgerin mit ihrem Food-Blog vor einigen Jahren verschrieben hat. In diesem Kochbuch hat sie die Lieblingsrezepte des Blogs für Salate zusammengestellt. Die allermeisten davon sind für Vegetarier oder Flexitarier (Lammfilet mit orientalischem Bulgursalat, Klassischer Caesar Salad mit Hähnchen, Kartoffelsalat mit Räuchersaibling) geeignet und einfach zuzubereiten. Mit wenigen Ausnahmen verwendet sie dafür gerne saisonales und regionales Gemüse, dass sie am liebsten auf dem Wochenmarkt einkauft. Bei der Entwicklung ihrer Rezepte greift Elle Teuscher gerne auf ein Repertoire aus Zutaten zurück, die sie immer wieder verwenden kann, ohne dass sie ihr langweilig werden. 65 Salat-Optionen sind es tatsächlich geworden die dieses Salat-Kochbuch in saisonaler Anordnung präsentiert. Wir haben uns Salat technisch im Sommer-Kapitel umgetan und alles was wir probiert haben, motivierte uns mit noch mehr Salat als Hauptdarsteller weiter zu machen, denn geschmeckt hat es uns wirklich sehr gut! Ehrlicherweise muss man hier jedoch auch erwähnen, dass das Geschmackserlebnis, die Sensorik und der finale Salat-Look der hier präsentierten Salate durchaus mal im Frühjahr nach Kirschtomaten, Paprika oder grünen Bohnen als Zutaten verlangt (Dicke Bohnen-Salat nach griechischer Art, Spargelsalat mit gemischten Bohnen, Zitrone und Kräutern). Wer das berechtigterweise enger sieht und nicht mal ausnahmsweise ein Auge zukneifen möchte, kann sich die entsprechenden Kreationen für die heimische Saison vormerken. Bei Rezepten mit Spargel ist jedoch manchmal eine Entscheidung fällig!

Je bunter ein Gericht ist, desto besser schmeckt es!

Bei Elle geht es jeden Tag bunt und abwechslungsreich zu: Salatblätter werden häufig mit Gemüse, dass wenig Stärke enthält (Kohlrabi, Blumenkohl, Pilze, Lauchzwiebel, Gurke, grüne Bohnen, Spargel, Artischocken, Zucchini, Spitzpaprika, Brokkoli) kombiniert, dazu gesellt sich häufig eine Mischung aus guten Proteinen (Linsen, Bohnen, Nüsse/Körner), komplexen Kohlehydraten (Süßkartoffel, Kürbis, Karotten, Rote Bete, Pastinaken), Früchten, Getreide oder sogenanntes Pseudogetreide, wie Quinoa (Quinoasalat mit Za’atar), Kräutern und geröstete Nüsse sorgen am Schluss für Aroma und Textur. Kontraste sind bei diesen Rezepten Bestandteil des Programms, pikante Zutaten werden mit Trockenfrüchten, frischem Obst (Glasnudelsalat mit Erdbeeren und Gurken) oder einem Dressing mit Honig oder Ahornsirup (Herbstlicher Nudelsalat mit geröstetem Kürbis) insgesamt ausgewogener. Klar denken die meisten bei Salat sofort an Blattsalate folgt man aber Teuschers Ideen für einen spannenden Salat, lohnt es sich durchaus, die Blätter einfach mal ganz wegzulassen (Linsensalat mit Karotten und Tahin-Dressing). Die Speisekammer sollte mit Tahin (Spargelsalat mit Zitronen-Tahin-Dressing), Olivenöl, Sesamöl (Thai-Salat mit Erdnussdressing), verschiedenen Essigen und Gewürzen gut bestückt sein, wenn man sich mit Elle Teuscher an neue Salat-Ideen wagt, es braucht deutlich mehr als 5 Zutaten. Bei uns ist dies jedoch noch nie ein Problem gewesen und wir haben alle Salat-Mahlzeiten sehr genossen!

Tipps fürs Gelingen und Liebe zum Detail!

Eine Salat-Schleuder gehört für die Kanadierin unbedingt in die ambitionierte Salat-Küche und damit hat sie total Recht, ihre Salate sind keine kulinarischen Eintagsfliegen und verdienen Aufmerksamkeit und ein gewisses Engagement! Es lohnt sich, die Rezepte gründlich durchlesen diese Autorin achtet auf jedes Detail, dass bei der Zubereitung ihrer Super Salate, ein stimmiges Geschmackserlebnis beeinträchtigen könnte. Wir können absolut bestätigen, dass diejenigen die sich dafür Zeit nehmen wollen, mit sehr abwechslungsreichen wohlschmeckenden Salat-Kreationen belohnt werden!

Probiert & Verputzt:

Belugalinsensalat mit orientalischem Dressing

©Elle Teuscher/Christian Verlag

Ein einfaches Rezept für einen Belugalinsensalat mit mediterranen Aromen und Einflüssen aus dem Nahen Osten. Und natürlich schmeckt das Ergebnis sehr fein! Der leckere Salat kann bequem unter der Woche als gesundes Mittag- oder Abendessen gemacht werden, Reste können im Kühlschrank gut bis zum nächsten Tag aufbewahrt werden. Wir empfehlen das Rezept sehr gerne weiter, weil der Salat uns ziemlich begeistert hat!

Mediterraner Kartoffelsalat mit Senf & Kapern (ohne Mayonnaise)

©Elle Teuscher/Christian Verlag

Ein angenehm leichter Kartoffel-Salat mit würzigem Senf-Dressing, frischen Kräutern, Lauchzwiebeln, Radieschen und Kapern, der ebenfalls prima zu Gegrilltem passt und mit knackigen Texturen und jede Menge Geschmack überzeugt. Ein echter Volltreffer bei dem wir nichts vermisst haben!

Bohnen-Kartoffel-Salat

Eine weitere Kartoffelsalat-Variante, diesmal mit ein wenig krossem Speck und blanchierten grünen Bohnen variiert, ebenfalls sehr gut!

Schwarzer-Bohnen-Salat mit Avocado und Mango

©Elle Teuscher/Christian Verlag

Dieser Salat aus schwarzen Bohnen beeindruckt durch die Kombination mit süßer Mango, Avocado, roter Zwiebel, Koriander und einem säuerlichem Limetten-Dressing. Aromatisch dicht zauberte er ein wenig Mexiko auf unsere Teller. Das Beste ist allerdings, diese Salat-Kombi schmeckt nicht nur gut, sondern sieht auch noch verdammt gut aus! Eine kleine Anmerkung habe ich noch, ich habe deutlich weniger Limettensaft für das Dressing verwendet.

Zucchinisalat mit Kichererbsen, Zitrone, Parmesan & Kräutern

©Elle Teuscher/Christian Verlag

Ein herrlich einfacher, fast veganer Salat mit Zucchini, Kichererbsen, Zitrone, Parmesan und Kräutern, der sich in unserer kochfaulen Sommerküche fest etabliert hat.

Fazit: Viel Geschmack, statt schnelle Nummer!

Ich hatte dieses Kochbuch schon eine Weile in meinem Bücher-Regal stehen und habe es vor einigen Wochen direkt in die Küche geholt, weil ich mehr Salat und Gemüse essen und es mir mit Genuss und leckeren Kreationen dabei einfacher machen wollte. Die Rechnung ist voll aufgegangen, die Sommer-Salat-Session mit Rezepten von Elle Teuscher hat super viel Spaß gemacht! Voraussetzung für diesen Genuss ist eine gut sortierte Speisekammer und die Bereitschaft, sich für jeden Salat ein wenig Zeit zu nehmen. Aber mit irgendwas musss man sich ja motivieren und überlisten, wenn es zukünftig mehr „Grünzeug“ auf dem Teller geben soll. Was mir außerdem gefällt, dass die Autorin ihr Konzept für super Salate erklärt, die nicht nur gut, sondern sehr gut schmecken. Die diversen verlangten Zutaten werden gerne immer wieder neu kombiniert, was ich ebenfalls wichtig finde.

Shemesh-Kitchen

Sophia Giesecke & Uri Triest: Shemesh-Kitchen

Viel Sonne, viel Gemüse, viel Geschmack

Fotos: Sophia Giesecke

Dumont Verlag

Wer kreiert und kocht?

„Unsere Küche ist urban und trotzdem natürlich, sie ist international und trotzdem lokal.
Doch vor allem schmeckt sie (uns).“

Sophia Giesecke & Uri Triest

© Marina Jerkovic

»Erlaubt ist was schmeckt, ist Uris und Sophias Philosophie in der Küche. Das Entscheidende ist dabei für beide, die gute Qualität der verwendeten Produkte, damit kochen sie intuitiv und spontan. Die beiden Wahl-Berliner gründeten ihren Food-Kanal SHEMESH KITCHEN vor knapp zwei Jahren, schnell kochten und filmten sich in die Herzen ihrer Follower*innen auf TikTok und Instagram. – Was definitiv nicht nur an ihren leckeren internationalen Kreationen, sondern ebenfalls an ihrer mitreißenden Art liegt. Jetzt gibt diese vielseitigen Rezepte endlich kompakt zum Nachkochen als Buch. Der Name Shemesh Kitchen kam von Uri, der ursprünglich ein Restaurant mit dem Namen eröffnen wollte. „Shemesh“ heißt auf Hebräisch Sonne, und die ist ja bekanntlich für aromatisches Gemüse zuständig.

Was ist drin?

„Eine Tomate soll wie eine  Tomate schmecken, allerdings  soll sie wie die beste Tomate  aller Zeiten schmecken. Wir wollen Fleisch nicht ersetzen,  sondern stolze Gerichte kreieren,  die in sich stimmig sind. Ohne Kompromisse!.“
– Sophia Giesecke & Uri Triest

Vegan oder endlich doch deutlich mehr?

Als ich dieses Kochbuch das erste Mal in der Verlagsankündigung sah, war ich zunächst wenig begeistert, ich hielt es fälschlicherweise nur für eines der vielen veganen Kochbücher, die zwar nette Rezepte haben können, die aber häufig keiner vermisst, der nicht ausschließlich vegan essen möchte. Ein solches Projekt in Berlin zu verorten, ist naheliegend, gilt die Hauptstadt doch als Hochburg der veganen Restaurant-Szene im Lande. Ehrlich gesagt, schwebt mir aber deutlich mehr vor, wenn ich an ein radikal modernes Kochbuch für Genießer denke! Auf Fleisch verzichte ich dabei gerne, mehr kann, muss aber nicht sein! Mit Genuss und kreativen Ideen hat man mich jedoch sofort! Als ich Shemesh-Kitchen tatsächlich in den Händen hielt, war der erste Eindruck vielversprechend und machte mich sehr neugierig auf alles, was dabei auf meinen Teller kommt.

Inspirationen aus aller Welt zum Teilen und ohne Fleisch

Sophia Giesecke & Uri Triest sind ambitionierte Autodidakten, in Israel und Brandenburg aufgewachsen, gehört für die beiden das bunte Nebeneinander kulinarischer Verlockungen zu ihrem Alltag. Neben der Hipster-Weinbar mit Farm-to-table-Konzept, findet sich in ihrem Neuköllner Kiez ganz selbstverständlich in unmittelbarer Nähe ein arabisches Frühstückslokal und beide leben wunderbar damit. Es sind also nicht die Kochstile und Konzepte, die im verdichteten urbanen Raum die Trenn-Linien setzen, sondern vielleicht eher etwas was wir Neu-Deutsch manchmal mit „Attitude“ übersetzen. Uri und Sophia sind neugierige Genießer, festlegen lassen sich die beiden dabei nicht gerne und wenn sie sich was vorschreiben lassen, dann allenfalls vom saisonalem Angebot und der Qualität der verwendeten Produkte. Die Rezepte der Berliner werden, wie es sich für eine pulsierende Metropole gehört, nach Tageszeiten von morgens (Bananenbrot mit salziger Kokossoße oder Perlzwiebel-Quiche) bis in die Nacht (Pita-Käsetoast mit Jalapeño und Tomatendip, Live-forever-Slaw) zusammengehalten und unterscheiden in den Clustern nicht zwischen Süßschnäbeln und Menschen mit Vorliebe für etwas Herzhaftes. Am Abend können wir z. B. Röstapfel mit Whisky-Parfait und Karamell oder Labneh-Tortellini mit Za’atar verputzen. Im Mittags-Angebot der Shemesh-Kitchen gibt es neben Salaten (Zucchinisalat mit Aprikosen u. Ziegenkäse, Kartoffelsalat á la Shemesh – lecker!), Suppen (Nekatrinen-„Gazpacho“ mit Sellerie-Granita), Sandwiches (Peperonata-Sandwich), kalte (Wassermelonen-Carpaccio mit Labneh u. Raki oder Blaubeeren mit Frozen-Joghurt u. weißer Schokolade) und warme Köstlichkeiten (Fish Cakes mit roter Bete und Joghurt, gebratener Romanasalat mit Blauschimmelkäse u. Tahini). Die Berliner sind keine eingefleischten Vegetarier, trotzdem haben sie sich entschieden, auf Fleisch zu verzichten. In ihrer Küche findet sich neben Eiern, Milchprodukten und ein wenig Fisch hauptsächlich Gemüse, aus dem sie mit ein paar interessanten Begleitern und klassischen Koch-Techniken, das Bestmögliche herauskitzeln. Flankiert wird das Angebot, das sich ausdrücklich zum Teilen anbietet, mit ein paar Basic-Rezepten (gebeiztes Gemüse im Ofen gebacken oder besonders ehrgeizig: kalt geräuchert, Labneh, Veganaise), die allein oder als Zutat für die Komponenten-Rezepte kreiert wurden.

Das Salz in der Suppe oder Kochen wie die Profis

Für Uri und Sophia gibt es beim Kochen fast nichts Wichtigeres als Salz. Mit Salz begann ihre Freundschaft und Salz schweißt die beiden noch heute zusammen – oder zumindest ihre Rezepte. Sie meinen, die meisten verhunzten Gerichte können mit etwas mehr Salz einigermaßen gerettet werden und Essen im Restaurant schmeckt meistens allein deshalb besser, weil es besser gesalzen ist. Aber »besser« ist nicht unbedingt mehr. Um sicherzugehen, dass ein Gericht gut gesalzen ist, haben sie einen einfachen Trick: Es wird direkt bei jedem Schritt gesalzen. Das hat zwei Gründe: Erstens ist es viel schwieriger, bei einem ganzen Topf Suppe richtig einzuschätzen, wie viel Salz nötig ist, als bei jeder einzelnen Zutat und so wird unmittelbar jede Zutat geschmacklich ein bisschen gehoben. Dies ist tatsächlich ein Kniff, den viele Küchen-Profis nutzen und bringt für nahezu alle Speisen wirklich was, fordert für mich jedoch genauso Umsicht ein!

Rezepte mit Anspruch!

„Unsere Rezepte sind manchmal ganz leicht und manchmal eher herausfordernd – so wie das Leben“. – Sophia Giesecke & Uri Triest

Probiert & Verputzt:

Für ein Kochbuch, dass ich zunächst nicht „auf dem Zettel hatte“ fiel das Probekochen umfangreicher als sonst aus, auch weil alles was wir probiert haben, zu außergewöhnlich schmackhaften Ergebnissen auf unseren Teller führte, habe ich neben den üblichen 3 Optionen einfach noch ein paar Küchen-Sessions à la Shemesh Kitchen dran gehängt und es absolut nicht bereut!

Sabich Croissant

© 2023 Shemesh Kitchen
Foto: Sophia Giesecke

Sabich ist ein irakisch-israelisches Gericht, das üblicherweise in Pitas serviert wird und aus Aubergine, Ei, manchmal Kartoffeln, Tahini und Petersilie besteht. Überraschenderweise haben die zwei Shemesh-Macher Pitabrot gegen knusprige Croissants getauscht und noch weichen Ziegenkäse dazugegeben – Dies ist Uris  Hommage an einen der besten Sabich-Läden überhaupt: „Sabich Tchernikhovski“ (eine Institution in Tel Aviv). Die Berliner Sabich-Kreation hebt sich kreativ und sehr köstlich vom Original ab und ist genau richtig für einen besonderen Sonntags-Brunch!

Fischshuka

© 2023 Shemesh Kitchen
Foto: Sophia Giesecke

Die Shakshuka-Version aus dem Hause Shemesh Kitchen ist nicht ganz authentisch: Uri Triest hat seiner Interpretation mit Zitronengras ein interessantes frisches Aroma verliehen. Er beweist dabei Händchen, denn die ungewöhnliche Zutat drängt sich nicht vorlaut in den Vordergrund, sondern reiht sich in einen harmonischen Geschmacks-Kanon ein. Als Topping ist alles erlaubt: Feta, Merguez (unsere erste Wahl!), Kichererbsen oder Auberginen. Tomaten sind hier die Hauptzutaten und müssen von bester Qualität und wirklich reif sein. Wir haben sie saisonbedingt durch Dosenware erster Qualität ersetzt. Ziemlich, ziemlich gut, meinte mein Mitesser, auch wegen dem Pernod, der hier als weitere Geheimzutat wirkt!

Gefüllte Süßkartoffel mit Kichererbsen Ragout

© 2023 Shemesh Kitchen
Foto: Sophia Giesecke

Dieses Rezept ist angelehnt an »Siniyah«, ein Gericht aus dem Mittleren Osten, in dem Lamm mit Tahini überbacken wird. Sophia & Uri haben wieder eine eigene – diesmal sogar vegane Variante kreiert. Die Tahini bekommt durch das Backen eine Gratin-artige Konsistenz. Mit dem pikanten Kichererbsen-Ragout und dem süßen Fleisch der Kartoffel ergibt das ein perfekt abgerundetes Mittagessen. Klasse, die Zeit für die Zubereitung der einzelnen Komponenten hat sich gelohnt!

Zucchini-Puffer mit Kräuterquark

Ein Alltagsklassiker, im Sommer hat immer einer in der Familie oder Bekanntenkreis eine Zucchini-Schwemme im Garten oder der Wochenmarkt lockt mit super Qualität zu günstigem Preis. Ich weiß nicht, wie viele Variationen ich schon probiert habe, gefühlt unendlich viele…. Uris Rezept ist perfekt und der Kräuterquark eine Delikatesse!

Zimt-Babka mit Zwetschgen-Kompott und Mandeln

Superlative sind bei mir eher selten, hier lehne ich mich jedoch gerne weit aus dem Fenster: dies ist mit Abstand die beste Babka-Version, die es je in meiner Küche gegeben hat! Knusprig Zimt parfümiertes Gebäck wird mit einem aromatischem Zwetschgen-Kompott, karamellisierten Mandeln und saurer Sahne getoppt. – Göttlich, da könnte sogar der Perfektionist aus London neidisch werden….

Linsensuppe mit Bohnen

Eine mit rauchiger Paprika-Butter, Kreuzkümmel, Koriander und Fenchelsamen aromatisierte Linsen-Suppe, die Einlage aus grünen Bohnen und Kurkuma sorgen für Farbe und Textatur – wirklich fein!

Flagelolet-Bohnen-Msabbaha

Msabbaha ist die kleine Schwester des Hummus und wird nur kurz gestampft und mit Petersilienöl, Burrata und Tahin serviert. Ziemlich aufwendig, weil jede Portion aus allen Komponenten einzeln zubereitet wird. Ich brauche sicherlich noch einen weiteren Anlauf, um es perfekt hinzukriegen.

Kartoffelsalat á la Shemesh

Das deutsche Nationalgericht wird mit zwei Sorten grüner Bohnen (Typisch Uri, der erst zufrieden ist, wenn es perfekt geworden ist!) , Radieschen und einer Handvoll Dill getunt. Optisch sieht der Salat noch wie bei Oma aus, geschmacklich hat er mit seinem Ziegenkäse-Dressing Omas Version längst hinter sich gelassen. Definitiv ein Keeper-Rezept, beim nächsten Mal reicht mir aber eine Sorte grüne Bohnen!

Umami Bluccoli

Deutscher Kohl (Blumenkohl + Brokkoli) bettet sich auf einer samtigen Soja würzigen Tahina und lässt sich vom Crisp des chinesischen Chili-Öls umgarnen, bevor alles optisch interessant, mit schwarzem Sesam getoppt wird – spannend und super lecker!

Fazit: Lange gesucht und jetzt endlich gefunden!

Dieses Kochbuch ist ein echtes „Brett“: fast jedes Rezept, das ich probiert habe, war ein Knaller! Die Zimt-Babka mit Zwetschgen-Kompott und karamellisierten Mandeln ist ein Gedicht, da sitzt wirklich jeder Akzent! An diesem Rezept hätte der detailverliebte Yotam Ottolenghi, da bin ich sicher, absolut seine helle Freude! Wie der Engländer arbeitet die Shemesh-Kitchen mit einem Komponenten-System, das zum kreativen Einsatz ermuntert. Im Umkehrschluss bedeutet das aber, ich habe bei einzelnen Rezepten mindestens solange für die Zubereitung gebraucht wie bei den Rezepten von Mr. Ottolenghi. Für mich war jedoch jede Minute sehr gut investiert, weil dabei herausragende Ergebnisse möglich werden und nichts austauschbar ist. Nach einem solchen Kochbuch das Genuss und Perfektion mit einem modernen Ansatz verbindet habe ich auf dem deutschen Markt immer gesucht. Voila – hier ist es liebe Genießer, wir müssen uns nicht mehr ausschließlich in London bedienen!