Supperclub Kochbuch: Geheime Küchen, Underground-Dinner & mehr
Edition Michael Fischer
Preis: 24,99 €
„Wo geht’s hier zum Supperclub?“
Worum geht’s?
Underground-Restaurants sind der heißeste Trend der Kochszene. Statt in eleganten Gourmettempeln mit weißem Tischtuch zu speisen, trifft man sich bei Feinschmeckern, die in ihren eigenen vier Wänden zum geheimen Dinner einladen. Platz nehmen darf jeder, der sich schnell genug anmeldet. Was serviert wird und wo man eingeladen ist, erfahren die Gäste per Mail oder auch auf einer Postkarte erst kurz vor dem Event.
In den großen Glamour-Metropolen wie London und Paris gibt es die sogenannten Supperclubs schon etwas länger. Seit ein paar Jahren schwappt die Idee auch nach Deutschland. Das Prinzip ist eigentlich simpel: Hobby-Köche richten in ihrer Privatwohnung ein Abendessen aus. Daran nehmen allerdings nicht Freunde, Nachbarn oder die Familie teil, sondern völlig fremde Menschen. Die Betreiber des Supper-Club kochen in der Regel auf sehr hohem Niveau, manchmal versteckt sich sogar ein Profi hinter der Küchenschürze.
Die Gäste sind ein sehr gemischtes Grüppchen. Zu Supper-Clubs gehen Menschen von zwanzig bis sechzig, einfache Angestellte, Studenten und Akademiker, manches Mal kommen mehr Frauen als Männer, hier treffen sich Kontakt suchende Singles und aufgeschlossene Paare sowie die Jäger kulinarischer Highlights. Oder auch Menschen, denen das Essen völlig egal ist, Hauptsache, Geistesblitze und Gesprächsfunken bestimmen das Tischgespräch und sorgen für eine anregende und angenehme Atmosphäre. Allen gemeinsam ist, keiner will ins Restaurant.
Wie sieht es aus – oder ein Buch das weiß was zu ihm passt!
Ein schöner breitformatiger Pappband liegt vor mir. Der geprägte Titel erfreut die Haptikerseele in mir. Die Fotos sind stimmungsvoll und das geschmackvolle überwiegend schwarze Layout machen richtig was her. Ein Buch das sich gleichermaßen in der Küche wie auf dem Coffee-Table wohlfühlt und seinen Gastgebern, Geschmack attestiert. Die wertige Fadenheftung gefällt mir, denn bei mir darf es definitiv auch mit in die Küche und wird zum Nachkochen oft und gerne aufgeschlagen. Sehr anregend fand ich auch, dass das Layout im Rezept-Untertitel schon mal die wichtigsten Aromageber bei den Zutaten auflistet, das war für mich ein echter Teaser.
Was ist drin – oder ein Besuch bei deutschen Supper-Clubs, der Spaß macht!
Das Supperclub-Kochbuch portraitiert zehn der bekanntesten und spannendsten Underground-Aktivisten des guten Geschmacks, mit ihren Geschichten, ihren Machern und natürlich ihren Rezepten. Jeder Supper-Club verrät uns ein Menu und macht Lust darauf, dieses zu Hause nach zu kochen.
Die größte Supper-Club Dichte können wir aktuell in Berlin verzeichnen, mit dabei Krautkopf (Krautkopf) und Sophia Hoffmann (Oh, Sophia) aus Berlin, beide vegetarisch, vegan orientiert. Yannik und Susann von Krautkopf sind eigentlich Fotografen, erfolgreiche Blogger, Buchautoren und Gelegenheitsgastgeber, für deren Dinner kein festes Regelwerk besteht. Mal treffen sie sich in kleiner Runde mit nur 13 Leuten oder auch mal mit doppelt so vielen Teilnehmern. Mal laden sie einen bestimmten Kreis ein und dann sind sie wieder offen für alle. Einen regelmäßigen Zyklus gibt es jedenfalls nicht, die beiden laden dann ein, wenn sie Lust und Zeit haben. Treffpunkt ist entweder eine private Wohnung, ein Loft, eine Event-Location oder im Sommer gerne auch mal eine idyllische Wiese hinter einem Bauernhof. Wichtig sind beiden dabei, saisonale, regionale Produkte für ihre Menüs zu verarbeiten. Und so liest sich ihr Menü beginnend mit Kürbis mit Linsencurry, einem Babyleaf-Salat mit Pfirsichen und zum Abschluss verführerische Schokoküchlein mit Beeren schon mal unglaublich lecker für mich. Die Fotos können diesen Eindruck noch verstärken, denn die beiden haben als Menschen vom Fach, einfach ein Händchen dafür, mich von der Couch zu holen. Angenehm auch das alle Gerichte trotzdem noch sehr authentisch wirken, den gewissen Twist haben, und trotzdem nicht sehr kompliziert wirken. Das bekommen auch nicht so erfahrene Köche gut hin und die bewundernden „Ohs und Ahs“ Eurer Gäste werden sicherlich nicht auf sich warten lassen.
Sophia wiederrum steht für vegane, bunte Kreativküche, was ihr da alles einfällt ist phänomenal. Dabei ist sie alles andere als ein Profi. Kochen war zwar immer ein Thema für sie, aber eine Kochausbildung hat sie keine, sondern ist eine echte Autodidaktin. Nach einer abgeschlossenen Friseurausbildung einem abgebrochenem Studium und häufigem jobben in der Gastronomie, hat sie jahrelang als DJ gearbeitet, was aber körperlich sehr belastend war. In dieser Zeit hat sie sich viel mit gesunder Ernährung beschäftigt und begann auch journalistisch zu kulinarischen Themen aktiv zu werden. Der eigene Blog der daraus entstand, bot ihr endlich das passende Podium, um ihre ungeheure Kreativität auszuleben. Inzwischen hat sie nicht nur ein eigenes veganes Kochbuch veröffentlicht, sondern ist auch bei You-Tube mit einer eigenen Koch-Show aktiv. Ihr grüne Punkte Menü bestehend aus Rotkohl-Strudel mit grünen Punkten, Zucchini-Pasta mit Kapernpunkten und süßen Galettes mit Kiwi und Traubenpunkten, ist einer inzwischen verstorbenen Freundin gewidmet, die sich an Karneval statt Verkleidung, einmal mit grünen Punkten beklebte.
Daniel Grothues ist Chef und Kopf von Daniel’s Eatery. Er versteht sich als Kreativer, der kocht und Koch, der kreativ ist. So verbindet er neue Zutaten und ebenso Design mit dem Kochen. Immer mit einem besonderen Pfiff. Daniel, ebenfalls kein Profi, hat schon als Kind nach der Schule sein Essen selbst gebrutzelt. Später als Marketing–Student in den Niederlanden wurde daraus eine echte Leidenschaft und nach einigen Stationen im Marketing und einer Karriere als kochender Free-Lancer, war es dann nicht mehr weit bis zum eigenen Supperclub. Getrieben von dem Wunsch, seine Erfahrungen mit anderen Menschen zu teilen und vielleicht auch auf diese Weise Schwung in seinen Freundeskreis zu bringen, ist er mit seinen Menüs sehr experimentierfreudig und möchte seinen Gästen neues und spannendes bieten. Seine rote Bete-Suppe mit Meerrettich, Ingwer, Fenchel und sogar weißer Schokolade haben wir zu Hause probiert und waren sehr begeistert.
Aber was in Berlin geht, das geht auch in München, Frankfurt, Kassel oder Dortmund:
Sebastian Hoffmann von Gourmandpunk aus München ist Profi mit internationaler Erfahrung, der schon seit Jahren für ein Catering-Unternehmen am Herd steht und nach vielen Jahren in der Branche endlich wieder nach eigenen Vorstellungen und Ideen kochen wollte. Der Schritt zum Betreiben eines Supperclubs war da naheliegend, denn hier kann er nach eigenen ethischen Überzeugungen entscheiden, was er verarbeiten möchte, er muss sich paradoxer Weise nicht mal besonders nach den Wünschen seiner Gäste richten, denn die haben die Überraschung quasi gebucht. Früher hat Sebastian supperclubmäßig für Freunde und bei Freunden gekocht. Heute geht er nur noch in fremde Wohnungen, das findet er einfach spannender. In der Regel sitzen 12 – 14 Personen an seiner Tafel, häufig sind die Gäste bei ihm überwiegend weiblich. Alkoholfreie Getränke werden angeboten und die Gäste kümmern sich um den Wein. Feste Menüpreise gibt es nicht, sondern die Gäste zahlen nach eigenem Ermessen einen Unkostenbeitrag für das Essen. Uns hat Sebastians Idee für ein Tiramisu mit Karamell, Sherry und Rosenwasser und dem Teelöffel Ras el-Hanout darin geschmacklich überrascht und überzeugt.
Lust auf mehr? – dann schaut Euch doch einfach mal um!
Zum Beispiel bei Armeritta aus Dortmund
oder auch bei Ceci n’est pas un restaurant, die sporadisch in Frankfurt oder Köln aufkochen.
Zum Schluss gibt es noch ein Register und eine schöne Supperclub-Landkarte für deutschsprachige Supperclub-Fans.
Was ist besonders – oder eine persönliche Einladung inklusive!
Ich muss gestehen, ich bin sehr an neuen Themen zu kulinarischen Trends interessiert, besonders, wenn es da um die Initiativen von besonders engagierten Zeitgenossen geht, die kreativ und mit ungeheurem Engagement Streetfood und Supperclubs auch bei uns etablieren. Das geht wirklich nur, wenn man mit echtem Herzblut dabei ist und das macht eine „Bürotante“ wie mich neidisch und sehr demütig, denn darin steckt ungeheuer viel Arbeit!
Um diese Protagonisten auch authentisch zu präsentieren, nämlich mit all ihren Facetten, Leidenschaften und Talenten, braucht es aber definitiv das Händchen eines guten Texters, der die Leser quasi direkt an den Küchentisch der Akteure einlädt und persönliche Atmosphäre wie bei einer echten persönlichen Begegnung herstellten kann. Das ist wirklich nicht einfach oder lässt sich in einer Agentur am Reißbrett planen, deshalb gibt es bei den vielen Titeln über Food-Trucks nur wenig wirklich gute in meinen Augen. Viele bleiben einfach zu oberflächlich und die Verbindung zwischen Fotos und Texten zündet nicht, weil es häufig zwar technisch perfekt ist, aber sehr unpersönlich bleibt. Diese persönliche Note macht aber für mich gerade den Unterschied, zwischen Beliebigkeit und gelungenem Projekt und das wurde hier für mich erreicht. Ich habe praktisch mit allen Akteuren am Küchentisch gesessen zugehört, gestaunt und am Ende auch sehr gut gegessen und genauso wünsche ich mir das bei einem solchen Thema.
Meine Erfahrungen – Praxistest:
Wir haben es mit dem Kürbis mit Linsencurry von Krautkopf, der roten Bete-Suppe mit Meerrettich von Daniel‘s Eatery und dem Tiramisu mit Karamell, Sherry und Rosenwasser von Gourmandpunk probiert, alles sehr lecker, gut nach zu kochen und dem nötigen Twist, das es bei uns und unseren Gästen gezündet hat.
Beim Durchlesen der Rezepte hatte ich irgendwie das Gefühl, dass beim Rezept für den Bunte-Bete-Salat, das Verhältnis nicht ganz ausgewogen ist. 2 Bunde Petersilie, die dann gar nicht mehr auftauchen beim Anrichten, sondern nur als Garnitur auf dem Foto zu sehen sind, erschien mir ad hoc irgendwie nicht ganz stimmig, allerdings kaufe ich Petersilie immer im arabischen Laden und das sind 2 Bund wirklich eine ganz schöne Menge.
Fazit: Ein sehr schönes Buch zum neuen Trend, dem es gelingt, authentische Akteure zu präsentieren, ganz so als wenn wir bei diesen persönlich zum Essen eingeladen gewesen wären. Sehr unterhaltsam mit kreativen Rezepten die Pfiff haben, aber nicht zu kompliziert sind. Perfekt geeignet, um neugierige Gerne-Esser inklusive Veganer und Vegetarier am Tisch zu vereinen!