Ella Mills (Woodward): Deliciously Ella mit Freunden
Gesunde Rezepte zum gemeinsamen Genießen
Berlin Verlag
Preis: 22,– €
Wer ist die Autorin?
Ella Woodward, Jahrgang 1992, studierte Kunstgeschichte und wurde als Model berühmt. Mit der Umstellung ihrer Ernährung auf pflanzliche, milch- und Gluten freie Kost gelang es ihr 2012, die Nervenkrankheit POTS zu besiegen. Diese Erfahrung brachte sie zum Schreiben des Food Blogs „Deliciously Ella“, der inzwischen weltweit Millionen Leser hat. Ihr erstes Kochbuch „Deliciously Ella“ erschien 2015 und wurde in England und Deutschland ein Riesenerfolg. Ella Woodward lebt in London, wo sie Kochkurse gibt und neben ihrer Model-Tätigkeit als Ernährungsberaterin am College für Naturheilpraxis arbeitet.
Was tun Veganer, wenn sich die Schwiegermutter zum Sonntags-Lunch angesagt hat?
Da ist guter Rat teuer! Auch wenn wir diese Lady schon längst in der Gunst ihres Herzensprinzen abgehängt haben, wir wollen uns doch nicht die Blöße geben und eingestehen, der Lieferdienst geht sozusagen ein und aus bei uns zu Hause. Es muss also etwas auf den Tisch, das schnell funktioniert, gesund und vegan ist und toll schmeckt. An sich in dieser Kombination ein No-Go. Ella Mills (geborene Woodward) hat dasselbe Problem, seit jüngstem glücklich verheiratet und Darling der veganen Szene, da gilt es nicht nur die Schwiegermutter zu überzeugen, sondern auch Freunde, Familie, die Arbeitskollegen des Liebsten und eine Leserschaft, die sie entweder enthusiastisch feiert oder auf Fehltritte hofft.
Kochen und essen mit Freunden macht Spaß – oder Aye, Aye Ma’am!
Ihre Antwort fällt denkbar einfach aus, lt. Ms. Mills macht Kochen und Essen mit Freunden Spaß, das weiß sie auf dem Cover zu verkünden. OK, dann lassen sie doch mal sehen liebe Ella, was sie da in petto haben, um Veganer und Nicht-Veganer am Essentisch in kulinarischer Eintracht, möglichst mit einem Ah und Oh nach dem Essen, zu vereinen. Nicht das die Schwiegermutter, ihrem Sohnemann am Ende heimlich noch einen „Fuffi“ zusteckt, damit der arme Junge sich endlich mal wieder in seinem Lieblings-Fast-Food-Restaurant sattessen kann und nicht vom Fleisch fällt. Wenn eine Queen der Clean-Eating-Szene es anordnet, warum dann nicht mal schauen, was ihr zu Frühstück oder Brunch mit vielen Freunden; gerne auch mal leicht und schnell oder für unterwegs, aber auch zu umfangreichen Menüs für Feste und Feiern; zu Beilagen und ultimativen Party Häppchen und natürlich zu süßen Desserts mit Suchtpotential so einfällt.
Was ist drin?
Frühstücksglück oder Frühstücksfrust?
Blaubeer-Streusel-Schnitten oder Honig-Zitronen-Riegel als Snacks to grab auf dem Weg zur U-Bahn, oder einen Brunch mit Süßkartoffel -Rösti, Rosmarin-Limabohnen mit Ahornsirup und einer üppigen Portion würziger Guacamole all das ist bei Ella morgens möglich. Es gibt außerdem Müsli aus geröstetem Buchweizen und Kokosflocken oder einen saftigen MangoAnanasTeller, Kurkuma-Rührtofu mit Paprika und Thymian Champignons. Die Bandbreite reicht vom einfachen Rezept, das sich fix zubereiten lässt, bis hin zum raffinierten Brunch für ein gemütliches Wochenende mit Freunden. Wenn das so weiter geht, hat sie mich auf ihrer Seite, auch wenn ich weder zu den Anhängern der veganen noch der Clean-Eating Ernährung gehöre, ich esse einfach gerne und habe das Gefühl hier trotz freiwilliger Beschränkung auf meine Kosten zu kommen.
Schnell was Leckeres to go or not to go!
Im zweiten Kapitel sehen wir uns ein paar superleichte Rezepte an, die sich für ein schnelles Abendessen unter der Woche eignen oder einen Lunch für unterwegs. Wir lernen fruchtige Speisen wie das Mango-Champignon-Ceviche kennen, Blumenkohlreis-Sushi mit Avocado, schnelle After-Work-Menüs wie die Kartoffelküchlein mit Knoblauch-Tomatensoße und das perfekte Picknick mit geröstetem Kokosmais und einem sättigenden Quinoa-Mango-Salat mit Erdnüssen. Lovely Ella verspricht, dass alles in null Komma nichts zubereitet ist. Wie wäre mit den Lieblingsrezepten der Queen of Clean-Eating wie z. B. eine Chili-Ingwer-Pho, ein Pistazien-Aprikosen-Quinoa und Sesam-Sommerrollen mit Mandeldip, die diese ebenso gerne ihrem Mann serviert, wenn das vielbeschäftigte Paar wochentags zu Hause ist, oder wenn ein paar Freundinnen zum Essen kommen.
Familie und Freunde deftig und herzhaft bewirten, Ihr braucht keine Notration mitnehmen!
Das dritte Kapitel handelt von herzhaften Speisen für Feste und Feiern, mit denen Ms. Mills sowohl Freunde als auch Verwandte beglückt. Ella wäre nicht Ella, wenn sie auch gleich noch mal nachlegt und uns verspricht, dass diese Gerichte jeden Skeptiker davon überzeugen, dass gesundes Essen eine Offenbarung sein kann. Jetzt werde ich aber hellhörig, wie kann das denn gelingen? Ganz einfach sie bedient sich in den Länderküchen der Welt von Mexiko bis Indien und hier scheint diese Ms. Wunderbar sich so gut auszukennen, dass ihr Lieblingscurry mit Limetten- Pickle oder Spinat mit Senfsamen auch bei mir punkten können, auch wenn ich keine Veganerin bin. Und dieses Buch ist auch Gartenparty tauglich, es gibt z. B. gegrillte Blumenkohlsteaks auf einem Chili- Quinoa-Bett, Limabohnen-Hummus mit Tomaten oder einen Eintopf aus dreierlei Bohnen und Mango Salsa, wenn wir unsere Gäste im Haus bewirten wollen. Wer am Monatsende noch schnell ein paar Freunde einladen will, serviert einfach gebackenen Süßkartoffeln, die mit Kichererbsen-Chili gefüllt sind. Für jeden Geschmack und jeden Geldbeutel ist etwas dabei, auch wenn es bei dieser Art zu Kochen und zu Genießen nicht vordergründig um sehr preiswertes Essen geht.
Beilagen-Himmel – viele Optionen garantiert!
Anschließend wendet sich dieser Küchen-Derwisch den Beilagen zu. Wer darauf wartet, dass sie jetzt endlich mal schwächelt, erfährt von ihr, dass es sich um ihre Lieblings-Disziplin handelt, weil sich hier vieles an Zutaten, Aromen und Texturen kombinieren lässt, auch wenn Ella diese Rezepte am liebsten als traditionelle Beilagen auf den Tisch bringt. Ihre persönliche Favoritenliste: gebackenen Kochbananen mit Chilisoße, Kurkuma-Stampfkartoffeln mit Senf, glasierten Miso-Auberginen mit Sesam und panierte Avocado-Pommes mit einem Limetten-Cashew-Dip. Wer sich nicht vollständig nach Deliciously Ella ernähren möchte, dem rät die Autorin Standardgerichte einfach mit einer ihrer Beilagen zu kombinieren, dass ist für Fleischesser ebenfalls eine gute Möglichkeit, mehr Pflanzennahrung in den Alltag zu integrieren.
Hipster-Party hoffentlich ohne Alltagsbeschränkung?
Es gibt Häppchen, Cocktails und sogar Geburtstagskuchen! Hier werden eine große Auswahl vielversprechender Snacks serviert: von gebratenen Pimientos mit Cashew-Chipotle-Creme über gebackene Tortilla-Chips mit Auberginencreme bis zu Mini-Socca-Fladen. Das Ganze wird ergänzt durch eine Reihe von Mocktails und Cocktails, sodass die Gäste auch einen spritzigen Ananas-Cayenne-Cocktail oder eines erfrischende Wassermelone-Gurken-Drinks schlürfen können. Zum Schluss gibt es traditionell britisch einen klassischen Nachmittagstee mit Ingwer-Muffins oder Gurkensandwiches mit Zitronen und Limabohnen. Außerdem im Angebot der umtriebigen Ella: Haferkekse mit Erdnussbutter und Honig, Blaubeer-Scones mit Vanille-Kokos-Creme und sogar eine dreischichtige Geburtstagstorte. Damit ist schon mal die Voraussetzung vorhanden, dass bei Familienfeiern nicht an der einen Ecke des Tisches die Veganer und an der anderen die Nicht-Veganer hocken.
Schaue ich mir die Fotos im Buch an, sind natürlich viele gut-gelaunte junge Menschen zu sehen, aber auch die ältere Generation durfte mal mit aufs Bild, Familie Woodward scheint sich bei Familien-Zusammenkünften mit veganem Essen nicht nur arrangiert zu haben.
Ich bin dabei Mylady!
Muss man auch nicht, die Rezepte von Ella sind klasse und eigentlich noch raffinierter geworden und trotzdem leicht nach zu kochen! Ihre Phase des Experimentierens, in denen sie gerne überall und nirgends, Bindung mit Apfelmus erzeugt hat, scheint überwunden, das hat mir nicht immer so gefallen und auch Knoblauch und Zwiebeln haben Einzug in ihre Küche gehalten, den Assistenten sei Dank! Das einzige was mir partout nicht gefällt, ist Ellas Idee ein Risotto mit Kokosmilch zu binden, definitiv nicht meins, da sträuben sich bei mir die Nackenhaare! Vielleicht bin ich einfach zu alt und meine kulinarische DNA zu determiniert.
Auch Veganer sind Süßschnäbel!
Zum Abschluss schauen wir mit Ms. Healthy auf ihre unwiderstehlichen (O-Ton der Autorin) Desserts, mit denen sich eine leckere Mahlzeit abrunden lässt: Hier gibt es Nachspeisen wie Pistazien-Orangen-Trüffel, Wassermelonen-Minze-Sorbet oder Zimt-Honig-Äpfel, die eine festliche Mahlzeit abschließen, ohne schwer im Magen zu liegen, weiß die Autorin zu berichten Daneben gibt leckere Snacks wie salziges Maca-Tahin-Fudge, Orangen-Kardamom-Kekse und Ms. Mills Lieblingssnack – Quinoa-Haselnuss-Riegel mit Kakao, die sich auch für unterwegs eignen. Wer eher reichhaltigere Nachspeisen liebt, wird am Ende des Kapitels ein paar köstliche Entdeckungen machen: Erdnuss-Schoko-Pie, Orangen-Polenta-Kuchen mit Guss und sogar ein gefüllter Toffee-Mandel-Pudding.
Ellas Schlachtplan, um Gäste vegan zu becircen
Bekannte Gerichte zubereiten, demonstrieren statt predigen, Rezepte beliebig abwandeln, nicht alles auf einmal ändern, nicht zu streng sein, alles appetitlich anrichten und aus den Zutaten ein Geheimnis machen, denn sie hat die Erfahrung gemacht, dass die meisten von uns meinen, einen bestimmten Geschmack oder eine bestimmte Konsistenz nicht zu mögen, die wir in anderer Zusammensetzung jedoch gerne akzeptieren. Vor allem, wenn es eine Zutat unter vielen ist, hält sie diese lieber geheim, damit die Gäste unvoreingenommen essen können.
Fazit: No, she’s not the girl from the neighbourhood, but…..
Alles wirkt irgendwie sehr viel professioneller als bei Ellas erstem Buch, dieser verwöhnte Mittelklasse-Twentysomething verwendet nach wie vor gerne Ersatz“-Nahrungsmitteln wie Medjool-Datteln statt Zucker oder Cashew-Butter statt gewöhnlicher Butter und somit ist diese Ernährung-Form nicht preiswert, da würde ich ihr gerne widersprechen, aber das Buch präsentiert jede Menge spannende Party-Rezepte, die es einfach machen auch weniger dogmatische Zeitgenossen, die normalerweise nicht vegan essen, zu beglücken. Sie werden also nicht erleben, dass ihre nicht veganen Gäste händeringend nach einer Ausrede suchen, wenn Sie diese zum Abendessen einladen, oder mit geheimer Not-Ration vor der Tür stehen. Auch Schwiegermutter Mills wird zufrieden sein, ihr Herzbube wird nicht vom Fleisch fallen oder Care-Pakete von Mama einfordern. Die Schwiegertochter achtet im Buch penibel darauf, uns mitzuteilen, was sie alles für ihren Matthew gerne kocht und was er unheimlich liebt. Der Mann hat keine schlechte Wahl getroffen, auch wenn die Rezeptentwicklung längst von Profis übernommen worden scheint. Die junge Frau Mills ist gerade dabei, sich mit ihrem Mann ein Eat-Healthy-Imperium aufzubauen, da hat man keine Zeit am Herd zu stehen. Für mich hat die Raffinesse bei den Rezepten deutlich gewonnen, dass was Ella hier abgeliefert hat ist, alltagstauglich und köstlich, deshalb gefällt mir dieses Buch sehr gut auch als Nicht-Veganerin. Allerdings kann ich mir vorstellen, dass die Schwiegermutter manchmal von ihren enthusiastischen sprachlichen Superlativen genervt ist, wer nicht mehr der Kategorie „Hipster“ angehört, reagiert da vielleicht ein wenig empfindlich und für den ist nicht immer alles wunderbar und rosarot. Verbuchen wir das entweder als zulässige Jungendsünde oder als Marketing-Gag, das diesem Buch nicht schaden kann, das Konzept ist stimmig und die Rezepte köstlich und leicht nachzukochen, dass haben andere Autoren mit mir Ethos für mich bisher nicht erreicht. Vor solch einer Leistung ziehe ich gerne meinen Hut, denn das können ihr auch die schärfsten Kritiker nicht absprechen! Privilegien und jugendlicher Optimus haben damit überhaupt nichts zu tun, mich überzeugt das was dabei herausgekommen ist und das kann sich wirklich sehen lassen! Ob ich aber noch mal Deliciously Ella in der Schwangerschaft rezensiere, das überlege ich mir genau, denn ich gehöre definitiv nicht mehr in diese Zielgruppe!
Vielen Dank für die Übersendung eines Rezensionsexemplars.